Jettingen will nicht an der Steuerschraube drehen
Angesichts der Rekordeinnahmen in 2017 soll sich an den Steuerhebesätzen nichts ändern. Nur wenige Räte erheben Kritik
Jettingen Scheppach Schon im vergangenen Jahr hatte sich die Gemeinde Jettingen-Scheppach bei der Gewerbesteuer auf einem Höchststand gewähnt. Jetzt zeigt sich, dass jeder Rekord noch steigerbar ist. 6,7 Millionen Euro hat die Kommune in 2017 an Gewerbesteuern eingefahren, über eine Million mehr als im Jahr zuvor. Diese Zahl präsentierte Bürgermeister Hans Reichhart nahezu druckfrisch im Rat. „Das ist ein Ergebnis, wie es noch nie da gewesen ist.“Was die Gemeinde auch dazu verleitet, die Steuerhebesätze künftig nicht anzuheben.
Im Haushaltsansatz für 2017 hatte die Gemeinde vorsichtig kalkuliert und war von 3,8 Millionen Euro Gewerbesteuer ausgegangen. Dass das Endergebnis fast exakt drei Millionen darüber liegt, davon hatte wohl keiner zu träumen gewagt. „Wir hatten noch nie, wirklich noch nie so eine erfreulich Haushaltssituation“, geriet Bürgermeister Reichhart ins Schwärmen. Auch für 2018 sehen seiner Ansicht nach die Prognosen gut aus, ein ähnlich hohes Ergebnis zu erreichen. Nach „verdammt harten Jahren“könne die Gemeinde endlich die Früchte ernten. Reichhart ist sich jedoch sicher, dass die Rekordsumme unter anderem deshalb zustande kam, da die Kommune sehr faire und unternehmerfreundliche Steuerhebesätze habe. Bei den Hebesätzen für Gewerbesteuer (310 Prozent), Grundsteuer A und B (je 330 Prozent) liege man deutlich unter dem Kreis- und Landesdurchschnitt. Reichhart plädierte dafür, sämtliche Hebesätze beizubehalten wie bisher. Auch in schwierigen Jahren habe die Gemeinde auf Steuererhöhungen verzichtet. „Es macht sich auf Dauer bezahlt“, ist sich Reichhart sicher. „Das wird in der Bürgerschaft anerkannt.“
Ähnlich sah es auch CSU-Kollege Josef Seibold. In seinen Augen muss in erster Linie eine vernünftige Steuerpolitik betrieben werden, die der Gemeinde sei korrekt und solide. Mit gleichbleibenden Hebesätzen zeige die Kommune, dass sie ein verlässlicher Partner für die Unternehmen sei. Christoph Böhm (Freie Wähler) stellte dennoch „nur so als Gedanken“in den Raum, wie es wäre, die Gewerbesteuer zu erhöhen. Das Investitionsprogramm für 2018, das den Fraktionen in der vergangenen Woche vorgestellt worden war, sieht Böhm zufolge 6,1 Millionen Ausgaben vor. Ein Betrag, den die Gemeinde fast nicht stemmen könne. „Wir müssen schauen, dass wir trotz guter Einnahmen unsere Ressourcen optimieren“, so Böhm.
Ein Gedankenspiel, das Reichhart keinesfalls mitspielen will. Natürlich sei es das Einfachste, mehr Steuern zu erheben. „Das mache ich nicht mit, die Bürger sollen nicht bestraft werden.“Reichharts Einwand, dass es in dieser Sitzung nicht um Investitionen, sondern um Steuern gehe, ließ Markus Kraus (Freie Wähler) nicht so einfach gelten. Die Gemeinde habe heuer nur deshalb keine Schulden gemacht, da sich einige Projekte verschoben hätten. Sollten jedoch 2018 alle Vorhaben umgesetzt und zusätzlich der Traum von einer neuen Turnhalle vorangetrieben werden, „können wir uns das definitiv nicht leisten“, sagte Kraus und warnte: „Wir dürfen uns da nicht in die Tasche lügen.“
Zweiter Bürgermeister Hermann Högel hielt trotzdem nichts von einer Steuererhöhung. Sie sei kontraproduktiv, man schaue nur auf die Stadt Günzburg. Dort seien die Steuern erhöht worden, in der Hoffnung, mehr Gelder zu generieren, das Gegenteil sei der Fall gewesen. Högel: „Und die Gemeinden, die nicht erhöht haben, schwimmen im Geld.“Was Bürgermeister Reichhart sofort zurückwies: „Wir schwimmen nicht im Geld.“Trotzdem sehe er keinen Zwang, an der Steuerschraube zu drehen, nicht jetzt und auch nicht in den kommenden Jahren. „Aber man sollte niemals nie sagen“, fügte er hinzu.
Am Ende stimmten alle Räte bis auf Markus Kraus dafür, die Steuerhebesätze beizubehalten.