Guenzburger Zeitung

Her mit dem Pflaster

- Redaktion@guenzburge­r zeitung.de

OHEIKE SCHREIBER h weh, das Geschrei im Obergescho­ss ist groß. Die kleine Tochter hat sich mal wieder äußerst schwer verletzt. Sie hat sich einen so gewaltigen Kratzer an der Hand zugezogen, dass er zumindest für die Mama unsichtbar bleibt. Aber die Vierjährig­e besteht – wie immer – auf ein möglichst buntes Pflaster. Und da es an ihren klebrigen Fingerchen selten gut hält und sich meist nach zwei Sekunden ablöst, fordert sie kurze Zeit später ein neues. Der Pflasterve­rbrauch des Töchterlei­ns ist enorm. Ihren Vorsatz, nur dann Pflaster auszugeben, wenn ein Blutstropf­en zu sehen ist, hat die Mama schon längst über Bord geschmisse­n. Weil das Prozedere eigentlich stets das gleiche, mit großem Tamtam und Tränen und bei Nichterrei­chen des Ziels mit Zirkus verbunden ist, spricht die große Schwester nur noch von der „Pflaster-Lisl“.

Der ist just vor dem Schlafenge­hen ein schrecklic­hes Malheur passiert. Sie hat ein geheimnisv­olles Aua, irgendwo zwischen Backe und Mund. Erstaunlic­herweise klebt das Pflaster auch am nächsten Morgen noch mitten im Gesicht. Die Kleine verzichtet sogar auf das Frühstück, um ja nicht die Lippen bewegen zu müssen. Es soll ja nichts verrutsche­n. Eigentlich könnte die Tochter ruhig öfter an diese zentrale Stelle Pflaster kleben, am besten quer über den Mund. Dann wäre wenigstens mal kurze Zeit eine wunderbare Stille.

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