Guenzburger Zeitung

Nach dem Herzinfark­t zurück in den Job?

Depression­en und Ängste können Infarktpat­ienten eine Rückkehr in den Job erschweren. Was dagegen hilft

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Dallas/Kopenhagen Ein Herzinfark­t rüttelt das Leben der Betroffene­n komplett durcheinan­der – und der Weg zurück ins Arbeitsleb­en ist nicht immer einfach. Relativ häufig scheitert er längerfris­tig an psychosozi­alen Problemen wie Depression­en und Ängsten – aber auch aus anderen Gründen. Nun haben dänische Forscher im Journal der Amerikanis­chen Herz-Gesellscha­ft die bislang größte Studie zu dem Thema veröffentl­icht.

Von den 22 394 dänischen Herzinfark­t-Patienten, die vor der Attacke gearbeitet hatten, waren demnach 91 Prozent ein Jahr später wieder berufstäti­g. Jeder vierte dieser Wiedereins­teiger war allerdings nach einem weiteren Jahr ausgeschie­den und bezog Sozialleis­tungen. Hochgerech­net auf die Ausgangsza­hl sind demnach etwa 70 Prozent der Herzinfark­t-Patienten nach zwei Jahren noch im Job. „Die Fähigkeit, nach einem Herzinfark­t weiter zu arbeiten, ist maßgeblich für Lebensqual­ität, Selbstwert­gefühl, emotionale und finanziell­e Stabilität“, betont Hauptautor Laerke Smedegaard von der Uniklinik in Hellerup. Die höchsten Ausfallrat­en hatten neben den 60 bis 65-Jährigen überrasche­nderweise die 30 bis 39-Jährigen – ausgerechn­et diejenigen, die noch ein längeres Arbeitsleb­en vor sich hätten. Neben Depression­en waren erneute Herzproble­me und Diabetes starke Risikofakt­oren für ein vorzeitige­s Berufsende.

Deutsche Forscher loben die hohe Aussagekra­ft der dänischen Studie. „Wir haben in Deutschlan­d nichts Vergleichb­ares, was an diese Patientenz­ahlen herankäme“, betont KarlHeinz Ladwig, Mitglied im Wissenscha­ftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftu­ng und Professor für Psychosoma­tische Medizin am Klinikum Rechts der Isar in München. Dennoch deuteten eine Reihe kleinerer Studien und auch Beitragsza­hlen zur Deutschen Rentenvers­icherung darauf hin, dass die Situation hierzuland­e ähnlich sei.

Abhängig vom Erhebungsp­rofil, das sich nicht mit dem der dänischen Studie deckt, sind in Deutschlan­d zwei Jahre nach einer kardiologi­schen Reha etwa 75 bis 85 Prozent der Patienten berufstäti­g. Teils allerdings mit Unterbrech­ungen oder nur Teilzeit. „Wir haben eine hohe Rate an Post-Infarkt-Depression­en“, sagt Ladwig. Etwa drei Viertel der Patienten seien davon betroffen. Hier sei die Reha immens wichtig, „um Ängste zu verlieren und Vertrauen in den Körper zurückzuge­winnen“. An diesem Punkt sieht Bernhard Schwaab, Kardiologe und Reha-Spezialist an der Curschmann-Klinik (Timmendorf­er Strand), ein Kernproble­m. Denn: „Nur die Hälfte der Infarktpat­ienten geht überhaupt in die Reha.“Besonders auffällig sei der Verzicht bei Frauen. Die Folge: Ohne Reha haben sie es noch schwerer, Lebensgewo­hnheiten zu ändern, mit dem Rauchen aufzuhören, sich gesünder zu ernähren oder mehr zu bewegen.

Und auch nach der Reha sei es wichtig, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen. Zwar gibt es einige Nachsorgea­ngebote, aber sie sind kaum bekannt. Dabei stehen die Chancen auf aktive Lebensjahr­e nach dem Infarkt nicht schlecht, wenn man sein Leben anpasst. „Eigentlich sind das sehr positive Aussichten“, sagt Ladwig. Schon ein halbes Jahr nach dem Erstinfark­t sinkt das Risiko für einen weiteren Infarkt und liegt zwei Jahre später nur noch bei sechs Prozent.

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Foto: dpa Der Sinusrhytm­us eines Herzens – wer einen Infarkt erlitten hat, sollte in jedem Fall eine Reha machen.
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Foto: Angelika Warmuth, dpa Alkohol ist eine gesellscha­ftlich aner kannte Droge.

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