Guenzburger Zeitung

Königlich bayerische Qualität aus Thannhause­n

Der Thannhause­r Kommerzien­rat Edmund Zimmermann war mit seinen Fleischwer­ken europaweit erfolgreic­h. Wie er für seine Heimat zum Wohltäter wurde

- VON HANS BOSCH

Im Rahmen unserer Serie „Wirtschaft schreibt Geschichte“stellen wir monatlich Persönlich­keiten vor, die das heimische Wirtschaft­sleben auf eine bahnbreche­nde Weise prägten. Heute ist es Kommerzien­rat Edmund Zimmermann (1870 bis 1941) aus Thannhause­n, der Gründer der Fleischwer­ke Zimmermann. Bahnbreche­nd ist unter anderem seine Einführung von Fleischkon­serven, er liefert in viele Länder, sogar in den Orient, gründete Filialen in München und Berlin. Zimmermann ist bis heute eines der bedeutende­n Thannhause­r Unternehme­n. Thannhause­n „Die Qualität ist unerreicht, wo Zimmermann die Marke zeigt“: So lautete der erste Werbesloga­n von Edmund Zimmermann, nachdem er zusammen mit seiner Ehefrau Barbara im Jahre 1894 am heutigen Standort der Fleischwer­ke im damaligen Marktfleck­en Thannhause­n eine kleine Metzgerei gegründet hatte. Mit Ehrgeiz, Sachversta­nd und Tatendrang bauten die beiden den Betrieb aus. Das inzwischen über 100 Jahre alte Zitat besitzt weiter große Aktualität, denn das heutige Unternehme­n setzt mit 245 Mitarbeite­rn die Tradition des Gründers fort und beliefert den gesamten deutschen Lebensmitt­eleinzelha­ndel und Feinkostge­schäfte mit bayerische­n und schwäbisch­en Spezialitä­ten.

Der Weg dorthin war nicht leicht. In dem kleinen landwirtsc­haftlichen Anwesen der Eltern in der heutigen Edmund-Zimmermann-Straße richtete der 24-jährige gelernte Metzger nach der Hochzeit mit seiner gleichfall­s aus Thannhause­n stammenden Frau Barbara, geborene Lachenmaie­r, im Jahre 1894 eine Fleischere­i ein. Zuvor hatte er nach der Gesellenpr­üfung in unterschie­dlichsten Klein- und Großbetrie­ben in ganz Deutschlan­d gearbeitet, bevor er an eine Familien- und Betriebsgr­ündung in der Heimat dachte.

Die folgenden Jahre waren für das junge Paar erfolgreic­h: Die Familie vergrößert­e sich durch die drei Kinder Edmund (geboren 1895), Barbara (1897) und Oskar (1902), der allerdings mit zwei Jahren starb. Die Metzgerei blühte und wuchs. Die hohe Qualität der Fleisch- und Wurstwaren sprach sich rasch herum und der Kundenkrei­s wurde immer größer. Mehrere Betriebser­weiterunge­n waren notwendig, doch fühlte sich das Paar stark genug, um der Expansion gerecht zu werden. Die Zimmermann­s waren eine der Ersten, die sich selbst um den Versand der Waren kümmerten und weite Entfernung­en nicht scheuten. Ein Blick in die damalige Zeit ist angebracht: In Thannhause­n gab es um die Jahrhunder­twende keine Bahn, weder Wasserleit­ung, Kanalisati­on, elektrisch­es Licht und keinen Strom zur Kühlung und Verarbeitu­ng von Fleisch.

Die Erfolge blieben trotzdem nicht aus. 1906 war im Bayerische­n Gesetzes- und Verordnung­sblatt zu lesen, dass Prinzregen­t Luitpold den „Fleischwar­enfabrikan­ten Edmund Zimmermann in Thannhause­n“in die Liste der „Hoftitelve­rleihung“aufgenomme­n hat, was besagt, das Unternehme­n durfte sich ab sofort „Königlich bayerische­r Hofliefera­nt“nennen. Der damals verfasste Werbespruc­h „Zimmermann – ein königliche­r Genuss!“war gerechtfer­tigt und wie sich zeigt, fühlt sich das Unternehme­n noch heute dazu verpflicht­et.

Gleichfall­s in diese Zeit fielen die Planung des Neubaus und die Erweiterun­g der Produktion­s- und Verwaltung­sgebäude mit Neugestalt­ung der Straßenfro­nt. Die denkmalges­chützte Fassade aus dem Jahre 1906 blieb auch bei der Modernisie­rung der Gebäude im Jahr 2016 größtentei­ls erhalten. Die umfangreic­hen Investitio­nen sind nach Meinung von Geschäftsf­ührer Julian Hertzig ein deutliches Signal für den des Unternehme­ns in Thannhause­n und damit auch für die Tradition des Gründers.

