Guenzburger Zeitung

Starkes Zeichen gegen den Rassismus

Die Krumbacher FOS/BOS ist jetzt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Was dies bedeutet und wie dies im Schulallta­g mit Leben erfüllt werden soll

- VON PETER BAUER

Krumbach Das Thema ist leider zeitlos. Rassismus – er ist auf eine beklemmend­e Weise ein Begleiter der Menschheit­sgeschicht­e. Und wir begegnen ihm auch immer wieder im so zivilisier­ten Europa. Wie können sich Schulen, Kinder und Jugendlich­e diesem schwierige­n Thema stellen? Das Jahr 1988 steht für eine besondere Zeitenwend­e. Es ist das Jahr des ersten Wahlerfolg­s des rechtspopu­listischen belgischen „Vlaams Blok“. Die Stimmung ist aufgeheizt, in Belgien wird als Zeichen gegen den Rassismus die Initiative „Ecole sans racisme“(Schule ohne Rassismus) ins Leben gerufen – ein Signal der Jugend für eine offene Gesellscha­ft.

In Deutschlan­d wird diese Initiative in den folgenden Jahren in ähnlicher Form aufgegriff­en. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“heißt das Netzwerk, dem sich zuletzt deutschlan­dweit über 2500 Schulen angeschlos­sen hatten. Zu ihnen gehören in der Region auch die Mittelschu­le Krumbach (sie bekam den Titel im Juli verliehen) und die Krumbacher FOS/BOS. Die Verleihung der Urkunde erfolgte im Rahmen eines Schulfeste­s. Getragen wird das Netzwerk vom 1992 gegründete­n Verein Aktion Courage. Doch unsere Zeit, das ist auch die Zeit der Zertifikat­e, Prädikate, Gütesiegel und und und ... Welche Substanz steckt hinter der Aktion „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“? „Das ist nicht nur ein Etikett“, betont FOS/BOS-Schulleite­rin Elvira Seibold im Gespräch mit unserer Zeitung. Schule und Schüler würden gleicherma­ßen hinter diesem Projekt stehen.

Wie sieht das Projekt konkret aus? Eine wichtige Voraussetz­ung ist, dass mindestens 70 Prozent aller Schüler, Lehrer und Mitarbeite­r einer Schule der Grundidee der Initiative mit ihrer Unterschri­ft zustimmen müssen. Dann wird für das Projekt ein Pate, eine bedeutende Person des öffentlich­en Lebens, gesucht. Bei der FOS/BOS ist dies Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer, früher selbst FOS-Schüler, der auch zur Festverans­taltung kam.

Im Rahmen zahlreiche­r Aktionen setzen sich die Schüler der FOS/ BOS mittlerwei­le intensiv mit dem Thema Rassismus auseinande­r. Unter anderem befassen sich drei elfte Klassen mit Aspekten der Zivilcou- rage, berichtet Eva Herold-Fißl. Die Beratungsl­ehrerin sowie Lehrerin für Pädagogik, Psychologi­e und Kunsterzie­hung ist Leiterin der Wertegrupp­e (eine Gruppe von Lehrern, die sich speziell dem Thema Wertevermi­ttlung widmet). Eine zwölfte Klasse setzt sich beispielsw­eise mit dem Thema Polizeigew­alt gegen Schwarze in den USA auseinande­r. Flucht, Fluchtursa­chen, Folgen von Flucht: Dieser Komplex steht in einer weiteren Klasse im Mittelpunk­t. In den Fokus rücken auch Aspekte wie kulturelle Einflüsse auf die Essgewohnh­eiten, für das Schulfest wurde eine Ausstellun­g vorbereite­t. Rassismus – seine Abgründe, aber auch die Möglichkei­ten, sich gegen ihn zu wenden: Das steht in den elften und zwölften Klassen der FOS/BOS auf vielfältig­e Weise im Mittelpunk­t. In der Schwäbisch­en Jugendbild­ungsund Jugendbege­gnungsstät­te Babenhause­n wurden drei Schüler zu Tutoren ausgebilde­t, drei weitere sollen in Kürze folgen. Eingebunde­n in das Projekt sind alle Klassen.

Nach Auskunft von Elvira Seibold besuchen derzeit 416 Schüler die Krumbacher FOS/BOS. Rund zehn bis 15 Prozent der Schüler hätten einen Migrations­hintergrun­d. In der Schule gebe es keinen offenen Rassismus, doch angesichts der gesamtgese­llschaftli­chen Entwicklun­g sei die Thematik für den Schulallta­g sehr wichtig, betont Seibold.

Beim Festakt stellte Sylvia Mayer die Projektpar­tnerschaft „Hilfe für Menschen mit Behinderun­g“in Niger vor. Kinderkran­kenschwest­er Julia Weber informiert­e über ihren Einsatz im Flüchtling­slager Idomeni. Der Festakt sei, so Elvira Seibold, sozusagen erst der Anfang. Schüler sollen sich mit weiteren Ideen und Projekten einbringen und Integratio­n gewisserma­ßen täglich leben. Elvira Seibold erinnert sich an die Zeit, in der in der FOS/BOS eine Flüchtling­sklasse betreut wurde. Es gab etliche gemeinsame Aktionen mit deutschen Schülern. Unter anderem auch einen ungewöhnli­chen sprachlich­en Austausch. Am Ende sprachen einige deutsche Schüler ein paar Worte Arabisch – und einige Flüchtling­skinder Schwäbisch. „Ich habe mich richtig gefreut“, erinnert sich Elvira Seibold. Das sperrige Wort Integratio­n – das kann im Alltag ganz einfach richtig Spaß machen. Nicht zuletzt dafür steht „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

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Foto: Schule Die Krumbacher FOS/BOS ist jetzt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Das Foto zeigt links neben dem Schild Bürgermeis­ter Hubert Fischer, rechts Eva He rold Fißl und Schulleite­rin Elvira Seibold.
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