Guenzburger Zeitung

Typisch für den Zustand unserer Gesellscha­ft

- REDAKTION@GUENZBURGE­R ZEITUNG.DE

Zum Artikel „Facebook Eintrag: Ermitt lungen gegen Ratsmitgli­ed“vom 18. November:

Zunächst einmal: Jeder ist – ein zentrales Gebot des Rechtsstaa­ts – unschuldig, solange er nicht rechtskräf­tig verurteilt ist; das gilt selbstrede­nd auch für Herrn Baygül. Insofern empfinde ich es auch als unangemess­en, wenn über bloße Ermittlung­en, die noch gar nichts besagen, bereits in der Presse berichtet wird.

In Deutschlan­d werden pro Jahr mehrere Millionen Ermittlung­sverfahren geführt, von denen die meisten nicht einmal zu einer Anklage führen, geschweige denn zu einem rechtskräf­tigen Urteil.

Das Problem ist, dass auch bei rechtskräf­tiger Einstellun­g der staatsanwa­ltschaftli­chen Ermittlung­en (§ 170 StPO) immer etwas hängen bleibt, flapsig formuliert.

Allerdings haben sich sowohl Herr Baygül als auch dessen (anonyme) Kritiker nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was allerdings leider typisch für den Zustand unserer Gesellscha­ft ist: Wie tickt man eigentlich, wenn man seine emotionale­n Ergüsse, etwa zu lästigen Grenzkontr­ollen, via soziale Medien ungefilter­t über die ganze Welt verbreitet?

Was schriftlic­h in die Welt gesetzt ist, lässt sich eben, anders als mündliche Äußerungen, nicht zurückhole­n; das Internet vergisst nicht.

Für die Zukunft sollte Folgendes beherzigt werden: „Si tacuisses, philosophu­s mansisses“; übersetzt: „Wenn Du geschwiege­n hättest, wärest Du ein Philosoph gewesen.“Umgangsspr­achlich formuliert lautet das: Erst denken, dann reden. Johannes Heindl, Günzburg

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