Er berechnete die Welt
Johann Heinrich Lambert musste mit zwölf Jahren die Schule verlassen, um seinem Vater in dessen Schneider-Werkstatt zu helfen. Universitäten sah er erst von innen, als diese ihn mit wissenschaftlichen Ehren überhäuften. Da hatte Lambert als Autodidakt die Welt bereits auf vielfache Weise neu berechnet.
Als sich der gebürtige Elsässer, zeitweilige Augsburger und spätere Berliner im Jahr 1772 an die Kartografie begab, revolutionierte er diese Kunst sogleich mit einer neuen Projektion. Die sogenannte winkeltreue Kegelprojektion wird heute noch benutzt, auch wenn sich die seines Kollegen Mercator durchgesetzt hat.
Eine Lithografie zeigt den Wissenschaftler mit hoher Stirn, süffisantem Lächeln und prächtig gelockter Zopf-Perücke. Dass dies das Porträt eines Exzentrikers war, bekam Preußens König Friedrich II. zu spüren, als er Lambert fragte, von welchen Wissenschaften er denn besonders viel verstehe. Die Antwort: „Von allen.“Wer ihm denn so viel beigebracht habe, fragte der König. „Ich selbst“, antwortete Lambert. Es wurde eine kurze Audienz.
Trotz der nicht glatt verlaufenen Begegnung mit dem König wurde Lambert Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Bereits in Augsburg, wo er bedeutende Werke über die Intensität des Lichts und zur Sternkunde drucken ließ, war er Gründungsmitglied der „Churfürstlichen Akademie der Wissenschaften“geworden, die heute als Bayerische Akademie der Wissenschaften firmiert.
Dem preußischen König hatte er zwar unbescheiden, aber korrekt geantwortet. Johann Heinrich Lambert hat sich auf fast allen Gebieten der Wissenschaft hervorragend eingerichtet. Er war ein Pionier der streng rationalen Weltbetrachtung. Die Mathematik und ihre Logik waren seine wichtigsten Disziplinen. Ob Wärme, ob Optik, ob Akustik: Er betrachtete und ordnete die Dinge, die ihn umgaben, strikt nach den Gesetzen der Logik. In der Mathematik selber fand er Neues zur Geometrie und über die vertrackte Zahl Pi heraus. In der Philosophie beschrieb er die „Erforschung des Wahren und dessen Unterscheidung von Irrtum und Schein“. Immanuel Kant nannte den Autodidakten Lambert „das größte Genie seiner Zeit“. Eine Maßeinheit der Leuchtdichte, ein Asteroid und je ein Krater auf Mond und Mars tragen seinen Namen. Aber wer kennt ihn heute noch?