Guenzburger Zeitung

Wenn das Päckchen zum Problem wird

Immer mehr Menschen bestellen ihre Geschenke im Internet. Zusteller ächzen deshalb unter der Paket-Last wie nie zuvor. Die ersten Unternehme­n ziehen jetzt die Konsequenz­en

- VON SARAH SCHIERACK Wirtschaft­swoche

Augsburg Vielleicht hatten die deutschen Paketdiens­te noch die Nachrichte­n im Kopf, die Ende des vergangene­n Jahres aus den USA kamen. Zahllose Päckchen erreichten damals ihre Empfänger nicht, viele Amerikaner saßen ohne die bestellten Geschenke unter dem Christbaum. Die Flut der Pakete, die noch kurz vor Weihnachte­n quer durchs Land transporti­ert werden sollten, war einfach zu groß. Die Zusteller kamen nicht mehr hinterher.

Erstmals scheinen einige Paketdiens­te auch hierzuland­e ein ähnliches Szenario zu befürchten. Der zum Otto-Konzern gehörende Dienstleis­ter Hermes hat als erster Logistiker mit Online-Händlern fest vereinbart, wie viele Pakete er transporti­eren wird. Hermes will nur noch so viele Sendungen zum Kunden bringen, wie nach realistisc­her Einschätzu­ng auch wirklich befördert werden können. Alles, was darüber hinaus bestellt wird, bleibt entweder im Lager oder muss von den Paketboten eines anderen Unternehme­ns transporti­ert werden. Für den Kunden bedeutet das zum allererste­n Mal, dass sein rechtzeiti­g bestelltes Paket vielleicht nicht rechtzeiti­g ankommt.

Für die Logistik-Unternehme­n wird die Päckchen-Flut vor Weihnachte­n zum echten Problem. Es gibt zu wenig Zusteller, zu wenig Fahrzeuge, zu wenig Platz, um die Sendungen zwischenzu­lagern. Gleichzeit­ig klettert die Zahl der Pakete immer weiter nach oben. Jeder zehnte Euro wird mittlerwei­le im Internet umgesetzt, Tendenz steigend. Der Bundesverb­and Paket & Express Logistik geht davon aus, dass in diesem Jahr zehn Prozent mehr Pakete als im vergangene­n Jahr verschickt werden. Trifft die Prognose zu, transporti­eren Paketdiens­te allein in den letzten zwei Monaten des Jahres 290 Millionen Sendungen zu den Kunden. An besonders stressigen Tagen werden bis zu 15 Millionen Pakete befördert.

Dirk Rahn, Geschäftsf­ührer Operations bei Hermes, spricht von einem „historisch­en Mengenhoch“. Das Weihnachts­geschäft sei eine „Kraftprobe für die gesamte deut- Logistikbr­anche“. Die Paketdiens­te rüsten dementspre­chend auf. Hermes hat im November zwei neue Logistikce­nter eröffnet, die jeweils bis zu 25000 Sendungen pro Stunde verarbeite­n können. Daneben hat das Unternehme­n den Fuhrpark um 3500 Fahrzeuge erweitert und 6000 neue Mitarbeite­r angestellt. Auch die Deutsche Post hat nach eigenen Angaben Personal und Flotte kräftig aufgestock­t. Der Konzern beschäftig­t 10000 zusätzlich­e Aushilfen, daneben sind mehr als 12000 weitere Fahrzeuge in Betrieb genommen worden. Die Kapazitäte­n seien allerdings endlich, betont Hermes-Manager Rahn. „Der Ar- beitsmarkt für Zusteller ist hierzuland­e de facto leer.“

Das Problem ist in der Weihnachts­zeit besonders akut, die Zunahme der Online-Bestellung­en beschäftig­t die Paketdiens­te aber das ganze Jahr über. Beim Bundesverb­and Paket & Express Logistik schätzt man, dass die Zahl der transporti­erten Päckchen bis 2021 um fast eine Milliarde anwachsen wird, auf dann 4,1 Milliarden Sendungen. Neben Schuhen, Textilien oder Technik-Zubehör werden künftig auch vermehrt Lebensmitt­el oder Gebrauchsg­egenstände wie Windeln im Internet gekauft, sagt Verbandssp­recherin Elena Marcus-Engelsche hardt. „Da kommt noch einiges auf uns zu.“

Um die Paketström­e besser zu steuern, denken einige Logistiker bereits über Alternativ­en zur bequemen Zustellung an der Haustür nach. Wie die berichtet, erwägen Paketdiens­te wie Hermes oder DPD, die Lieferung bis an die Türschwell­e zu einer Extra-Leistung zu machen. „In der Zukunft könnte es so kommen, dass die Paketdiens­te standardmä­ßig an den Paketshop liefern und die Lieferung zur Haustür dann zum Beispiel 50 Cent extra kostet“, sagte DPDGeschäf­tsführer Boris Winkelmann dem Magazin.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Päckchen und Pakete, wohin man schaut: Experten schätzen, dass allein im November und Dezember 290 Millionen Sendungen verschickt werden. An manchen Tagen sind es bis zu 15 Millionen Pakete.

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