Zu Hause in der Neonazi WG
Das ZDF holt mit „Familie Braun“einen Fernseh-Oscar. Die Mini-Serie lief Anfang 2016 im Fernsehen und war umstritten. Denn in ihr sind die Rechtsextremisten Lachfiguren
New York Einen Jubelschrei kann sich Produzentin Beatrice Kramm dann doch nicht verkneifen. Als sie und das Team der vom ZDF produzierten Mini-Serie „Familie Braun“den International Emmy – oft auch als Fernseh-Oscar bezeichnet – entgegengenommen hatten, stand ihnen die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Mit der goldenen Trophäe holten die Macher der Serie um eine Neonazi-WG den wichtigsten internationalen Fernsehpreis nach Deutschland und setzten sich am Montagabend gegen Konkurrenz aus Kanada, Argentinien und Brasilien durch.
„Vielen Dank an die Jurys auf der ganzen Welt, dass sie für unser kleines Programm gestimmt haben“, sagte Kramm in ihrer Dankesrede. „Es ist eine Serie, die mit relativ wenig Geld ausgekommen ist“, erläuterte sie im Anschluss. Die acht für das Internet produzierten und im
ZDF ausgestrahlten Episoden sind jeweils nur rund sechs Minuten lang. „Man muss ganz schnell einsteigen, man muss schnell Orientierung schaffen und man muss auch schnell wieder fertig werden“, sagte
ZDF- Redakteurin Lucia Haslauer zur Kürze des Formats.
Weniger Glück hatte Schauspielerin Sonja Gerhardt, die für ihre Rolle in der ZDF- Serie „Ku’damm 56“als beste Darstellerin nominiert war. Die 28-Jährige unterlag der Britin Anna Friel, die in „Marcella“mitspielt. Mit „Ku’damm 56“hatte Gerhardt in diesem Jahr bereits den Deutschen Fernsehpreis als beste Schauspielerin sowie den Bayerischen Fernsehpreis gewonnen.
Mit insgesamt vier Preisen in den elf Kategorien ging Großbritannien als stärkstes Land aus der Verleihung hervor. Auch Produktionsteams aus Norwegen, Belgien, Frankreich, Kanada und der Türkei konnten Trophäen entgegennehmen. Eine Enttäuschung erlebte Brasilien, das mit neun Nominierungen in den Abend gestartet war, am Ende aber gar nicht ausgezeichnet wurde. 2016 war Deutschland fünfmal nominiert und erhielt drei International Emmys.
Das ZDF kündigte an, „Familie Braun“am Donnerstag noch einmal zu zeigen – ab 0.45 Uhr. Die Folgen sind auch in der ZDF- Mediathek abrufbar. Die Mini-Serie, die im Februar und März 2016 im ZDF ausgestrahlt wurde, dreht sich um das dunkelhäutige Mädchen Lara (Nomie Laine Tucker) und ihren Vater, den Neonazi Thomas Braun (Edin Hasanovic) sowie dessen Kumpel Kai Stahl (Vincent Krüger).
Weil Laras Mutter nach Eritrea abgeschoben wird, muss sich ihr Vater um das Kind kümmern, mit dem er nichts zu tun hatte. „Man muss gegen Neonazismus kämpfen, wie man auch immer es kann“, sagte Beatrice Kramm über die nicht unumstrittene humoristische Darstellung von Neonazis in ihrer Mini-Serie.