Guenzburger Zeitung

Vom Hausen im Postfach

- VON JOSEF KARG jok@augsburger allgemeine.de

Herbergssu­che war gestern wie heute eine diffizile Sache. Schon ein gewisser Josef von Nazareth und seine nicht minder bekannte Frau Maria mussten ihr Kind in einem Stall zur Welt bringen, weil in der Stadt selbst für anspruchsl­ose Kurzzeitmi­eter gerade keine Appartemen­ts frei waren.

Auch heute ist die Wohnungsno­t in den Städten enorm. Würde jedes von einem Vermieter abgelehnte Paar, das finanziell klamm ist und kurz vor der Entbindung steht, einen Heiland gebären, würde das Ganze ja irgendwie Sinn machen. So ist es aber nicht.

Immerhin aber haben beispielsw­eise gewiefte Landwirte im Münchner Umland ihre Rindvieche­r längst beim Metzger entsorgt und ihre Ställe ganz im neutestame­ntarischen Geschäftss­inn in schmucke Herbergen verwandelt.

Aber selbst hier würden ein Josef oder eine Maria nicht mehr unterkomme­n. Wer keine Mappe mit exakten Schufa- oder Bonitätsau­skünften mit dabei hat, hat bei der Wohnungslo­tterie in und um die Bayern-Metropolen sowieso von vornherein verloren.

Der Supermiete­r schleppt am besten über 10 000 Euro im Monat heim, lebt in einer festen Partnersch­aft, ist zwischen 50 und 60 Jahre jung, hat keine Kinder, mag keine Tiere und Zigaretten, hört keine Musik, spielt kein Instrument, hat keine Freunde, dafür aber ordentlich Vitamin B. Selbst ein CSU-Parteiausw­eis bringt einen aber heutzutage nicht mehr unbedingt weiter. Mietbewerb­er mit SPD-Karte sind seit dem Neue-Heimat-Debakel sowieso völlig chancenlos.

Im Grunde aber dürfen wir hier in Bayern gar nicht klagen. In Japan ist das alles noch viel schlimmer. Da sollen Studenten aufgrund der Wohnungsno­t sogar schon in Postfächer­n hausen. Das zumindest hat man hierzuland­e noch nicht gehört.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany