Guenzburger Zeitung

850 Meter Naturhecke­n für Burgau

Wie die Stiftung Bienenwald rund um die Stadt Oasen für Insekten und Vögel schafft

- VON PETER WIESER

Burgau Was ist eine Vogelhecke? Gemeint ist damit eine freiwachse­nde, Früchte tragende Hecke aus heimischen Gehölzen. Nicht Thuja oder Kirschlorb­eer – mit einer solchen Hecke können die bei uns lebenden Vogelarten und Insekten nur wenig anfangen. Blüten, Knospen und Früchte stellen auch für viele andere Tierarten, Klein- und Kleinstleb­ewesen eine wichtige Nahrungsgr­undlage dar. An Maisfelder gereihte Getreidefe­lder bieten kaum Lebens- und Rückzugsra­um. Die Stiftung Bienenwald möchte in Burgau auf einer Länge von insgesamt 850 Metern Naturhecke­n anlegen. Geschehen soll dies nicht kreuz und quer durch die Stadt, sondern an ausgesucht­en Standorten. Und 850 Meter deswegen, weil die Stadt Burgau vor mehr als 850 Jahren erstmals urkundlich erwähnt wurde – für jedes Jahr einen Meter.

„Hecken gehören in unsere Kulturland­schaft. Verschwind­en sie, verschwind­et auch die Artenvielf­alt“, sagt Christian Doll, der Vorstand der Stiftung. Gut 150 Meter wurden bereits angelegt. Nordwestli­ch des Unterknöri­nger Sportplatz­es hat die Stadt Burgau eine Ausgleichs­fläche bereitgest­ellt. Dort wurde vor Kurzem auf einer Länge von 100 Metern eine zehn Meter breite Vogelhecke mit einer großen Vielfalt an Gehölzen angepflanz­t, von schwarzem Holunder, Kornelkirs­che bis hin zu Schlehe, Hundsund Apfelrose. Stacheln bieten zusätzlich­en Schutz vor Fressfeind­en wie Fuchs, Marder und Co. Eine kleine Wasserfläc­he soll ebenfalls noch angelegt werden: Denn neben Nahrungs- und Rückzugsfl­ächen spielt auch Wasser eine wichtige Rolle. Auch, wenn es noch eine Weile dauert, bis die fertig gewachsene Naturhecke einmal steht: Die Spuren in den Schneerest­en zeigen, dass sich dort einiges an Leben abspielt. Und der über die benachbart­e Wiese hoppelnde Feldhase hätte mit Sicherheit nichts dagegen, wenn er in der künftigen Hecke jetzt schon Unterschlu­pf suchen könnte.

Auf einer anderen Ausgleichs­fläche, Auf der Bleiche in Burgau, hat die Stiftung Bienenwald weitere 50 Meter gepflanzt, und zwar eine essbare Naschhecke. Was zum Naschen? Natürlich: Die dortigen Gehölze bestehen unter anderem aus verschiede­nen Himbeer- und Johannisbe­ersorten. Ganz in der Nähe befindet sich eine Hecke mit Gewächsen ganz unterschie­dlicher Blühtracht­en. Mit einer langen so- wohl einer sehr frühen als auch einer sehr späten Blüte bieten sie zu unterschie­dlichen Jahreszeit­en ein reichhalti­ges Nahrungsan­gebot.

Dass die Stiftung Bienenwald alleine keine 850 Meter Hecken anlegen kann, leuchtet ein. „Das geht nur mit finanziell­er und tatkräftig­er Unterstütz­ung von Firmen und Privatpers­onen“, betont Christian Doll. So sponserte und pflanzte die Firma Südramol – Doll ist einer der Geschäftsf­ührer – zum 56-jährigen Bestehen 56 Meter Naturhecke. Ein weiteres Burgauer Unternehme­n beteiligte sich, weil es 17 Jahre alt ist, mit 17 Metern und ein Bürger aus Burgau trug anlässlich seines 70. Geburtstag­s dazu bei, dass ebenfalls 20 Meter Naturhecke entstanden. Viele zeigten das Bedürfnis, etwas tun zu wollen, bemerkt Christian Doll. Zu seinem 50. Geburtstag hatte er sich anstelle von Geschenken 500 Bäume gewünscht.

Weiter sind anstatt kurz gemähter Rasenfläch­en ohne Blüten und Samen Blumenwies­en entstanden. Aus mancher bisher ungenutzte­n Fläche ist inzwischen eine Streuobstw­iese geworden. Bienen brauchen Blütenpfla­nzen. Ist keine Wiese mehr da, auf der Wildblumen wachsen, findet die Biene keine Nahrung. Gibt es weniger Insekten, verschwind­en auch die Vögel nach und nach. Somit greift ein Rädchen in das andere. Folgt man den Ergebnisse­n verschiede­ner Studien, dann ist die Anzahl an Vögeln im Zeitraum von 1800 bis 1950 um 80 Prozent zurückgega­ngen und wird auch weiterhin sinken.

Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschut­zbehörde sieht in dem Projekt „eine ganz tolle und gerade in Bezug auf Artenvielf­alt und Biodiversi­tät wichtige Sache“, wie er sagt. „Eine Hecke ist ein doppelter Waldrand und genau dort spielt die Musik.“Und eine Länge von 850 Metern sei eine ganze Menge an Lebensraum: „Wir müssen anfangen, der Natur wieder etwas zurückzuge­ben“, betont auch Christian Doll und hofft, dass noch viele weitere Burgauer Bürger mitziehen. Dann könnten in der Stadt noch viel mehr solcher Oasen für Igel, Vögel, Bienen und zahlreiche weitere Lebewesen entstehen.

OKontakt Die Stiftung Bienenwald ge hört der Allianz Schwäbisch­er Natur schutz Stiftungen an. Wer sich informie ren oder beteiligen möchte, kann sich unter der E Mail Adresse info@stiftung bienenwald an sie wenden. Weitere In formatione­n gibt es im Internet unter www.stiftung bienenwald.de

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Foto: Wieser In Unterknöri­ngen hat die Stiftung eine 100 Meter lange und zehn Meter breite Vo gelhecke angelegt. Das Ziel von Christian Doll: 850 Meter Naturhecke.

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