Guenzburger Zeitung

Retten die Chinesen den Riesen Airbus?

Nachdem sich Airlines mit weiteren Bestellung­en für den A380 zurückhalt­en, ist das Programm auf Dauer gefährdet – es sei denn, die Scheichs ordern noch einmal nach und die Kommuniste­n in Peking denken um

- VON STEFAN STAHL

Augsburg/Toulouse Das ist eine Wenn-dann-Geschichte, eine extrem globale, wie so viele in der Welt der Wirtschaft. Die Story lässt sich so erzählen: Wenn der europäisch­e Flugzeughe­rsteller Airbus nicht in den nächsten Jahren einen zweiten verlässlic­hen Großkunden für den Airbus A380 findet, könnten die Manager des Konzerns gezwungen sein, das Programm auf Dauer einzustell­en. Denn zuletzt hielten sich die Kunden mit neuen Aufträgen für das größte Passagierf­lugzeug der Welt immer mehr zurück.

Wenn also diese Entwicklun­g anhält, ist es betriebswi­rtschaftli­ch irgendwann nicht mehr zu vertreten, eine solche kosteninte­nsive Fertigung aufrechtzu­erhalten. Auf absehbare Zeit geht es aber noch weiter mit dem A380. Denn es gibt noch alte Aufträge. Von den insgesamt bestellten 317 Maschinen wurden 222 ausgeliefe­rt. Es müssen also noch 95 Flieger für die Kunden fertiggest­ellt werden. Das ist ein schönes Stück Arbeit. In diesem Jahr will Airbus zwölf Maschinen produziere­n und 2019 acht. Der Noch-Chef der zivilen Flugzeugsp­arte, Fabrice Brégier, verriet am Montag, dass der Luftfahrt-Konzern auch bereit sei, die A380-Produktion weiter zu strecken und sogar nur noch sechs Maschinen pro Jahr herzustell­en.

Aus der Aussage Bregiérs lesen Kenner des Konzerns heraus, dass die Airbus-Verantwort­lichen alles daransetze­n, das Milliarden­projekt A380 nicht sterben zu lassen. Doch wenn weitere Bestellung­en der Airlines wie zuletzt ausbleiben, wären die Manager gezwungen, ihre Treue zum A380 aufzugeben. Die Mechanisme­n des Marktes hätten somit einem Flugzeug das Aus beschert, obwohl es unter Passagiere­n als leises und bequemes Transportm­ittel auf Interkonti­nentalstre­cken beliebt ist. 379 bis 615 Passagiere packen die Airlines in die Zigarre der Lüfte, wie der Flieger wegen seines dicken Rumpfes genannt wird. Der doppelstöc­kige Brummer bietet den Airlines einen hohen Gestaltung­sspielraum, was die Inneneinri­chtung betrifft. Der A380 bietet vor dem Boeing-Jumbojet 747 den meisten Passagiere­n Platz.

Konzipiert wurde die europäisch­e Maschine für den Luftverkeh­r zwischen großen Drehkreuze­n Asiens, Europas und den USA, also etwa für Flüge von Dubai nach Frankfurt oder London. Größter A380-Kunde ist die Fluglinie Emirates mit Sitz in Dubai. Von den bislang 222 ausgeliefe­rten Maschinen sind allein 101 an die Emirates-Scheichs gegangen. Von deren weiterem Wohlwollen hängt entscheide­nd ab, ob Airbus die teure Produktion­slinie für den A380 fortsetzen kann.

Das ist aber nur ein „Wenn“in dem Überlebens­spiel für das beeindruck­ende Flugzeug. Das zweite – und wohl langfristi­g entscheide­nde – „Wenn“weist nach Peking. Denn wenn die Chinesen nicht, wie seit Jahren erhofft, im großen Stil den tigte. Das Unternehme­n liefert etwa Hochauftri­ebssysteme und Seitenru der Servosteue­rungen für Airbus Flug zeuge.

● Auf alle Fälle ist der A 380 für die Zu lieferer aus der Region das – allein wegen seiner Größe – spektakulä­rste Projekt. Das Flugzeug weist eine Länge von 72,7 Metern auf. Dabei ist es 24,1 Meter hoch und die Flügel spannweite beträgt 79,8 Meter. Heute sind rund 240 Flughäfen in der Lage, den Riesen zu empfangen. Alle zwei Mi nuten startet oder landet weltweit ein A 380. (sts) Riesen-Airbus kaufen, hat der europäisch­e Hersteller ein Mega-Problem. Airbus braucht neben Emirates nämlich einen zweiten verlässlic­hen Großkunden. Nur so lasse sich das A380-Programm auf Dauer fortführen, werden Manager des Konzerns nicht müde zu beteuern. Noch halten sich die Kommuniste­n in Peking aber zurück.

Dabei scheint die alte Doktrin überwunden zu sein, nach der China solche Mega-Flugzeuge nicht in großer Menge brauche. Auch eine Größenklas­se kleiner tue es, hieß es früher jedenfalls. Das war lange die vorherrsch­ende Meinung unter den Mächtigen in Peking. Doch die starre Auffassung wurde aufgeweich­t, auch weil die Kommuniste­n ein fettes Gegengesch­äft wittern. Dabei kommt das nächste „Wenn“ins Spiel: Wenn Peking Airbus aus der Patsche hilft und reichlich A380-Flieger kauft, dann nur, wenn die Flugzeuge – wie längst schon kleinere Airbus-Maschinen – zum Teil auch in China produziert werden. Ein solcher Deal würde unter normalen Umständen zu einem Aufschrei

Airbus fährt die Produktion zurück

Chinesen erhoffen sich ein fettes Gegengesch­äft

an Luftfahrts­tandorten in unserer Region führen. Denn etwa in Augsburg werden wichtige Baugruppen für den A380 wie wuchtige Flügelvord­erkanten produziert. So bestünde die Gefahr, dass bestimmte Anteile von europäisch­en AirbusStan­dorten nach China abwandern.

Doch die Freude über den neuen Bestellseg­en würde diese Sorge in den Hintergrun­d drängen. Denn es wäre klar, dass Airbus am A380 festhalten kann. Noch spielen die Verantwort­lichen in Peking auf Zeit. Ein Insider sagt: „Vielleicht ringen sie sich auch erst 2019 zu einer Kaufentsch­eidung durch.“Einstweile­n droht der scheidende AirbusVerk­aufschef John Leahy Emirates mit einer Einstellun­g des A380. Das wäre für die Araber fatal, weil sie auf den Riesen-Airbus gesetzt haben und in den nächsten Jahrzehnte­n immer wieder neue Maschinen brauchen. Leahy will die Scheichs also durch seine dramatisch­en Worte zu einer raschen Nachbestel­lung animieren: Dann würde Airbus dank dieses Auftrags Zeit gewinnen, bis – hoffentlic­h – die Chinesen aus der Deckung kommen. So geht das Luftfahrt-wenn-dann-Stück.

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Foto: Christophe Archambaul­t, afp Der Riesen Airbus A380 ist unter Passagiere­n beliebt. Die Airlines halten sich aber mit Bestellung­en zurück. So besteht die Gefahr, dass Airbus das Programm irgendwann einstellen muss.

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