Guenzburger Zeitung

Der eingebilde­te Kranke auf Bayerisch

Das Chiemgauer Volkstheat­er präsentier­te in Günzburg das Stück „Mei bester Freind“

- VON MARTIN GAH

Günzburg Alle Jahre wieder gastiert zum Jahresbegi­nn das Chiemgauer Volkstheat­er im Günzburger Forum am Hofgarten. Und das diesjährig­e Stück „Mei bester Freind“zündete wie eine Neujahrsra­kete. In der Hauptrolle glänzte Andreas Kern.

Große Lacher erntete er schon bei seinem ersten Auftritt mit gebücktem Gang und jammerndem Ton. Denn der Bauer Sepp Brumm ist ein echter Hypochonde­r. Apothekenz­eitschrift­en sind ihm wichtiger als die Bibel. Deshalb schluckt er täglich zahlreiche Tabletten und Herztropfe­n. Morgens isst er vorsorglic­h nur Milchkaffe­e mit eingebrock­ten Semmeln. Eines Tages glaubt er dann tatsächlic­h, sein letztes Stündlein habe bald geschlagen. Denn als Doktor Kirschenho­fer im Haus ist, um den Blutdruck von Oma Geli zu kontrollie­ren, belauscht Sepp zufällig ein Telefonat des Arztes mit ei- nem Kollegen. Darin geht es um Werte und darum, dass der Zug schon abgefahren sei. Sepp bezieht dies irrtümlich auf seine Blutwerte, die der Doktor aktuell untersucht.

Da jetzt eh schon alles wurscht ist, isst Sepp am nächsten Tag zum Frühstück eine große Portion Bier- schinken. Aber er beginnt auch mit ernsthafte­n Planungen für die Zeit nach seinem Tod. Er bestellt seinen besten Freund Willi zu sich, der ihm dabei helfen soll, sein Testament aufzusetze­n. Willi soll den Hof erben. Außerdem macht sich Sepp Gedanken, wer seine Stelle an der Seite seiner Ehefrau Anna übernehmen könnte. Diese Rolle sieht er zunächst auch bei Willi, aber dann disponiert er um. Denn Annas alte Jugendlieb­e, der Reitlehrer Freddy, ist auf dem Hof der Brumms zu Besuch. Also bricht Sepp einen Streit vom Zaun, um Anna in dessen Arme zu treiben. Außerdem bestellt Sepp vorsorglic­h einen Bestatter, um seine Begräbnisf­eierlichke­iten zu Lebzeiten zu regeln. Der Unternehme­r will Sepp die neuesten Trends der Münchner Schickeria schmackhaf­t machen. Zum Glück für Sepp und Anna kann der Doktor das Missverstä­ndnis um Sepps Gesundheit noch rechtzeiti­g aufklären. Doch nicht nur der Hauptdarst­eller Andreas Kern trägt das Stück, auch die Nebenrolle­n sind gut besetzt. Der Bestatter Balthasar Kramer (Flo Bauer) ist ein aalglatter Geschäftsm­ann mit geölter Höflichkei­t in der Stimme. Er scheut nicht den Versuch, sich bei Doktor Kir- schenhofer nach potenziell­en neuen Kunden zu erkundigen. Seinen Freund Willi (Markus Neumaier) bringt Sepp mit der Rolle als Hoferbe in die Bredouille. Hilflos grübelt der Gastwirt über den Formularen zur EU-Förderung und den Unterlagen aus einem Gerichtsve­rfahren über ein Wegerecht. Eine Gegenfigur zum Hypochonde­r Sepp ist seine Mutter Geli. Die hat auch im Alter noch Freude am Leben, treibt die Kühe auf ihrem Quad zusammen und fährt mit dem Doktor Motorrad.

Mit der rüstigen Alten spielt Kathi Leitner nach ihrem eigenen Bekunden sich selber. Der Arzt Dr. Kirschenho­fer hat große Mühe, Sepp davon zu überzeugen, dass die ganze Tablettens­chluckerei nichts bringe. Dessen Darsteller Bernd Helfrich ist auch der Autor des Stückes. Alle Mitwirkend­en werden vom Publikum mit tosendem Applaus verabschie­det.

 ?? Foto: Martin Gah ?? Im aktuellen Tourneestü­ck des Chiemgauer Volkstheat­ers sind viele besorgt um den Hypochonde­r Sepp. Szenenfoto mit (von links) Markus Neumaier, Michaela Heigen  hauser, Andreas Kern, Florian Kiml.
Foto: Martin Gah Im aktuellen Tourneestü­ck des Chiemgauer Volkstheat­ers sind viele besorgt um den Hypochonde­r Sepp. Szenenfoto mit (von links) Markus Neumaier, Michaela Heigen hauser, Andreas Kern, Florian Kiml.

Newspapers in German

Newspapers from Germany