Ein Kommunalministerium in Berlin?
Was die Günzburger SPD bewegt und warum der Landtagskandidat Tobias Auinger gegen eine Fortsetzung der Großen Koalition auf Bundesebene ist
Günzburg Ober sticht Unter. Das gilt auch in der Politik. Die meisten Entscheidungen auf Bundesebene schlagen zwar unmittelbar auf Städte und Gemeinden durch, ein Mitspracherecht bei Gesetzesvorhaben haben die Kommunen aber nicht. Beim Neujahrsempfang der Günzburger SPD am Sonntagvormittag hat Oberbürgermeister Gerhard Jauernig deshalb ein Kommunalministerium in der künftigen Bundesregierung gefordert. Bei den Sondierungsgesprächen mit der Union müsse die SPD auf ein solches Amt drängen.
Im Herbst wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Direktkandidat der SPD im Landkreis ist der junge Burgauer Stadtrat Tobias Auinger. Er stellte einige Schwerpunkte seines geplanten Wahlkampfes vor und sprach sich gegen eine weitere Große Koalition aus.
Für fast alles und jedes gebe es ein Bundesministerium oder wenigstens einen Bundesbeauftragten, erklärte Jauernig. Städten und Gemeinden aber fehle in Berlin eine einflussreiche Vertretung. In einem Brief hat der Oberbürgermeister die bayerische SPD-Vorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende Natascha Kohnen deshalb gebeten, bei den Sondierungsgesprächen mit der Union auf ein Kommunalministerium zu drängen. Ein Vorschlag, den der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner beim Neujahrsempfang vor gut 50 Besuchern im Forum am Hofgarten als „charmant“bezeichnete. So könne „eine direkte Verbindung zwischen der Politik und den Menschen hergestellt werden“.
Brunner sprach sich einigermaßen verklausuliert für eine Fortsetzung der Großen Koalition aus. Wenn sich Union und SPD auf das „gemeinsame Ziel“verständigen könnten, „dem Wohl des gesamten deutschen Volkes zu dienen“, dann müssten auch strittige Sachfragen zu lösen sein – etwa bei einer Mindestrente, der Inneren Sicherheit oder einer künftigen Krankenversicherung. Brunner: „Man muss es nur wollen.“
Gegen die Fortsetzung einer Großen Koalition sprach sich Landtagskandidat Tobias Auinger aus. Stattdessen brauche die SPD ein neues Grundsatzprogramm und „wieder ein klares Profil“, um ihre politischen Positionen deutlich machen zu können – nicht zuletzt vor der Landtagswahl im Herbst. Als Vertreter der jungen Generation habe er sich zur Landtagskandidatur entschlossen, weil die SPD „die richtigen Antworten für die Zukunft“habe. Bildung müsse auf allen Ebenen kostenlos sein, um möglichst al- len eine Zukunftschance zu ermöglichen. Nötig sei auch eine „vernünftige Ganztagesbetreuung“mit mehr Lehrern und Sozialarbeitern, das Ehrenamt und die Vereine müsse der Freistaat ebenfalls stärker fördern.
Die Landtagsabgeordnete Simone Strohmayr erinnerte daran, dass heuer das 100-jährige Bestehen des Landes Bayern gefeiert wird. „Das darf die CSU nicht für sich einheimsen.“Die SPD habe allen Anlass, dabei auf ihre Verdienste hinzuweisen. Kurt Eisner, der erste Ministerpräsident, habe das Frauenwahlrecht eingeführt, die fortschrittliche bayerische Verfassung trage in hohem Maße die Handschrift von Wilhelm Högner. Leider setze die CSU viele Vorgaben der Verfassung nicht um – etwa beim sozialen Wohnungsbau, den Bildungschancen oder dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen.
Der soziale Wohnungsbau bilde einen der Schwerpunkte der Stadtpolitik, betonten der Oberbürgermeister und die SPD-Vorsitzende Simone Riemenschneider-Blatter. Weiter gestärkt würden auch die zahlreichen sozialen Einrichtungen in Günzburg, erklärte Jauernig. „Wir wollen möglichst alle Menschen mitnehmen.“Musikalisch umrahmt wurde der Neujahrsempfang der SPD von einem Bläserquintett der Musikschule unter Leitung von Markus Andreula-Schlick.