Guenzburger Zeitung

Schnellere Hilfe, wenn es brennt oder bebt

Brüssel will einen Notfallpla­n erarbeiten, um Mitgliedst­aaten im Fall einer Naturkatas­trophe effektiver unterstütz­en zu können. Wie Hilfstechn­ik und Rettungste­ams künftig schneller vor Ort sein sollen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Naturkatas­trophen fordern in den EU-Mitgliedst­aaten Jahr für Jahr zahlreiche Tote und verursache­n Milliarden­schäden. Oft sind die Mitgliedst­aaten allein überforder­t. Nun will die Gemeinscha­ft im Notfall effiziente­r helfen.

Die katastroph­alen Waldbrände in Portugal brachen an einem Wochenende im Juni dieses Jahres aus. Das Feuer fraß sich immer schneller durch dichte Wälder und vernichtet­e zahllose Häuser. Bald war klar, dass Lissabon allein mit der Bekämpfung überforder­t sein würde. Doch bis die Hilfe aus anderen EUStaaten eintraf, vergingen fünf Tage. „Wir müssen uns besser vorbereite­n“, erklärte Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker am gestrigen Donnerstag in Brüssel, wo eine neue Initiative zur Verbesseru­ng des Zivil- und Katastroph­enschutzes vorgestell­t wurde. „RescEU“, ein Wortspiel mit dem englischen „rescue“(retten), nennt sich das Programm, bei dem die Gemeinscha­ft den Mitgliedst­aaten erstmals mit konkreter Hilfe zur Seite steht.

Denn: „Tritt ein Notfall ein, so möchte ich, dass die Europäisch­e Union mehr tut, als nur ihr Beileid auszusprec­hen“, sagte Juncker. Bis 2020 sollen für 280 Millionen Euro Ausrüstung­sgegenstän­de wie Löschflugz­euge, Wasserpump­en und Feldlazare­tte angeschaff­t werden, die aus Gemeinscha­ftsmitteln voll finanziert und in einem NotfallPoo­l vorgehalte­n werden, um sie schnell verfügbar zu haben. Außerdem greift die EU-Verwaltung tief in vorhandene Fonds, um Defizite bei den Mitgliedst­aaten zu beseiti- gen und notwendige Anschaffun­gen mit bis zu 75 Prozent zu subvention­ieren. Das bereitgest­ellte Geld darf auch für die Reparatur, den Transport und die Betriebsko­sten der Katastroph­enausrüstu­ng genutzt werden. Bisher hatte sich die EU darauf beschränkt, mit ihrem 2001 gegründete­n Zentrum für die Koordinati­on von Notfallmaß­nahmen (ERCC) in Brüssel nationale Hilfsmaßna­hmen zu koordinier­en und gegebenenf­alls die Logistik zu bezahlen, wenn Rettungste­ams, mobile Krankenhäu­ser oder auch Löschflugz­euge verlegt werden mussten. „Die Tragödien des vergangene­n Sommers haben gezeigt, dass unser derzeit auf Freiwillig­keit beruhendes Katastroph­enbewältig­ungssystem an seine Grenzen stößt“, sagte Christos Stylianide­s, in der Kommission für humanitäre Hilfe und Krisenmana­gement zuständig.

Tatsächlic­h machen die Zahlen betroffen. Allein bei den Bränden in Portugal im Juni und September starben 65 Menschen, der entstanden­e Schaden wird auf 600 Millionen Euro geschätzt. Das sind 0,34 Prozent des Bruttonati­onaleinkom­mens des Landes, das ohnehin wirtschaft­lich zu den schwächere­n gehört. Insgesamt verloren in den europäisch­en Staaten in diesem Jahr bereits 200 Menschen durch Überflutun­gen, Waldbrände oder bei Stürmen ihr Leben.

Immens sind auch die ökonomisch­en Folgen. Die Brüsseler EUKommissi­on beziffert sie auf 360 Milliarden Euro, wenn alle Naturkatas­trophen seit 1980 zusammenge­rechnet werden. Das zuständige Zentrum zeichnete bisher 400 Naturkatas­trophen auf und leistete nach 250 Anfragen humanitäre Hilfe und Unterstütz­ung. Der „rescEU“-Schirm wird über sämtliche EU-Mitglieder aufgespann­t und außerdem können einige Nachbarlän­der auf die Notfall-Einheit zurückgrei­fen: Island, Norwegen, Serbien, Mazedonien, Montenegro und die Türkei.

In Portugal starben bei Bränden 65 Menschen

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 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Tagelang brannten im Nordwesten von Portugal die Wälder – 65 Menschen starben. Hilfe aus anderen EU Staaten kam erst nach fünf Tagen in das Katastroph­engebiet. Das soll in Zukunft anders werden.
Foto: Peter Kneffel, dpa Tagelang brannten im Nordwesten von Portugal die Wälder – 65 Menschen starben. Hilfe aus anderen EU Staaten kam erst nach fünf Tagen in das Katastroph­engebiet. Das soll in Zukunft anders werden.
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