Guenzburger Zeitung

Was hinter dem Bitcoin Rausch steckt

Eine digitale Währung verzeichne­t einen Rekord nach dem nächsten. Eignet sie sich auch als Geldanlage?

- VON MICHAEL KERLER Handelsbla­tt Handelsbla­tt

Augsburg Die Rechnung, die das

diese Woche aufmachte, zeugt von einem Rausch. Wer vor sieben Jahren hundert Euro in Bitcoins investiert hat, wäre heute Millionär. Er bekäme dafür 16 Millionen Dollar. Inzwischen könnten es noch mehr sein, da der Bitcoin täglich neue Rekorde knackt. Was steckt hinter der Währung? Ist sie mehr als ein interessan­tes Phänomen? Wer Geld investiert, sollte sich jedenfalls über die Gefahren im Klaren sein. Denn im schlimmste­n Fall ist (fast) alles weg.

Was ist ein Bitcoin?

Der Bitcoin ist eine digitale Währung. Es gibt sie bereits seit dem Jahr 2009. Die Währung ist aber nicht darauf ausgelegt, dass Scheine gedruckt und Münzen geprägt werden. „Der Bitcoin ist keine physische Währung“, erklärt Sascha Straub, Fachmann für Finanzdien­stleistung­en der Verbrauche­rzentrale Bayern. Die Währung wird auf Computern durch Rechenproz­esse generiert und kommt ohne Banken aus. Das ist es auch, was vielen Teilnehmer­n gefällt: „Es ist ein interessan­ter Ansatz, eine virtuelle Währung zu schaffen, auf die kein Staat und keine Notenbank einen Einfluss hat“, meint Lothar Behrens, Chef der Augsburger Aktienbank.

Wer erfand den Bitcoin?

Das ist mysteriös. Als Erfinder wird immer der Name Satoshi Nakamoto genannt. Er hat das System 2008 beschriebe­n, 2009 wurden die ersten Bitcoins berechnet. Doch der Name ist wohl ein Pseudonym. Vergangene­s Jahr behauptete der australisc­he Unternehme­r Craig Steven Wright, Bitcoin gegründet zu haben. Wer oder welche Gruppe sich aber wirklich dahinter verbirgt, ist bis heute umstritten. Der „Legendenst­atus“des Erfinders trägt sicher einen Teil zur Bitcoin-Faszinatio­n bei. Wo bezahlt man heute mit Bitcoins? Mit Bitcoins lassen sich tatsächlic­h Waren und Dienstleis­tungen kaufen. In Deutschlan­d akzeptiere­n Bitcoins aber erst wenige Geschäfte. Wo, das erkennt man am orangenen Bitcoin-Symbol. Häufig sind es kleine Händler oder Restaurant­s. Ein Beispiel: das Restaurant „Wilde 13“in Augsburg-Oberhausen. In den USA könne man schon häufiger mit Bitcoins zahlen, berichtet Straub. Beliebt sei der Bitcoin auch im zwielichti­gen Darknet, da er Anonymität gewährleis­te. Anderersei­ts gilt der Bitcoin auch als seriös: In Japan sei er neben dem Yen als offizielle­s Zahlungsmi­ttel anerkannt, sagt Aktienbank-Chef Behrens.

Wie kann man Bitcoins erwerben? Die Abwicklung ist nicht ganz einfach, gilt aber auch nicht als Hexenwerk. Üblich ist es, Bitcoins über Online-Marktplätz­e oder Börsen zu kaufen. Beispiele sind die deutsche Plattform „bitcoin.de“oder „Kraken“aus San Francisco. Um Bitcoins aufzubewah­ren, legen sich die Nutzer eine digitale Geldbörse zu. Diese kann man beispielsw­eise auf dem Rechner oder Smartphone platzieren.

Wie sicher ist die Währung?

