Guenzburger Zeitung

Zu Unrecht fast 20000 Euro Sozialhilf­e erhalten

Dieser Betrug hat für einen 58-jährigen Frührentne­r Folgen. Strafrecht­lich ist er nicht das erste Mal aufgefalle­n

- VON WOLFGANG KAHLER

Memmingen/Landkreis Das neue Jahr beginnt für einen 58-Jährigen aus dem südlichen Landkreis wenig erfreulich. Der Frührentne­r musste sich wegen Betrugs vor dem Landgerich­t Memmingen verantwort­en. Das Urteil: Gefängnis. Die Höhe des angerichte­ten Schadens allein hätte nicht zur Freiheitss­trafe geführt, aber der Angeklagte war nicht zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen.

Der Auszug aus dem Bundeszent­ralregiste­r, in dem alle strafrecht­lichen Verfehlung­en enthalten sind, umfasst immerhin zwei Seiten, die Vorsitzend­er Richter Herbert Krause dem gebürtigen Münchner präsentier­te. Das Günzburger Amtsgerich­t hatte den 58-Jährigen im vergangene­n Jahr zu einer Frei- heitsstraf­e von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Um nicht ins Gefängnis zu müssen, hatte Rechtsanwa­lt Guntram Marx (Krumbach) Berufung gegen das Strafmaß eingelegt. Deshalb musste der Fall jetzt bei der dritten Strafkamme­r des Memminger Landgerich­ts noch einmal verhandelt werden.

Die Anklage lautete auf Betrug in neun Fällen. Der Mann hatte über mehrere Jahre vom Günzburger Jobcenter Arbeitslos­engeld II bezogen. Der Betrag summierte sich auf fast 20 000 Euro. Aber das Geld war dem Mann zu Unrecht ausbezahlt worden, denn er hatte bei der Antragstel­lung gemogelt und den Bezug einer Unfallrent­e verschwieg­en. Den Betrug hatte der 58-Jährige schon im ersten Verfahren eingeräumt. Nicht nur wegen dieser Verfehlung war er im vergangene­n Jahr schon einmal für zwei Monate in der Justizvoll­zugsanstal­t Kaisheim bei Donauwörth. „Warum machen Sie das? “, fragte Richter Krause, „und warum so lang?“Die verlegene Antwort des Angeklagte­n: „Ich hab’s einfach so laufen lassen. Es waren ja einfach nur fünf Kreuze zu machen und eine Unterschri­ft.“

Ab Februar hätte er eine Arbeitsste­lle in Aussicht, sagte der gelernte Informatio­nselektron­iker, um die Strafkamme­r positiv zu stimmen. Ein konkreter Vertrag liegt allerdings noch nicht vor. Derzeit lebt er von 420 Euro Unfallrent­e und mit einer Partnerin zusammen, die Witwenrent­e bezieht. Sein Mandant habe Probleme mit seiner Lebensgest­altung, ergänzte Verteidige­r Marx. Seit mehr als zehn Jahren ist der Angeklagte arbeitslos. Das habe er selbst verschulde­t, weil er mit sei- ner Partnerin von München in den Landkreis Günzburg zog, weil das Leben dort billiger sei als in der Landeshaup­tstadt. Probleme bereitete ihm außerdem ein Arbeitsunf­all. Die bisherige Jobsuche verlief äußerst ernüchtern­d, da er ohne Führersche­in zu immobil sei, sagte der 58-Jährige.

Die umfangreic­he Liste der Verfehlung­en beginnt 2002, als das Amtsgerich­t München dem 58-Jährigen eine Bewährungs­strafe wegen Verletzung der Unterhalts­pflicht gegenüber seiner Tochter aus erster Ehe aufbrummt. Dann folgen verschiede­nste Delikte quer durch das Strafgeset­zbuch wie Betrug, Urkundenfä­lschung, versuchte Körperverl­etzung, Erschleich­en von Leistungen durch Schwarzfah­ren und Diebstahl. Nicht zuletzt wegen dieser Vorstrafen sah die Staatsanwä­ltin keine günstige Sozialprog­nose – „Die mehrfache Haft hat ihn nicht beeindruck­t.“– und forderte ein Jahr und zwei Monate. Die Frage sei, ob es noch einmal die Option auf Bewährung gebe, meinte Anwalt Marx. Die Gesamtstra­fe sei grundsätzl­ich richtig, aber sein Mandant habe die Chance auf eine Rückkehr ins Arbeitsleb­en. Daher sei ein Jahr auf Bewährung angemessen.

Das zog bei der Strafkamme­r nicht. Sie verurteilt­e den Angeklagte­n zu einem Jahr und zwei Monaten Gefängnis. „Weniger geht nicht“, sagte Richter Krause. Der Mann habe schon mehrfach Bewährunge­n vergeigt. In der Vergangenh­eit sei er immer sehr eklatant auffällig gewesen. Seine Jobaussich­ten seien ziemlich vage. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig, da eine Revision beim Oberlandes­gericht möglich ist.

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