Im Schatten des Sportgiganten
Bereits vor dem Verkaufsstart bei Decathlon im Ulmer Blautal-Center zeichnen sich Veränderungen ab
Ulm/Neu Ulm Morgen eröffnet Decathlon seine erste Filiale in der Region. 2650 Quadratmeter Verkaufsfläche, die im Vorfeld für viel Diskussion sorgte. Ulms Baubürgermeister wertet die Ansiedlung als „durchaus kritisch“. Tim von Winning befürchtet einen ruinösen Wettbewerb, unter dem die Innenstadt leiden könnte. Um dem preisaggressiven Branchenriesen zumindest etwas zu zähmen, werden Decathlon Fesseln angelegt, die nach dem Wissen des Baubürgermeisters bisher in Deutschland einmalig sind: So muss die französische Kette das Geschäft streng aufteilen. Die zentrenrelevanten Sortimente wie Textilien und Sportgeräte auf der einen, nicht-zentrenrelevante Sortimente wie Zelte oder Camping-Zubehör, auf der anderen Seite. Die Vorgabe sei „scharf formuliert“, so von Winning. Eine Bodenmarkierung genüge nicht. Die Behörden werden die Einhaltung überprüfen, so von Winning.
Schon jetzt zeichnet sich ein Wandel des Sporthandels ab – wenngleich die Veränderungen eher indirekt im Zusammenhang mit der Neueröffnung stehen. Fakt ist: Zwei Spezialisten verabschieden sich mehr oder weniger vom Markt. So schließt in der Ulmer Wengengasse die Runners-Point-Filiale und auch das Geschäft Sportfreund in der Neuen Straße zieht sich zurück.
Runners Point ist eine Kette von Laufsport-Fachgeschäften, die zum US-Unternehmen Foot Locker gehört. Der Ulmer Franchisenehmer Oliver Mienert begründet den Schritt mit dem Auslaufen des Vertrags mit Runners Point sowie dem daran gekoppelten Mietvertrag des Shops. Zudem sei die Situation des Einzelhandels in Ulm „derzeit schwierig“.
Nicht zuletzt durch die Baustellensituation leide der gesamte Handel in der Ulmer Innenstadt seit geraumer Zeit. Dies habe seinen Entschluss unterstützt, nach 25 Jahren bei Runners Point etwas Neues zu wagen. Mienert gilt in der regionalen Laufszene als Aktivposten und Institution und wird der Branche weiter erhalten bleiben: Unter dem Dach von Sport-Sohn bastle er zusammen mit dem Geschäftsführer Christoph Holbein des Traditionsunternehmens an einem neuen Konzept. „Wir wollen seine Initiativen und Ideen beibehalten und mit ihm weiterentwickeln“, sagt Holbein. Als Organisator werkelt Mienert unermüdlich, so Holbein. Er plane Trainings-Camps, Vorträge, betreue Betriebssportgruppen, Laufvereine und ist Mitveranstalter beim Ulmer Frühlingslauf. Bis Ende des Jahres schließt zudem Sportfreund in der Neuen Straße. Zumindest in der bekannten Form. Der Geschäftsführer und erfolgreiche Triathlon-Sportler Daniel Unger will sich weitgehend aus dem Thema Einzelhandel zurückziehen und voll auf Seminare, Kurse und Beratung setzen. In kleinerem Umfang würden künftig auch Räder und Co. verkauft, doch in weit geringerem Umfang als bisher.
„Alles muss raus“steht derzeit in großen Lettern auf den Schaufenstern des ehemaligen Schauhauses Ratter. Ähnliches wird auch im Frühjahr in der Augsburger Straße in Neu-Ulm zu lesen sein: Sport Sohn wird wie berichtet seine Filiale in der Augsburger Straße in NeuUlm räumen. Das Gebäude wird kernsaniert. Ob Sport-Sohn danach wieder einzieht oder sich ganz auf den Standort Ulm konzentriert, ist offenbar noch nicht entschieden. Zumal weder Holbein noch andere Mitbewerber wissen, wie groß das Stück vom Umsatzkuchen ist, das Decathlon sich schnappen wird.
Am unmittelbarsten hat künftig Intersport-Wolf mit Decathlon zu kämpfen, denn beide buhlen im Ulmer Blautalcenter um Kunden. „Wir glauben fest an unsere Daseinsberechtigung“, sagt Inhaber Rainer Wolf. Statt „einfach nur billig“wolle er – ähnliche wie Sport Sohn – auf Beratung und Qualität setzen.
Wie in der Intersport-Filiale in Weißenhorn steht nun auch im Blautalcenter ein Laufanalyse-System der neusten Generation. Druckpunkte und Beinachsen werden hier vermessen und führen zu einem passenden Schuh, nachdem ein dreidimensionales Bild des Fußes angefertigt wurde. Durch die Konkurrenz durch das Internet muss Wolf gegen sinkende Kundenfrequenzen ankämpfen. Dies funktioniere am besten mit derartigen Service-Angeboten, die die Konkurrenz nicht habe und die es online nicht geben könne.