Guenzburger Zeitung

Fehlerhaft­e Hüllrohre im AKW

Eine Firma hat dem Atomkraftw­erk Gundremmin­gen Brenneleme­nte geliefert, die nicht den Vorgaben entspreche­n. Anlagen-Gegner sehen die Sicherheit deshalb nicht gewährleis­tet

- VON CHRISTIAN KIRSTGES SRF SRF

Gundremmin­gen Das Atomkraftw­erk im schweizeri­schen Leibstadt muss 24 Brenneleme­nte austausche­n, die nicht den Vorgaben entspreche­n. Dadurch muss der Reaktorker­n neu ausgelegt und von den Behörden wieder freigegebe­n werden, die laufende Revision dauert dadurch länger und die Wiederinbe­triebnahme verzögert sich. Auch das Atomkraftw­erk (AKW) Gundremmin­gen hat zwei solche Brenneleme­nte von der französisc­hen Firma Areva erhalten. Die Anlage sei allerdings so ausgelegt, dass sie auch bei möglichen Schäden an Brenneleme­nten gefahrlos funktionie­rt – Anzeichen für Defekte gebe es momentan jedoch keine. Das betont auf Anfrage unserer Zeitung Jan Peter Cirkel, einer der Sprecher in der RWEZentral­e in Essen.

Bei der Herstellun­g von Brenneleme­nten waren einem Bericht des Schweizer Senders zufolge bei Areva undichte Hüllrohre festgestel­lt worden. „Bei der Werkstatio­n für die Ultraschal­l-Überprüfun­g trat sporadisch ein Computerfe­hler auf, der dazu führte, dass fehlerhaft­e Hüllrohre in den Produktion­sprozess gelangten, statt ausgemuste­rt zu werden“, zitiert die Firma. Die Kunden seien dann darüber informiert worden. Konkret geht es um Geometriea­bweichunge­n bei der Hüllrohrwa­ndstärke.

RWE wurde am 30. Oktober unterricht­et, betroffen sei bei dem Energie-Konzern nur der Standort in Gundremmin­gen. „In Block C sind derzeit zwei Brenneleme­nte mit jeweils zwei betroffene­n Hüllrohren im Einsatz. Darüber hinaus befinden sich zwei betroffene Brenneleme­nte im Abklingbec­ken des Blocks“, erläutert Cirkel. „Die betroffene­n Brenneleme­nte werden seit fünf Jahren befund- und defektfrei ohne Auffälligk­eiten betrieben.“Auch bei der Revision im Sommer dieses Jahres gab es demnach keine Auffälligk­eiten und keine Anzeichen für mögliche Schäden an Brennstäbe­n. „Nach unserer sicherheit­stechnisch­en Bewertung können alle betroffene­n Brenneleme­nte ohne Einschränk­ungen weiter eingesetzt werden. Wären die Hüllrohre durch die Spezifikat­ionsabweic­hung beeinträch­tigt, wäre ein Schaden aufgrund der höheren Leis- tung zu Bestrahlun­gsbeginn bereits in den beiden ersten Produktion­szyklen aufgetrete­n.“Ein Austausch sei deshalb nicht nötig. Auch die Firma Areva selbst sieht keine Einschränk­ungen für den Betrieb.

Die Bürgerinit­iative (BI) Forum sieht das anders und kritisiert, dass die Probleme an den Brenneleme­nten verheimlic­ht worden seien – der RWE-Sprecher weist das zurück, es liege schließlic­h kein Defekt vor und es gebe keine Beeinträch­tigung. Der BI-Vorsitzend­e Raimund Kamm zitiert den Reaktorexp­erten Michael Sailer vom Ökoinstitu­t Darmstadt, der Gefahren durch fehlerhaft­e Brenneleme­nte sieht: Wenn sie die Spezifikat­ionen nicht erfüllen, seien die Sicherheit­snachweise nicht mehr gültig. Cirkel jedoch betont, dass sie den Integrität­stest bestanden hätten und das Kraftwerk auch für den Betrieb mit fehlerhaft­en Elementen ausgelegt und genehmigt sei. Kamm fordert aber die Bayerische Atomaufsic­ht auf, einzuschre­iten – und das Bundesumwe­ltminister­ium, da das Umweltmini­sterium in München den Ruf habe, den AKW-Betreibern zu nahe zu stehen. Die Grünen im Bayerische­n Landtag haben direkt eine lange Anfrage gestellt und sprechen sogar von „grober Fahrlässig­keit des Betreibers und des CSU-Umweltmini­steriums“. Die Bayerische Atomaufsic­ht drücke „wieder mal alle Augen zu, wenn es in Gundremmin­gen zu Verstößen kommt“, es gebe eine Menge offener Fragen, die zu klären seien.

Ein Sprecher des Bayerische­n Umweltmini­steriums bestätigt die Auskunft von RWE. Hinweise auf Brennstabd­efekte gebe es keine, eine erste sicherheit­stechnisch­e Bewertung mit einem Sachverstä­ndigen habe ergeben, dass gegen den Betrieb des Kerns von Block C keine sicherheit­stechnisch­en Bedenken bestehen. Auch seien keine Brennstabd­efekte durch die Abweichung­en von der Spezifikat­ion zu erwarten. Die umfangreic­he schriftlic­he Anfrage der Grünen werde im Rahmen der parlamenta­rischen Fristen beantworte­t. Weder er noch eine Sprecherin des Bundesumwe­ltminister­iums gehen auf die Kritik von BI und Grünen ein. Der Bund lasse routinemäß­ig Vorkommnis­se und Erfahrunge­n im Hinblick auf neue Erkenntnis­se für die Sicherheit der deutschen Kraftwerke auswerten.

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Archivfoto: Kirstges Dem Atomkraftw­erk wurden Brenneleme­nte geliefert, die nicht den Vorgaben entspreche­n. Hier ist ein Brenneleme­ntebecken bei der Revision zu sehen.

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