Die Währung gilt als recht sicher. Das garantiert eine komplexe Verschlüss­elung, sagt Finanzexpe­rte Straub. Bei jeder Zahlung werde durch Rechenoper­ationen überprüft, ob das, was an Transaktio­nen stattfinde­t, auch stimmt. Damit kann nur der Eigentümer eines Bitcoins diesen ausgeben. Und das auch nur einmal. Im System werden dabei alle je getätigten Transaktio­nen abgespeich­ert. Diese „Blockchain“-Technologi­e benötige viel Rechnerlei­stung, sagt Straub. Sie wird deshalb dezentral in einem weltweiten Netzwerk von vielen Teilnehmer­n bewältigt. Nachteil der ganzen Rechnerei: Sie frisst Unmengen an Strom.

Weshalb verzeichne­t die Währung einen Rekord nach dem anderen? Wissen muss man dabei, dass die Zahl aller Bitcoins auf maximal 21 Millionen beschränkt ist. Laut

gibt es bereits über 16 Millionen, der Rest wird noch durch Rechenoper­ationen erzeugt. „Immer, wenn eine starke Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft, steigt der Preis“, sagt Aktienbank-Chef Behrens. Derzeit erlebe man eine „Preisexplo­sion“. Seit Jahresbegi­nn hat der Bitcoin rund 900 Prozent an Wert gewonnen.

Hält die Entwicklun­g an?

Das bezweifeln Fachleute. Die Preisentwi­cklung deutet darauf hin, dass die Leute den Bitcoin als Spekulatio­nsobjekt sehen, sagt Verbrauche­rschützer Straub. „Die Leute spekuliere­n darauf, dass der Bitcoin weiter im Wert steigt. Das funktionie­rt im Moment, es kann aber auch sein, dass er abstürzt.“Die Finanzaufs­icht Bafin warnt schon, dass Anlegern im Zweifelsfa­ll ein Totalverlu­st droht. Aktienbank­Chef Behrens weist darauf hin, dass der Kurs massiv schwankt – täglich um bis zu zehn Prozent. Er hält den Vergleich mit der niederländ­ischen Tulpenmani­e im 17. Jahrhunder­t für gerechtfer­tigt.

Was passierte im Tulpenraus­ch des 17. Jahrhunder­ts?

Die Liebe des Bürgertums in den Niederland­en zu Tulpen führte damals zu solchen Preissteig­erungen, dass ein Run auf die Zwiebeln einsetzte. Ihr Wert explodiert­e. Im Februar 1637 brach er dann schlagarti­g ein. Der Fall gilt in Lehrbücher­n als Beispiel für Spekulatio­nsblasen.

Lohnt sich der Bitcoin als Geldanlage?

Fachleute raten davon klar ab: „Der Kauf erinnert an eine Wette“, sagt Aktienbank-Chef Behrens. Eine Wette könne manchmal aufgehen, schließlic­h spielen die Menschen auch Lotto. Man kann aber auch sehr viel Geld verlieren. „Ganz sicher sind Bitcoins kein Instrument für die Altersvors­orge“, betont Behrens. Ähnlich sieht es Verbrauche­rschützer Straub: Wer Bitcoins erwerben will, solle das nur mit Geld tun, „auf das er zu 100 Prozent verzichten kann“, sagt er. „Bitcoins sind kein Geldanlage­thema, sondern eine Spekulatio­n.“

Wird der Bitcoin Bestand haben? Der Bitcoin ist derzeit nur die bekanntest­e von vielen verschiede­nen Kryptowähr­ungen, sagt Straub. Der Fachmann geht davon aus, dass digitale Währungen als Zahlungssy­stem künftig eine Rolle spielen werden. „Man weiß nur nicht, welche am Ende übrig bleiben“, sagt er. Alle derzeit bekannten Digitalwäh­rungen werden es nicht sein.

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Der Bitcoin Wertzuwach­s war zuletzt gigantisch. Die Risiken sind es wohl auch.
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