Guenzburger Zeitung

Er soll Polens Image aufbessern

Der neue Premier Mateusz Morawiecki gilt als besonnen und weltgewand­t. Kann er den Schaden reparieren, den seine Vorgängeri­n in Europa angerichte­t hat?

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Mateusz Morawiecki ist nicht der Typ Parteisold­at, der sich langsam nach oben gearbeitet hat. Erst im vergangene­n Jahr ist der neue polnische Premier in die Regierungs­partei PiS eingetrete­n. Der 49-Jährige ist ein Quereinste­iger, der aus der Finanzbran­che den Weg in die Politik suchte – und seitdem eine erstaunlic­he Karriere gemacht hat. Denn er hat etwas, was wenige im Machtzentr­um von Warschau haben: Wirtschaft­skompetenz. Nicht umsonst war er bisher als Minister gleich für zwei Ressorts zuständig: Wirtschaft und Finanzen.

Als Chef einer Bank, die zur spanischen Santander-Gruppe gehört, verdiente Morawiecki Millionen. Nun macht ausgerechn­et ihn jene Partei zum Regierungs­chef, die sich gerne als Kämpfer für den kleinen Mann inszeniert und das polnische Volk vor der Ausbeutung durch ausländisc­he Konzerne schützen will. Der verheirate­te Morawiecki selbst sagte letztes Jahr in einem Interview: „Ich habe in meinem Leben schon zu viel verdient. Deswegen kann ich mich für ein öffentlich­es Amt opfern.“Er soll der Wirtschaft Polens neue Impulse geben. Doch anders als man es von einem Ex-Banker vermuten könnte, setzt er nicht auf einen neoliberal­en Kurs. Im Gegenteil, er will mehr Einfluss des Staates statt eines „Blutsauger­kapitalism­us“. Als Superminis­ter stopfte Morawiecki zahlreiche Steuerschl­upflöcher und sorgte dafür, dass dem Staat zusätzlich­e Milliarden zufließen. Deutschlan­d kennt Morawiecki von Studienauf­enthalten in Hamburg und einem Praktikum bei der Bundesbank. Er hat auch in den USA studiert, spricht fließend Englisch und versteht gut Deutsch. Die PiS hat ihn wohl auch ausgewählt, damit er das ramponiert­e Image Polens in der EU aufbessert. Schließlic­h arbeitete er auch schon für Werbeagent­uren, kennt sich also mit Marketing aus.

Der weltgewand­te Minister gilt als einer der gemäßigten Köpfe in der nationalko­nservative­n Partei, in der er ein Außenseite­r geblieben ist. Regierungs­kritische Medien sehen in ihm die Chance, dass die PiS von ihrer polternden Rhetorik – inklusive Fremdenhas­s – abrückt. Er ist zumindest nicht in alte Seilschaft­en verstrickt. So könnte er auch die Wogen mit der Europäisch­en Union glätten, der er weniger feindselig gegenübers­teht als seine Vorgängeri­n, Beata Szydlo. Schließlic­h gehörte er bis 2010 zum Beratertea­m des damaligen polnischen Premiers und heutigen EU-Ratspräsid­enten Donald Tusk.

Der besonnene Morawiecki fiel bislang nicht durch aggressive Auftritte auf. Mit seinem Parteivors­itzenden Jaroslaw Kaczynski, der wiederum für seine scharfen Äußerungen geradezu berüchtigt ist, versteht er sich trotzdem hervorrage­nd. Beide haben eine Schwäche für Heldengesc­hichten: „In unserer Kultur fehlen Zeugnisse der Erfolge von Polen“, sagte er einmal. „Patriotism­us ist nicht lächerlich“, betonte Morawiecki.

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Foto: dpa

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