„Diese Momente gehen an uns nicht spurlos vorbei“
Die Kommandanten der Feuerwehren Riedheim und Leipheim sprechen über schwere Einsätze, wie stark diese belasten, was ihr Ehrenamt so anspruchsvoll macht
Die Kommandanten aus Leipheim und Riedheim erzählen, wie stark schwere Einsätze die Rettungskräfte belasten.
Leipheim Es sind Bilder, die man so schnell nicht vergisst: Blaulicht in stockfinsterer Nacht, Trümmerteile auf der Straße, zwei zerstörte Autos und ein Rettungshubschrauber, der auf der A8 gerade in die Luft steigt. Es sind Bilder von einem Unfall, der Ende November 2017 passiert ist. Ein Geisterfahrer war in einen Wagen gerast, ein Mann starb. Beim Neujahrsempfang der Stadt Leipheim zeigte der Kommandant der Leipheimer Feuerwehr, Martin Schmitz, ein Video des Einsatzes. „Das sind Bilder, die man sich nicht vorstellen kann.“Die Kommandanten der Feuerwehren aus Leipheim und Riedheim sollten beim Neujahrsempfang von ihrem Alltag berichten, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben und wie sie die schrecklichen Erlebnisse verarbeiten.
Es war kurz vor halb sechs Uhr morgens, als der Alarm ihn an diesem frühen Morgen aus dem Schlaf riss, erzählte Schmitz beim Neujahrsempfang über den Einsatz Ende November. Sechs Minuten später waren er und seine Frau, eine gelernte Krankenschwester, vor Ort. Zuvor mussten sie sich allerdings erst zum Unfallort vorkämpfen, wie er sagte – die Rettungsgasse fehlte. Außer ihnen war bis dahin nur eine Polizeistreife da.
„Die Einsatzstelle war 600 Meter lang“, erinnerte sich Schmitz. „Es waren zwölf Ersthelfer vor Ort.“Und alle wollten seine Hilfe. „Ich musste in kurzer Zeit Entscheidungen treffen.“Stockend fügt er hinzu: „Diesmal waren wir nicht schnell genug.“Für einen Autofahrer kam jede Hilfe zu spät. Er starb noch an der Unfallstelle. „Diese Einsätze belasten uns schwer. Länger, als uns lieb ist“, gab Schmitz zu. „Diese Momente gehen an uns nicht spurlos vorbei.“Sieben Mal, so erzählte Schmitz, war die Feuerwehr Leipheim „nicht schnell genug“. Das müssen die Einsatzkräfte erst einmal verarbeiten, sagt der Kommandant.
115 Mal waren die Feuerwehren aus Riedheim und Leipheim im vergangnen Jahr im Einsatz – insgesamt kamen so 3262 Einsatzstunden zu- sammen. Hinzu kamen 79 Übungen. „Da bleibt nicht viel Freizeit“, sagte Schmitz.
Das kann auch der Kommandant der Riedheimer Feuerwehr, Manfred Balkheimer, bestätigen. Er erzählte, mit welchen Vorurteilen die ehrenamtlichen Feuerwehrfrauen und -männer zu kämpfen haben. Das seien doch die, die immer von der Arbeit weg müssen, wenn die Sirene heult. Die, die sich die Nächte um die Ohren schlagen, und am nächsten Tag nicht 100 Prozent in der Arbeit geben können. Die, die nachts mit Blaulicht durch die Orte rasen. „Wir kennen keinen Feierabend und keinen Urlaub. Sobald die Sirene heult, rennt man – egal wann“, machte Balkheimer klar. Das sei eine Belastung für die Familien und für die Arbeitgeber, gab der Feuerwehrkommandant auch zu. Aber, so betonte er ausdrücklich: „Wir machen das ja nicht, weil es uns Spaß macht, sondern weil andere unsere Hilfe brauchen.“
Sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr zu engagieren sei ein anspruchsvolles Hobby. In jeglicher Hinsicht: Man wird nachts aus dem Bett gerissen, wenig Freizeit, nicht zu vergessen die psychische Belastung, wenn Schwerstverletzten nicht mehr geholfen werden kann. Dennoch mache er es gerne. Nach 35 aktiven Dienstjahren bei der Feuerwehr sei es für ihn immer noch die größte Freude, wenn „junge Leute sich für diesen ehrenamtlichen Dienst melden“.
Der Leipheimer Bürgermeister Christian Konrad erklärte, warum es aus seiner Sicht so wichtig war, dass die beiden Feuerwehrkommandanten beim Neujahrsempfang sprechen sollten. „Die Hilfskräfte der Feuerwehr, des Roten Kreuzes, der DLRG und des THW stehen das ganze Jahr über bereit, zu allen Tagesund Nachtzeiten.“Doch immer häufiger müssten sich die Einsatzkräfte in letzter Zeit Beleidigungen und Bedrohungen anhören. „Das Engagement wird von vielen als selbstverständlich angesehen, das ist es aber nicht“, betonte Konrad. Martin Schmitz sagte: „Uns muss niemand Danke sagen. Uns darf nur niemand im Weg stehen.“