Die bunteste Versuchung
Ich konnte mich gerade noch beherrschen, als ich am Wochenende den Baumarkt betrat. Primeln in den buntesten Farben waren im Angebot – sie standen draußen vor dem Eingang und strahlten gegen das trübe Grau-Braun ihrer Umgebung an. Daneben standen Dutzende Töpfe voller Grün: Narzissen, die nur noch einen kleinen Wachstumsschub bräuchten, um dann in schönstem Gelb und Orange zu erblühen. Auch im Supermarkt und bei der Gärtnerei, an der ich regelmäßig vorbeikomme, lachen sie mich schon an: Tulpen und andere Frühlingsblüher in den fröhlichsten Farben. „Du willst mich doch“, flüstern sie leise in meine Richtung. „Viel lieber als den Winter!“Und manche schreien geradezu: „Kauf mich, ich bringe dir den Frühling nach Hause!“
Noch kann ich mich beherrschen. Noch erhellt der bunt geschmückte Christbaum mit seinen leuchtenden Kerzen das derzeitige Grau dieses Winters, der irgendwie kein richtiger ist. Doch die Tannen-Tage sind gezählt. Und dann werde ich nicht mehr so achtlos an Primeln, Narzissen und Tulpen vorbeigehen können. Aber sei’s drum, auch im Januar. Ganz nach dem Motto: Früh, früher, Frühling!