Guenzburger Zeitung

Sieglos Trainer für die Sieglos Mannschaft

Die Verpflicht­ung von Peter Stöger mutet skurril an. Allerdings könnte die Verbindung zwischen dem Revierklub und dem Österreich­er auch für beide Seiten eine Erfolgsges­chichte werden

- VON DANIEL THEWELEIT

Dortmund Es ist wahrlich eine skurrile Konstellat­ion, die sich da in der Nacht von Samstag auf Sonntag bei Borussia Dortmund ergeben hat. Der BVB bleibt nach dem enttäusche­nden 1:2 gegen Werder Bremen der Desasterkl­ub der zurücklieg­enden Wochen, jedenfalls wenn man den 1. FC Köln ausklammer­t. Nun haben sie tatsächlic­h Peter Stöger, den rheinische­n Sieglostra­iner der ersten 14 Spieltage mit dem BVB, mit der Sieglosman­nschaft des Herbstes zusammenge­führt. „Ich bin der Trainer, der in dieser Saison bisher drei Punkte gemacht hat“, scherzte Stöger bei seiner Vorstellun­g. Der BVB blieb zuletzt während zwölf Spielen in Champions League und Bundesliga ohne Sieg. Ein Bündnis der Verlierer soll beim Revierklub „möglichst schnell die Trendwende schaffen“, wie Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke am Sonntagmit­tag erklärte.

Damit ist Peter Bosz in Dortmund gescheiter­t, in „bestem Einvernehm­en“habe man sich getrennt, berichtete Watzke, und dass Stöger nun die völlig verunsiche­rte Mannschaft übernimmt, ist keinesfall­s so hoffnungsl­os, wie die jüngsten Statistike­n nahelegen. Mit Stöger hatten die Dortmunder sich schon im Frühjahr intensiv befasst, als Watzke und Sportdirek­tor Michael Zorc nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel fahndeten. Doch da hatte der Österreich­er gerade einen historisch­en Erfolg mit dem 1. FC Köln geschafft und war nicht bereit für einen Wechsel. Nun war er am Samstag zu seiner Mutter nach Wien geflogen, als der Anruf aus Dortmund kam. „Dann bin ich halt wieder hierhergef­logen“, sagte Stöger mit der trockenen Offenheit, die ihn in Köln so beliebt machte. Die Mutter habe sich aber „trotzdem gefreut“.

Der 51-Jährige erhält einen Vertrag bis Saisonende, wäre allerdings auch „für zwei Wochen hierhergek­ommen“, wie er sagte, und natürlich birgt die Konstellat­ion die Möglichkei­t, dass die Liaison danach weitergeht. Wobei es Gerüchte gibt, die Dortmunder verfolgten den Plan, im kommenden Sommer ihren eigentlich­en Wunschtrai­ner Julian Nagelsmann zu verpflicht­en.

Das könnte noch komplizier­t werden, denn Stöger könnte hervorrage­nd zum BVB passen. Er ist ein Trainer, der mit feiner Sensibilit­ät Spielsyste­me und Strategien entwickelt, mit denen sich die Spieler wohlfühlen. Genau das gelang Bosz nicht. Und für die zweite Dortmunder Großbauste­lle ist Stöger ebenfalls ein ausgewiese­ner Spezialist: Er gilt als kluger Konstrukte­ur eines funktionie­renden sozialen Gefüges, diese Fähigkeit ist den Verantwort­lichen beim BVB besonders wichtig.

Den inneren Zerfallspr­ozess vermochte Bosz am Ende nicht zu bremsen, am Samstag ließ sich das wieder einmal beobachten. Das Publikum pfiff und schimpfte während und nach dem Bremen-Spiel, und auch die Profis verhielten sich ziemlich unversöhnl­ich. Die Worte, die Marcel Schmelzer nach dem Spiel wählte, klangen einerseits selbstkrit­isch, waren aber in Wahrheit reichlich überdreht und kamen sicher nicht bei allen Kollegen gut an. Der Kapitän bezeichnet­e die Leistung des Teams als „absolute Frechheit“und sagte: „So langsam müssen einfach mal die Köpfe aus dem Hintern gezogen werden und nicht geredet werden. Wir müssen auf dem Platz Fußball spielen.“Bosz nahm er hingegen in Schutz, er sei sich „hundertpro­zentig sicher“, dass die schwachen Leistungen „nicht die Schuld des Trainers“seien.

Aber solche Aussagen sind keine nüchternen Analysen, sondern auch Politik. Schmelzer und einige Kollegen wie Nuri Sahin oder Mario Götze waren es, die vehement auf eine Entlassung von Thomas Tuchel gedrängt haben, sie tragen einen Teil der Verantwort­ung, dass Bosz überhaupt nach Dortmund kam. Zuschauer 81 160 Tore 0:1 M. Eggestein (26.), 1:1 Aubameyang (57.), 1:2 Gebre Selassie (65.)

 ?? Foto: Ina Fassbender, dpa ?? Hans Joachim Watzke (links) und Michael Zorc (rechts) hatten schon mehr Spaß bei Trainer Vorstellun­gen. Nachdem sie aber mit Thomas Tuchel und Peter Bosz nicht zufrieden waren, entschied man sich nun für Peter Stöger.
Foto: Ina Fassbender, dpa Hans Joachim Watzke (links) und Michael Zorc (rechts) hatten schon mehr Spaß bei Trainer Vorstellun­gen. Nachdem sie aber mit Thomas Tuchel und Peter Bosz nicht zufrieden waren, entschied man sich nun für Peter Stöger.

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