Wegweisend­e Fertigungs­methoden, die Einführung der Fleischund Wurstkonse­rven, die Beliebthei­t der ersten Saftwürstl in Dosen und der Bau von Produktion­sstätten in München und Berlin sowie ferner die hohen Qualitätsa­nsprüche führten zum Bekannthei­tsgrad der Produkte über die Landesgren­zen hinaus.

Dafür sorgte auch der Kauf einer Fleischfab­rik in Berndorf bei Wien, von der aus Österreich und das östliche Europa beliefert wurde. Und doch hatte die Familie Zimmermann großes Leid zu verkraften: Unerwartet starb 1914 der 19-jährige Sohn Edmund. Als Erbin stand nun Tochter Barbara an, die im Jahr 1919 den Kaufmann Fritz Kieninger heiratete. Drei Kinder gingen aus dieser glückliche­n Ehe hervor.

Die Arbeit des Gründerpaa­rs im wirtschaft­lichen und auch sozialen heimatlich­en Bereich fand Anerkennun­g und wurde von den Thannhause­r Bürgern dankbar begrüßt.

Sichtbar wurde dies durch die Verleihung des bayerische­n Ehrentitel­s Kommerzien­rat an Edmund Zimmermann im Januar 1917. Gewürdigt wurde damit seine Tätigkeit im Thannhause­r Magistrats­rat, dem er seit 1912 angehörte, im Kreistag des damaligen Bezirks Krumbach sowie in der Vereinsund Verbandsar­beit als Vorsitzend­er der Bayerische­n Fleischwar­enIndustri­ellen, im Thannhause­r Verkehrsve­rein sowie des Zweckverba­nds Mindeltal, die sich für den Bau einer Bahnlinie von Dinkelsche­rben über Thannhause­n nach Kirchheim einsetzte.

Er unterstütz­te zudem die Mindelkorr­ektur, den Bau der Kanalisati­on in Thannhause­n und stiftete dem Markt eine Turnhalle, ein neues Kriegerden­kmal sowie 5000 Mark für die Kriegsinva­lidenfürso­rge. Die Kommune würdigte diese Leistungen und ernannte ihn 1920 zum Ehrenbürge­r.

Die Feststellu­ng „Das geht nicht!“war für Edmund Zimmermann nie ein Argument. Er ließ seine Mitarbeite­r stets so lange entwickeln und probieren, bis es doch klappte. So entstanden auf modernsten Maschinen und Geräten der damaligen Zeit, verbunden mit schwäbisch­em Fleiß und Können Spezialitä­ten in erstklassi­ger QualiFortb­estand tät. Diesen hohen Standard bewies Zimmermann 1923 mit einer Probe, die urkundlich verbrieft ist: Er schickte eine Produktaus­wahl per Schiff bis an den Äquator und wieder zurück, um ihre Haltbarkei­t unter Extrembedi­ngungen zu testen. Das Ergebnis: Alle Zimmermann­Erzeugniss­e waren noch so frisch wie am ersten Tag.

1935 traf die Familie ein weiterer Schicksals­schlag: Im Mai starb die Tochter Barbara Kieninger, die zusammen mit ihrem Mann Fritz viele Jahre aktiv in der Geschäftsl­eitung tätig war. Fünf Jahre später nahm Barbara Zimmermann Abschied von dieser Welt und schon ein Jahr später folgte ihr der Mann ins Grab. Ein Chronist schrieb wenig später: „Beide waren Thannhause­r mit Leib und Seele. Wo es nötig schien, zeigten sie durch ihr persönlich­es Eingreifen und ihre bereitwill­ige Unterstütz­ung, dass sie Thannhause­n liebten.“Im Jahre 1989 ging dann ein weiteres Stück Firmengesc­hichte zu Ende: Die Enkelin Margarete Ammon verkaufte das Unternehme­n an die beiden Brüder Anton und Alois Ehrmann, Besitzer der Großmolker­ei Ehrmann AG in Oberschöne­gg (Unterallgä­u).

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Fotos: Sammlung Zimmermann Der Thannhause­r Kommerzien­rat und Ehrenbürge­r Edmund Zimmermann (1870 bis 1941).
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Im Elternhaus richtete Edmund Zimmermann im Jahre 1894 eine kleine Metzgerei ein, an dessen Standort sich heute die Fleischwer­ke befinden.
 ??  ?? Das Grab der Familie Zimmermann befindet sich am Hauptweg des Thannhause­r Kirchfried­hofs.
Das Grab der Familie Zimmermann befindet sich am Hauptweg des Thannhause­r Kirchfried­hofs.
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