Guenzburger Zeitung

Das Geschäft mit den Genen

Wer bin ich? Und wer passt zu mir? Immer mehr Menschen suchen Antworten in ihrer DNA

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Welcher Partner passt zu mir? Welche Ernährung ist gut für mich? Immer mehr Menschen suchen die Antwort auf diese Fragen in ihren eigenen Genen. Kommerziel­le DNA-Analysen liegen in den USA schon lange im Trend. Und auch in Deutschlan­d boomt der Markt.

Der Ablauf der meisten Gentests für zu Hause ist dabei recht simpel: Der Kunde bestellt sich online ein sogenannte­s Test-Kit – meist ein Paket mit Wattestäbc­hen. Anschließe­nd schickt er seine Speichelpr­obe ins Labor und erhält per Post die Analyse seiner DNA – verbunden mit der Empfehlung zur passenden Sportart oder dem persönlich­en Vitamin-C-Bedarf.

Oft haben Unternehme­n, die derartige Tests in Deutschlan­d anbieten, ihren Sitz im benachbart­en Ausland – vorzugswei­se in der Schweiz oder in Österreich. Weder Marktforsc­her noch das für Gentechnik zuständige Robert-KochInstit­ut wissen so genau, wie viele Tests hierzuland­e verkauft werden. Fragt man die Anbieter selbst, berichten diese aber von einer deutlich steigenden Nachfrage.

„Wir haben sehr viele deutsche Kunden, rund 30 Prozent sind aus Deutschlan­d“, sagt etwa Joëlle Apter, deren Schweizer Firma Gentests für die Partnersuc­he anbietet. „Basierend auf dem genetische­n Profil des Kunden bestimmt die GenePartne­r-Formel die genetische Kompatibil­ität zweier Personen“, so verspricht es das Unternehme­n auf seiner Internetse­ite. „Hohe genetische Kompatibil­ität bedeutet eine größere Wahrschein­lichkeit, eine andauernde und erfolgreic­he Partnersch­aft zu bilden.“Knapp 250 US-Dollar verlangt die Firma pro Analyse. Im Jahr 2016 habe sich die Zahl der Tests verdoppelt.

Die Firma Bioxtic aus Berlin hingegen bietet Tests zu den Themen Sport und Ernährung an. Die Analysen enthalten etwa Vorschläge für die perfekte Sportart – passend zur DNA. Als eher kleiner Anbieter verkauft das Unternehme­n nach eigenen Angaben monatlich rund 20 bis 50 solcher Tests. Deutschlan­d sei aber ein Markt mit viel Potenzial, teilt die Firma mit. Durchgefüh­rt würden die Analysen aber nicht in Deutschlan­d, sondern in zwei Labors in Osteuropa.

Experten sehen die kommerziel­len Genanalyse­n skeptisch: „Der Rat, sich gesund zu ernähren, Sport zu treiben und auf das Rauchen zu verzichten, ist immer gut. Dazu braucht es keinen genetische­n Test“, meint Professor Bernhard Horsthemke vom Institut für Humangenet­ik der Uniklinik Essen. „Viele Tests sind unseriös und helfen nicht weiter.“

Neben Lifestyle-Tests zu Fitness und Ernährung sind hierzuland­e auch viele medizinisc­he Gen-Analysen erhältlich. So bietet etwa die Firma Progenom auch krankheits­relevante Analysen an – beispielsw­eise zu Risiken für Brustkrebs, Osteoporos­e oder Morbus Crohn. Alle Tests seien aber grundsätzl­ich nicht online erhältlich, sondern nur über Vertriebsp­artner – stets verbunden mit einer persönlich­en Beratung durch Fachperson­al.

Firmenchef Wilhelm Schöfbänke­r spricht für den Markt in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz generell von einer „stark steigenden Tendenz“.

In Deutschlan­d unterliege­n Ernährungs- und Fitnesstes­ts keiner strengen Kontrolle. Lediglich für DNA-Untersuchu­ngen zu medizinisc­hen Zwecken gilt ein Arztvorbeh­alt. Das bedeutet, dass diese Tests nur von Ärzten durchgefüh­rt werden dürfen. Ernährungs-Analysen oder Ähnliches fallen laut Gesundheit­sministeri­um nicht unter diese Regelung.

Dennoch warnen Ärzte generell davor, DNA-Tests ohne fachliche Begleitung durchzufüh­ren. „Das Risiko besteht darin, dass die Testergebn­isse nicht im Rahmen einer genetische­n Beratung erläutert werden“, warnt Professor Horsthemke. „Die Ergebnisse können Besorgniss­e auslösen, wo sie nicht begründet sind. Oder den Probanden in falscher Sicherheit wiegen. Beides ist schlecht.“

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