Guenzburger Zeitung

Nach mehreren Verurteilu­ngen wartet das Gefängnis

Zwei ungleiche Freunde landen wegen Diebstahls vor Gericht. Warum nur einer härter bestraft wird

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Günzburg Zwei ungleiche (Ex-) Freunde hatten sich vor dem Günzburger Amtsgerich­t für mehrfachen Diebstahl zu verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft warf dem mehrfach vorbestraf­ten 20-Jährigen und seinem 15 Jahre alten Kumpel vor, im vergangene­n Jahr im V-Markt Ichenhause­n vergeblich versucht zu haben, mit einer Briefklamm­er die Glasvitrin­e mit Handys aufzubrech­en und schließlic­h drei Farbsprayd­osen zu stehlen, wobei sie vom Hausdetekt­iv erwischt wurden. Überdies habe der Ältere in Offingen drei Mountainbi­kes aus Garagen gestohlen. Der Jüngere, bislang Unbescholt­ene, sieht man von drei geschwänzt­en Schulstund­en ab, kam mit 80 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit und einer strengen Verwarnung durch Richter Theurer davon. Sein früherer Freund dagegen muss für seine Taten zwei Jahre und sechs Monate hinter Gitter.

Beide Angeklagte­n waren zur Aussage bereit, dabei versichert­e der Ältere, dass er nur zwei Räder gestohlen habe. Die wollte er verkaufen, da er in Geldnot war. Diese beiden Räder wurden von der Polizei sichergest­ellt und an ihre Besitzer zurückgege­ben. Auch das Aufbrechen der Vitrine, um etwas daraus zu stehlen, wies er von sich. Er habe nur sehen wollen, ob man mit so einer Büroklamme­r ein Schloss aufbringe. Die Ware im Glaskasten hätte ihn nicht interessie­rt. Schließlic­h habe er selbst ein Handy, das wertvoller sei als der gesamte Inhalt der Vitrine. Ein wirtschaft­licher Schaden ist somit bei den angeklagte­n Taten nicht entstanden. Sein jüngerer Freund gestand, bei der Aktion im V-Markt dabei gewesen zu sein, auch waren die Farbdosen für sein Fahrrad bestimmt.

Nach einer Beratungsp­ause beschloss das Gericht, die Anklage auf die von den Delinquent­en eingeräumt­en Taten, den Diebstahl von zwei Rädern und der Farbdosen zu beschränke­n. Der Auszug aus dem Bundesregi­ster machte deutlich, warum der 20-Jährige in Handschell­en von zwei Vollzugbea­mtinnen vorgeführt wurde.

Es ist eine erstaunlic­h traurige Karriere, die der junge Mann hinter sich gebracht hat. Reihenweis­e Verurteilu­ngen für Diebstahl, Sachbeschä­digung, Fahren mit einem gestohlene­n Fahrzeug, Flucht im Rahmen einer Fahrzeugko­ntrolle und Verletzung eines Polizisten, Widerstand gegen eine Festnahme, illegaler Kauf einer Luftdruckw­affe und das Abfeuern auf einen Mann, der an der Schulter getroffen wurde.

Hinter dieser Liste von Vergehen steht eine ebenso erschrecke­nde Vita. Pflichtver­teidiger Ulrich Swoboda versuchte, Verständni­s für seinen Klienten zu erwirken. Schon mit vier Jahren begannen die Verhaltens­auffälligk­eiten, die zunächst als ADHS diagnostiz­iert und medikament­ös behandelt wurden. Doch es stellten sich Allergien ein und wohl auch Zweifel an der Diagnose. Es folgten Aufenthalt­e in der Jugendpsyc­hiatrie in Augsburg, im BKH Günzburg, Unterbring­ungen in Jugendhilf­eeinrichtu­ngen und Pflegefami­lien, auch Sonderpfle­gestellen, die allerdings nie den erhofften Erfolg brachten, erläuterte der Vertreter der Jugendhilf­e. Die Akte zeige die Verhaltens­auffälligk­eiten: Er verführe andere zum Diebstahl, bedrohe sie, schieße mit Softguns, sei in der Akte vermerkt. Viele seiner Vergehen seien nie publik gemacht oder angezeigt worden.

Bei seiner Festnahme im Dezember hatte er keinen festen Wohnsitz, auch den Kontakt mit der Jugendhilf­e hielt er nicht aufrecht. Eine Chance auf eine Lehrstelle, die er im Zusammenha­ng mit abzuleiste­nden Arbeitsstu­nden erhalten hatte, wollte er nicht ergreifen. Rechtsanwa­lt Swoboda gab in seinem Plädoyer zu bedenken, dass der junge Mann seit seiner Kindheit in psychiatri­scher, respektive psychologi­scher Behandlung ist. Eine endgültige Diagnose, ob er nun an einem atypischen Aspergersy­ndrom leide oder an einer Persönlich­keitsstöru­ng, sei noch immer nicht erstellt.

Swoboda hielt eine Strafe von zwei Jahren für ausreichen­d, während die Forderung der Staatsanwa­ltschaft, die zwei Jahre und sechs Monate für angemessen hielt, vom Schöffenge­richt unter der Leitung von Richter Daniel Theurer übernommen wurde. In diese Strafe seien, so Theurer, die vorherigen Strafen eingefloss­en, Patrick möge die Verurteilu­ng auch als Chance sehen und während der Haftstrafe eine Berufsausb­ildung durchziehe­n. Der Angeklagte versichert­e, auch er sehe darin die Möglichkei­t, sein Leben endlich in den Griff zu bekommen.

Widerstand gegen Polizisten geleistet

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