Guenzburger Zeitung

„Ich würde mit Ziemetshau­sen auch in die Kreisliga gehen“

Rainer Amann hat den TSV Ziemetshau­sen in der Bezirkslig­a etabliert. Jetzt droht dennoch der Abstieg. Wie es dazu kam und warum dem Trainer trotzdem nicht bange ist

- Interview: Alexander Sing

Herr Amann, der TSV Ziemetshau­sen spielt seit 2013 in der Bezirkslig­a. Wird das in der kommenden Saison auch noch so sein?

Rainer Amann: Wir haben den Glauben daran nicht aufgegeben. Wir wollen jetzt in der Winterpaus­e die Kräfte sammeln, um dann vielleicht mit einem guten Start den Anschluss zu schaffen.

Die Statistik macht wenig Hoffnung. Der TSV hat jetzt schon so viele Niederlage­n wie in der gesamten Vorsaison einstecken müssen, nämlich zwölf. Außerdem sind es jetzt bereits 38 Gegentore, 2016/17 waren es insgesamt 48. Woran hakt es?

Amann: Letztes Jahr sind wir sehr gut in die Saison gestartet und dann hast du natürlich das entspreche­nde Selbstvert­rauen. Viele Abläufe funktionie­ren dann. Die letzten Wochen war es aber so: Wenn du in Rückstand gerätst und punkten musst, dann willst du nicht nur den Ausgleich schaffen. In unserer Lage hilft ein Punkt nicht. Wir gehen dann ein größeres Risiko ein und kalkuliere­n damit, dass wir das eine oder andere Gegentor mehr bekommen, als wir normalerwe­ise bekommen würden.

Am schlechten Saisonstar­t trägt ja auch großes Verletzung­spech eine Mitschuld.

Amann: Wir haben eine ganz tolle Vorbereitu­ng gespielt, die hat sicher den einen oder anderen auch geblendet hat. Und nach den ersten Punktspiel­en hatten wir dann viele Ausfälle, die wir nicht so kompensier­en konnten. Nicht wegen der Qualität. Der Konkurrenz­kampf war durch die Ausfälle einfach nicht da und dann hat vielleicht nicht jeder immer den letzten Meter gemacht.

Wie ist die Personalla­ge mittlerwei­le? Amann: Wir sind die ganze bisherige Saison nie unter eine Zahl von vier Ausfällen gekommen. Der eine oder andere wird aber nach der Winterpaus­e zurück sein.

Dabei macht ja die zweite Mannschaft gerade in der Kreisklass­e West 1 auf sich aufmerksam. Das Team ist an den Aufstiegsr­ängen dran. Sind da auch Hoffnungst­räger für das Bezirkslig­aTeam dabei?

Amann: Wir haben jetzt schon sehr viele junge Spieler in der ersten Mannschaft. Wichtig ist uns aber, dass sie permanent Spielpraxi­s bekommen. Das heißt, wenn einer in der Bezirkslig­a 90 Minuten auf der

saß, soll er am nächsten Spieltag eher wieder in der zweiten Mannschaft auflaufen, auch wenn wir ihn in der ersten Mannschaft vielleicht bräuchten. Aber die müssen einfach gefördert werden, die müssen spielen. Das ist unsere Philosophi­e. Ich mache auch fast jede Abstimmung gemeinsam mit Sebastian Lieb, dem Trainer der zweiten Mannschaft.

Gerade junge Spieler müssen aber auch erst einmal lernen, mit dem Druck des Abstiegska­mpfes umzugehen. Der letzte Sieg ist zwei Monate her, ein 1:0 gegen die DJK Memmingen-Ost. Wie kann man das Team da noch motivieren?

Amann: Zunächst muss ich sagen, dass die Rückendeck­ung im Verein riesengroß ist. Und die Mannschaft hat wahnsinnig viel Charakter. Da wird nicht aneinander rumkritisi­ert, viele gehen da mit sich selbst sehr hart ins Gericht. Im Training ist immer noch Feuer drin, jeder hängt sich rein. Uns fehlt einfach das Quäntchen Glück. Wir müssen momentan so viel Aufwand betreiben, um überhaupt zu treffen. Wir laufen drei Mal alleine auf den Torwart zu und machen kein Tor. Und auf der anderen Seite kriegen wir Tore wie in Kempten, wo der Spieler den Ball gar nicht richtig trifft.

Wäre es dann keine Überlegung, noch jemanden für den Angriff zu holen? Amann: Wir sind nicht dafür bekannt, groß zu investiere­n. Und wir sind davon überzeugt, dass unsere Jungs gut sind. Wir brauchen einfach die Leichtigke­it und ein Erfolgserl­ebnis, dann könnte es reichen.

Wie sieht der Plan für die Restsaison nach der Winterpaus­e aus?

Amann: Wir werden eine intensive Vorbereitu­ng haben, um dann auch 90 Minuten den Gegner bearbeiten und niederkämp­fen zu können. Das ist läuferisch sehr fordernd, aber anBank

ders wird es nicht gehen. Es sind noch 36 Punkte zu vergeben, zwei Drittel müssen wir einfach holen, um noch eine Chance zu haben. Das wird schwer genug, die Bezirkslig­a Süd ist einfach gut. Die hat richtig Qualität und ist sehr ausgeglich­en.

Sie sind auch beruflich sehr eingespann­t. Wird der Trainerjob in der jetzigen Situation auch mal zur Belastung?

Amann: Wir sind alle Menschen. Erfolgserl­ebnisse tun natürlich eher gut, also negative. Aber wir arbeiten als Mannschaft und Verein sehr gut miteinande­r. Fußball ist für mich ein wunderbare­r Ausgleich. Ich freue mich jede Woche, ins Training gehen zu dürfen und mit jungen Leuten zu arbeiten.

Und sollte das einmal nicht mehr so sein?

Amann: Wenn ich das Gefühl habe, nicht mehr gewollt zu werden, oder nicht mehr anzukommen, dann höre ich auf. Ich habe schon einmal einen Bezirkslig­isten (TSV Burgau, Anm.

d. Red.) verlassen, weil ich das Gefühl hatte, nicht mehr am richtigen Ort zu sein. Und das Gefühl habe ich in Ziemetshau­sen nicht. Der Verein hat sich erst letzte Woche nochmals zu 100 Prozent zu mir bekannt.

Selbst wenn es in die Kreisliga geht? Amann: Das haben wir natürlich einkalkuli­ert. Aber mein Anspruch ist jetzt, dass ich mit den Leuten, die mir das Vertrauen geben, alles versuche, um die Sache noch umzubiegen. Hinschmeiß­en werde ich nicht, der sportliche Ehrgeiz ist für mich viel zu groß. Und wenn der Verein das möchte, würde ich auch die sportliche Herausford­erung Kreisliga annehmen.

 ?? Foto: Ernst Mayer ?? Seit mehr als vier Jahren ist Rainer Amann schon Trainer des TSV Ziemetshau­sen. Er will sich mit dem Team der Krise stellen.
Foto: Ernst Mayer Seit mehr als vier Jahren ist Rainer Amann schon Trainer des TSV Ziemetshau­sen. Er will sich mit dem Team der Krise stellen.

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