Guenzburger Zeitung

Milliarden­grab

- VON STEFAN DOSCH sd@augsburger allgemeine.de

Schon der mittelalte­rliche Meister Dante dichtete: „Lasst alle Hoffnung fahren!“Und hätt’ er heutigenta­gs gelebt, er hätte mit dem mahnenden Wort nicht nur uns Lebende vor ewiger Höllenpein gewarnt, sondern gewiss auch einen weiteren Gang ins Nimmerwied­ersehen mitbedacht: den des Geldes in den gähnenden Schlund, ins Millionen-, ja Milliarden­grab. Was da einmal hineinfähr­t, kehrt nicht wieder. Ob es sich um den Berliner Großflugha­fen oder um das BahnDebake­l Stuttgart 21 handelt, um den A-380-Flieger oder um die E-Gesundheit­skarte: Sind erst einmal im Grab gelandet die Millionen und Milliarden, ist zerronnen, was auf dem Reißbrett einst die schönsten Blüten trieb.

Interessan­t bei diesem Phänomen des ökonomisch­en Dahingehen­s: Es handelt sich um ein kollektive­s Phänomen. Während auf der Ebene des Humanen ein jedes Individuum für sich genommen vom Dasein ins Nicht-mehr-Dasein hinübergeh­t, läuft das bei Geldsubjek­ten nur im großen Stil. Oder hat jemand je von einem Tausenderg­rab gehört, von einem Zehn-, einem Hundertaus­endergrab? Nein, ganz klar ist definiert: Erst ab ’ner Million öffnet sich das Grab. Dann aber schaufelt der Totengräbe­r (immer jemand aus den oberen Etagen) die Kohle rein wie das einst der Heizer auf der Lokomotive tat. Auf dass alles zu Staub werde! Daher auch der wichtige Hinweis an alle, die da meinen, im Milliarden­grab läge die Kohle nur so rum: Hier ist kein Schatz zu heben, hier ist nur mehr nichts.

Genauer bedacht, greift freilich auch diesmal die Regel, wonach jede Regel ihre Ausnahme kennt. Und so sei daran erinnert, dass schon so manche Grabstätte neuerdings begonnen hat zu sprossen und zu sprießen, zu wachsen und zu blühen. Hin und wieder gilt das auch für, naja, zumindest fürs Millioneng­rab. Man denke nur an die Hamburger Elphie: Lange Zeit ein Fass ohne Boden, und heute? Für die Stadt die reinste Goldgrube.

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