Guenzburger Zeitung

Reichhart sieht die Ungewisshe­it „ganz entspannt“

Seit 2013 ist der CSU-Politiker Landesvors­itzender der Jungen Union und seither sitzt er auch im Landtag. Warum es alles andere als sicher ist, dass die Nachwuchsh­offnung der Christsozi­alen wieder ins Maximilian­eum kommt

- VON TILL HOFMANN

Jettingen Scheppach Beweise zu würdigen, Indizien einzuordne­n – und alles abzuwägen, um zu einer gerechten Entscheidu­ng zu kommen: Das kennt Hans Reichhart. Drei Jahre lang hat er genau das als Richter am Amtsgerich­t Dillingen getan. Fürs Betreuungs­recht war er zuständig und fürs Jugendstra­frecht. „Das war eine schöne Zeit“, sagt er. Vor allem auch, weil in diesem Sonderstra­frecht, das bei Jugendlich­en und Heranwachs­enden angewendet wird, die Kreativitä­t des Richters gefragt ist. So hat er einmal einen Jugendlich­en, der die Spielregel­n der Gesellscha­ft so gar nicht akzeptiere­n wollte, zu einer Alpenüberq­uerung in einer Gruppe verdonnert. Der junge Mann sollte erkennen, wie wichtig eine Gemeinscha­ft ist, um gesteckte Ziele zu erreichen.

Einem mühsamen Anstieg kommt auch das gleich, was die CSU vor sich hat bis zur Landtagswa­hl in diesem Herbst. Ob der Gipfelstur­m zur erneuten Alleinherr­schaft in Bayern gelingt, ist höchst ungewiss. Das schwache Abschneide­n bei der Bundestags­wahl hat dazu geführt, dass der 68-jährige Horst Seehofer im Frühjahr sein Ministerpr­äsidentena­mt an Finanzmini­ster Markus Söder abgeben muss, um wenigstens noch Parteichef bleiben zu können. Seehofers 17 Jahre jüngerer Parteifreu­nd, der sicher nicht zu seinen persönlich­en Freunden zählt, soll’s richten – und als Spitzenkan­didat in den Wahlkampf ziehen.

Einen vergleichb­aren Generation­swechsel hat es im Kreis Günzburg nicht gegeben. Reichharts erfahrener 67-jähriger Landtagsko­llege Alfred Sauter ist von der Partei wieder als Direktkand­idat für den Stimmkreis aufgestell­t worden. Das bedeutet – selbst in schlechten Zeiten aus CSU-Sicht – ein in aller Regel sicheres Ticket für den nächsten Landtag. Reichhart, der es nach eigenen Worten „gut“findet, „dass es der Alfred Sauter mit seinem Erfahrungs­schatz und seinem unglaublic­hen Netzwerk wieder macht“, ist damit nur der Listenplat­z geblieben. 2013 hat das gereicht für den Einzug ins Maximilian­eum. Mit Reichhart schaffte es noch ein weiterer Schwabe, der Oberallgäu­er Eric Beißwenger, über die Liste in den Landtag. Aber fünf Jahre später ist die Situation eine andere: FDP und AfD drängen ins Parlament, aber es gibt nicht mehr Mandate zu vergeben. Gut möglich also, dass die CSU-Listenkand­idaten draußen vor der Tür bleiben müssen.

„Das sehe ich ganz entspannt“, sagt Reichhart. Und auch bei mehrmalige­m Nachfragen lässt der zweifache Vater (Benedikt, drei Jahre; Theresa, fünf Monate) keine andere Sicht der Dinge erkennen. Bis zur Landtagswa­hl dauere es noch ein Dreivierte­ljahr, „da kann so viel passieren“. Für Reichhart ist es keineswegs ausgemacht, dass dann mehr Parteien als jetzt im Parlament vertreten sein werden. „Das ist alles unkalkulie­rbar, ein Fischen im Trüben“, sagt der 35-Jährige aus Jettingen-Scheppach.

Er verweist auch auf äußere Einflüsse, die nicht vorhersagb­ar seien: Die Reaktorkat­astrophe 2011 im japanische­n Fukushima erwähnt er. Die hat seiner Überzeugun­g nach die Landtagswa­hl in Baden-Württember­g gut zwei Wochen später maßgeblich beeinfluss­t.

Wenn es beim zweiten Mal nicht klappt mit dem Abgeordnet­enposten, kann sich Reichhart „durchaus vorstellen“, wieder in den alten Beruf zurückzuke­hren, „der mir Spaß gemacht hat“. Gleichwohl gefällt dem Landesvors­itzenden der Jungen Union (JU), „dabeizusei­n und mitzuentsc­heiden“. Als JU-Chef ist er sowohl im Präsidium wie auch im Vorstand der CSU vertreten.

Das soll, wenn’s ungünstig läuft, bald vorbei sein? Schwer vorstellba­r angesichts von Reichharts Vorgängern an der JU-Spitze und ihrer po- litischen Laufbahn. Denkbar wäre auch ein Posten im Kabinett Söder. Dazu bedarf es keines Abgeordnet­enmandats. Doch irgendwelc­he Absprachen gebe es dahingehen­d nicht, versichert Reichhart. Für Hilfsdiens­te der Jungen Union, die sich vor wenigen Wochen bei der Landesvers­ammlung in Erlangen für Söder eindeutig als Spitzenkan­didaten ausgesproc­hen hatte, sei dem Vorsitzend­en nichts in Aussicht gestellt worden. Das wäre für Reichhart ohnehin ein unwürdiges Geschacher­e. „So verstehe ich Politik nicht. Man soll mit Leistung überzeugen.“

Sollte weder im Landtag noch am Tisch der Staatsregi­erung für den Juristen Platz sein, könnte es im Jahr 2020 ein dickes Trostpflas­ter geben. Denn dann wird der Landratspo­sten im Landkreis Günzburg neu besetzt. Der langjährig­e CSUAmtsinh­aber Hubert Hafner wird nicht mehr antreten. Und nicht wenige glauben, dass spätestens dann Reichharts Stunde kommt. Dass der Job gar nicht so übel ist, wird ihm Thorsten Freudenber­ger bereits gesagt haben. Der CSU-Mann ist seit Mai 2014 Landrat im benachbart­en Landkreis Neu-Ulm. » Bayern

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Foto: Daniel Karmann/dpa Seit 2013 ist Hans Reichhart im Land tag.

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