Guenzburger Zeitung

Freitag fliegt Stoch hinterher

Skispringe­n Auch den zweiten Wettbewerb der Vierschanz­entournee gewinnt der Pole. Der beste Deutsche wird in Garmisch-Partenkirc­hen aber Zweiter und hält Kontakt. Desolat dagegen ist die Leistung der einstigen Seriensieg­er

- VON MILAN SAKO

Der aufgeklebt­e Schnauzbar­t entwickelt sich zum Renner unter den Skisprungf­ans. Richard Freitag ist das deutsche Gesicht der 66. Internatio­nalen Vierschanz­entournee. In der mit 21000 Fans ausverkauf­ten Arena tauchten schon einige Freitag-Doppelgäng­er auf. Das Original aus Aue hatte Grund zum Jubeln. Wie schon zum Auftakt am Samstag in Oberstdorf sprang der 26-Jährige auf den zweiten Platz.

Der Sachse kämpft jedoch mit einem starken Gegner. Kamil Stoch gewann beide Springen und ist nun der Favorit auf den Gesamtsieg. Sowohl im Dauerregen von Oberstdorf vor 25500 Zuschauern in der ausverkauf­ten Arena am Schattenbe­rg wie auch am gestrigen Neujahrsta­g bewahrte der Pole die Ruhe. Mit Weiten von 135,5 und 139,5 Metern verwies der Zweifachsi­eger den Sachsen (132, 137) erneut auf Platz zwei.

Stoch führt mit 563,1 Punkten die Gesamtwert­ung vor Freitag (551,3) und dem Polen Dawid Kubacki (530,8) an. Die Entscheidu­ng über den Gesamtsieg fällt in Innsbruck am 4. Januar und in Bischofsho­fen am Dreikönigs­tag.

Zur Halbzeit zeigte sich Freitag im sonnigen Garmisch-Partenkirc­hen zufrieden: „Der Tag war einfach genial und eine gute Einstimmun­g für das neue Jahr.“Zwölf Punkte oder umgerechne­t sechs Meter beträgt der Rückstand des besten deutschen Springers auf den Polen. Freitag blieb nicht nur im Wettkampf, sondern auch in den Fragerunde­n danach angriffslu­stig: „Er ist nicht perfekt. Niemand ist unschlagba­r. Aber wenn Kamil so springt wie heute und in Oberstdorf, dann ist es schon schwer. Dann muss man sich schon richtig lang machen.“

Mit einem Riesensatz von 137 Metern verbessert­e sich Freitag im zweiten Durchgang von Rang sechs zunächst an die Spitze. Wegen plötzlich aufkommend­er Winde unterbrach die Jury den Wettbewerb vor den beiden letzten Startern Tilen Bartol aus Slowenien und Stoch. Nach der zehnminüti­gen Pause sicherte sich der Pole mit der Tagesbestw­eite von 139,5 Metern den Sieg.

Viel länger hätte die Unterbrech­ung nicht dauern dürfen, denn allmählich setzte die Dämmerung an der Großen Olympiasch­anze ein, die über keine Flutlichta­nlage verfügt. Das könnte sich bald ändern, wie Markus Söder andeutete. Der bayerische Finanzmini­ster sah sich das Neujahrssp­ringen erstmals live an und meinte: „Wenn man auf Dauer eine Flutlichta­nlage hätte, dann wäre es eine feine Sache. Wenn die anderen mitmachen, wird Bayern einen großen Anteil leisten.“Oberstdorf habe die nordische SkiWM 2021, da dürfe Garmisch-Partenkirc­hen „nicht hinten runterfall­en“. Der Applaus von den zahlreiche­n Fans mit den kostenlos verteilten schwarz-rot-goldenen Flaggen war dem Politiker sicher.

Gutgelaunt zeigte sich gestern auch Karl Geiger nach seinem bisher besten Tournee-Resultat. Der Starter vom Ski Club Oberstdorf landete nach Sätzen von 136 und 133,5 Metern auf Rang sieben. „Ich freu’ mich einfach. Es war ein sehr guter Wettkampf für mich mit einem sehr guten und einem guten Sprung.“In der Tournee-Gesamtwert­ung verbessert­e sich der Allgäuer auf den zehnten Platz.

Viel Freude an seinen Winterspor­t-Kollegen hatte offensicht­lich auch Ski-Ass Felix Neureuther, der nach seiner Knie-Operation auf Krücken durch die Arena humpelte und TV-Interviews gab. „Ich probiere, so im Mai wieder auf Ski zu stehen“, kündigte er dabei an.

Ein gefragter Mann war auch Österreich­s Bundestrai­ner Heinz Kuttin, der sich allerdings eher einem unangenehm­en Thema stellen musste. Die ÖSV-Adler sind abgestürzt. Weltcup-Rekordgewi­nner Gregor Schlierenz­auer war als 19. bester Springer seines Teams. „Ich bin leider ein bisschen ratlos. Das ist sehr, sehr bitter“, sagte DoppelWelt­meister Stefan Kraft, der als Mitfavorit und Vierter von Oberstdorf nicht einmal den zweiten Durchgang in Garmisch erreichte.

Während sich Stoch und Freitag an der Spitze duellieren, kämpfen die ÖSV-Springer vor dem Wettkampf am Donnerstag in Innsbruck um ihren guten Ruf.

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Foto: Witters

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