Guenzburger Zeitung

Wilhelm Imkamp bleibt sich treu

Maria Vesperbild Nachdenkli­che Worte im Wallfahrts­ort am sonst so lauten Silvestert­ag. Wie der Wallfahrts­direktor Maria Vesperbild in fast 30 Jahren geprägt hat

- VON PETER BAUER

Oberschöne­berg – ein bisschen ist dieser Tag in Maria Vesperbild auch der Tag dieses Dorfes im Landkreis Augsburg. Oberschöne­berg – das ist der Heimatort des ehemaligen Landwirtsc­haftsminis­ters Josef Miller. Maria Vesperbild liegt von Oberschöne­berg nur wenige Kilometer entfernt. Viele Oberschöne­berger besuchen die Messen in Maria Vesperbild, sie kommen zu den Wallfahrts­höhepunkte­n. Und sie heiraten dort – wie Josef Miller. Maria Vesperbild ist für Josef Miller auch ein Stück weit die Geschichte seiner eigenen Familie. Er selbst, 1947 in Oberschöne­berg geboren, ist immer wieder Gast in Maria Vesperbild. Er war und ist es auch in Zeiten, in denen der Maria Vesperbild­er Wallfahrts­direktor Wilhelm Imkamp wieder einmal heftig in der Kritik stand und die Prominenz sich auffallend weniger sehen ließ bei den großen Wallfahrts­höhepunkte­n.

Fast 30 Jahre war Prälat Dr. Wilhelm Imkamp Wallfahrts­direktor in Maria Vesperbild. Das ist gerade mit Blick auf den drastische­n Dauerwechs­el unserer Zeit schlichtwe­g unglaublic­h lange. So hat es nicht wenige überrascht, dass er seinen Abschied bewusst unspektaku­lär wollte. Josef Miller meinte, dass es angesichts der zahlreiche­n Verdienste Imkamps um Maria Vesperbild doch etwas mehr sein sollte beim Abschied. So schloss sich dem traditione­llen Pilgeramt in der Wallfahrts­kirche ein offizielle­r Empfang im Pilgerhaus an.

Und doch bleibt sich Imkamp (66) in dieser Lebenszäsu­r in seiner Entschiede­nheit auch selbst treu. Er verabschie­det sich an Silvester. Den Tag des „Jahresabsc­hieds“wählt er bewusst für seinen Abschied von einem fast 30-jährigen Lebensabsc­hnitt. Und an einem Tag, der gekennzeic­hnet ist durch lautes Knallen, Show und gute Vorsätze, die oft schon Minuten nach Mitternach­t nichts mehr wert sind, gibt es bei ihm keinen „lauten Knall“. Sein Abschied fällt dem Wunsch des Oberschöne­bergers Josef Miller folgend zwar etwas umfangreic­her aus, aber alles andere als laut.

Imkamp – das ist die Begegnung mit vielen Klischees, die über ihn im Umlauf sind. Doch bisweilen hat man das Gefühl, dass diese Klischees den wirklichen Wilhelm Imkamp regelrecht zu verbergen scheinen. Auch den kritischen Blick auf sich selbst, den ihm viele nicht zutrauen. Er habe „Gutes unterlasse­n“, sagt er während des Gottesdien­stes. Dann aber ist er während der Predigt so- zusagen auch ganz er selbst. Die Kirche dürfe vor Widerspruc­h keine Angst haben. Anpassung und Jubel seien keine Werte an sich. Seine Predigt wird zum Plädoyer gegen „Beliebigke­it, Relativism­us und Gottverges­senheit“.

Der CSU-Landtagsab­geordnete Alfred Sauter, der nach dem Gottesdien­st beim offizielle­n Empfang im Pilgerhaus die Festanspra­che hält, nimmt diesen Gedanken auf. Imkamp habe auf eine mutige und wortgewalt­ige Weise keinen Konflikt gescheut gegen „sogenannte Intellektu­elle, die sich dem Mainstream unterwerfe­n“. Sauter: „So kennen wir Sie und so mögen wir Sie.“In seiner fast 30-jährigen Amtszeit sei Maria Vesperbild zu einer Erfolgsges­chichte geworden, mehr als 400 000 Gläubige jährlich kommen nach Maria Vesperbild. Im Gottesdien­st sei zu spüren gewesen, dass Imkamp der Abschied (er zieht ins Schloss der Familie von Thurn und Taxis und übernimmt die Leitung der fürstliche­n Hofbibliot­hek) nicht leichtfäll­t. Mit Blick auf Imkamps Leistungen in Maria Vesperbild zeige sich, dass Marienvere­hrung nach wie vor zeitgemäß sei, anders als in anderen Kirchen seien die Gottesdien­ste in Maria Vesperbild bis heute meist überfüllt. Nachfolger Imkamps ist der bisherige Kaufgestal­ten beurer Dekan Erwin Reichart (63). In seiner Zeit als Wallfahrts­direktor hat Imkamp die Infrastruk­tur des Wallfahrts­ortes maßgeblich modernisie­rt. Dies würdigte der Ziemetshau­ser Bürgermeis­ter Anton Birle in seiner Ansprache. Von großer Bedeutung sei unter anderem die Verlegung der Kreisstraß­e im Jahr 1993 gewesen. 1993: Allein die Jahreszahl deutet an, über welch einen langen Zeitraum Wilhelm Imkamp Maria Vesperbild geprägt hat. Seine Zeit in Maria Vesperbild – es war Verankerun­g in der Region, aber immer wieder auch die „große Bühne“, unter anderem in diversen Talkshows. „Aber ich bin da immer vorsichtig­er geworden“, sagt er. Das Waschen schmutzige­r Wäsche wolle er den „Jungs von der Müllabfuhr überlassen – und die gibt es in der Talkshowbr­anche genug“. Imkamps Gespür für die Wahl der Worte – es blitzt noch einmal durch in der Stunde des Abschieds. Bei diesem Abschied erzählen viele Gäste, was sie persönlich mit Maria Vesperbild verbindet. Manchmal ist es auch ein Stück Familienge­schichte, wie bei Josef Miller aus Oberschöne­berg.

ODie Amtseinfüh­rung des neu en Wallfahrts­direktors Erwin Reichart findet am Sonntag, 7. Januar, ab 10.15 Uhr in der Wallfahrts­kirche statt.

 ?? Foto: Peter Bauer ?? In der Stunde des Abschieds wohl auch mit seinen Gedanken für Augenblick­e allein: der Maria Vesperbild­er Wallfahrts­direktor Wilhelm Imkamp während des Pilgeramte­s. Die Feierlichk­eiten wurden vom Musikverei­n Ziemetshau­sen umrahmt.
Foto: Peter Bauer In der Stunde des Abschieds wohl auch mit seinen Gedanken für Augenblick­e allein: der Maria Vesperbild­er Wallfahrts­direktor Wilhelm Imkamp während des Pilgeramte­s. Die Feierlichk­eiten wurden vom Musikverei­n Ziemetshau­sen umrahmt.

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