Der eingebildete Kranke auf Bayerisch
Das Chiemgauer Volkstheater präsentierte in Günzburg das Stück „Mei bester Freind“
Günzburg Alle Jahre wieder gastiert zum Jahresbeginn das Chiemgauer Volkstheater im Günzburger Forum am Hofgarten. Und das diesjährige Stück „Mei bester Freind“zündete wie eine Neujahrsrakete. In der Hauptrolle glänzte Andreas Kern.
Große Lacher erntete er schon bei seinem ersten Auftritt mit gebücktem Gang und jammerndem Ton. Denn der Bauer Sepp Brumm ist ein echter Hypochonder. Apothekenzeitschriften sind ihm wichtiger als die Bibel. Deshalb schluckt er täglich zahlreiche Tabletten und Herztropfen. Morgens isst er vorsorglich nur Milchkaffee mit eingebrockten Semmeln. Eines Tages glaubt er dann tatsächlich, sein letztes Stündlein habe bald geschlagen. Denn als Doktor Kirschenhofer im Haus ist, um den Blutdruck von Oma Geli zu kontrollieren, belauscht Sepp zufällig ein Telefonat des Arztes mit ei- nem Kollegen. Darin geht es um Werte und darum, dass der Zug schon abgefahren sei. Sepp bezieht dies irrtümlich auf seine Blutwerte, die der Doktor aktuell untersucht.
Da jetzt eh schon alles wurscht ist, isst Sepp am nächsten Tag zum Frühstück eine große Portion Bier- schinken. Aber er beginnt auch mit ernsthaften Planungen für die Zeit nach seinem Tod. Er bestellt seinen besten Freund Willi zu sich, der ihm dabei helfen soll, sein Testament aufzusetzen. Willi soll den Hof erben. Außerdem macht sich Sepp Gedanken, wer seine Stelle an der Seite seiner Ehefrau Anna übernehmen könnte. Diese Rolle sieht er zunächst auch bei Willi, aber dann disponiert er um. Denn Annas alte Jugendliebe, der Reitlehrer Freddy, ist auf dem Hof der Brumms zu Besuch. Also bricht Sepp einen Streit vom Zaun, um Anna in dessen Arme zu treiben. Außerdem bestellt Sepp vorsorglich einen Bestatter, um seine Begräbnisfeierlichkeiten zu Lebzeiten zu regeln. Der Unternehmer will Sepp die neuesten Trends der Münchner Schickeria schmackhaft machen. Zum Glück für Sepp und Anna kann der Doktor das Missverständnis um Sepps Gesundheit noch rechtzeitig aufklären. Doch nicht nur der Hauptdarsteller Andreas Kern trägt das Stück, auch die Nebenrollen sind gut besetzt. Der Bestatter Balthasar Kramer (Flo Bauer) ist ein aalglatter Geschäftsmann mit geölter Höflichkeit in der Stimme. Er scheut nicht den Versuch, sich bei Doktor Kir- schenhofer nach potenziellen neuen Kunden zu erkundigen. Seinen Freund Willi (Markus Neumaier) bringt Sepp mit der Rolle als Hoferbe in die Bredouille. Hilflos grübelt der Gastwirt über den Formularen zur EU-Förderung und den Unterlagen aus einem Gerichtsverfahren über ein Wegerecht. Eine Gegenfigur zum Hypochonder Sepp ist seine Mutter Geli. Die hat auch im Alter noch Freude am Leben, treibt die Kühe auf ihrem Quad zusammen und fährt mit dem Doktor Motorrad.
Mit der rüstigen Alten spielt Kathi Leitner nach ihrem eigenen Bekunden sich selber. Der Arzt Dr. Kirschenhofer hat große Mühe, Sepp davon zu überzeugen, dass die ganze Tablettenschluckerei nichts bringe. Dessen Darsteller Bernd Helfrich ist auch der Autor des Stückes. Alle Mitwirkenden werden vom Publikum mit tosendem Applaus verabschiedet.