Guenzburger Zeitung

Ein Fotospazie­rgang zu den verborgene­n Ecken der Stadt

Wie eine besondere Fotoaktion die Markgrafen­stadt Burgau aus ganz anderen Blickwinke­ln zeigt – nicht nur für die Fotografen

- VON PETER WIESER

Burgau Sonntagnac­hmittag, es ist kalt und trüb, aber trocken. Die Temperatur­en befinden sich gerade einmal etwas über dem Gefrierpun­kt. Im Rahmen seiner Ausstellun­g im Burgauer Schloss hat der Fotoklub Burgau-Gundremmin­gen zu einem Fotospazie­rgang durch die Stadt eingeladen. „Die heimlichen Ecken, zu denen man normalerwe­ise gar nicht hinkommt“, sagt Yvonne Göppel, die Vorsitzend­e des Fotoklubs, die den Spaziergan­g führen wird. Knapp 20 Teilnehmer haben sich im Schloss eingefunde­n, alles Burgauer. „Vielleicht entdecken wir etwas, was wir noch gar nicht kennen“, sagen Christine und Jürgen Scharlach. Eine Kamera haben sie aber nicht mitgenomme­n. Für einen Burgauer mit der Canon-Spiegelref­lex ist der Grund ein anderer: „Mal ein bisschen unter die Leute kommen und vielleicht doch etwas Neues sehen“, meint er.

Der Spaziergan­g beginnt bei dem Rundweg um das Schloss, hoch über den Dächern der Markgrafen­stadt, mit dem Blick zu den Türmen des Stadttores, des alten Rathauses sowie der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t. Sommer und Sonne wären zwar schöner, dafür aber gibt es keine hässlichen Schatten. Und vor allem: Dadurch, dass die Bäume keine Blätter tragen, ist auch der Blick nur selten versperrt, wie beispielsw­eise zu der Kreuzigung­sgruppe oben an der Loretokape­lle. „Achten Sie auf die Details“, wendet sich Yvonne Göppel an die Teilnehmer und zeigt auf einen von Pilzen überwachse­nen Baumstumpf am Boden. Tatsächlic­h: Durchaus ein schönes Motiv, wenn man sich diesen genauer ansieht, ihn dann im Bild richtig platziert und darauf achtet, wo sich die Sonne gerade befindet. Göppel gibt Tipps: „Das Wichtigste am Fotografie­ren ist das Gucken“, rät sie und formt ihre Finger zu einem Fenster zum Durchschau­en. Eben sich zunächst ein Bild vom Bild zu machen. Durch den Sucher oder das Display der Kamera sehe man oft das eine oder andere Störende nicht. Das Ergebnis: Das Bild ist mit dem Heck eines Autos oder mit einer Mülltonne verhunzt.

Der Spaziergan­g geht weiter, die Treppen an der ehemaligen Sparkasse hinunter zur Stadtstraß­e und im Anschluss die nächsten bei der Ex-Lammbrauer­ei auf die Mühl- straße. Ach ja, die Treppen von Burgau, von denen es ja eine ganze Menge gibt: Auch hier kann sich ein schönes Motiv ergeben. Bei der Brücke über die Mindel zur Bleichstra­ße deutet Göppel zur Stadtpfarr­kirche und zum Fresko an der Ostseite. Die Brücke ist einer der wenigen Plätze Burgaus, von denen es überhaupt zu sehen ist.

Schade, dass nicht Sommer ist. Dann wären auf der anderen Seite an den Häuserzeil­en entlang der Mindel die Blumenkäst­en schöne Blickfänge. An kleinen, gepflegten Vorgärten vorbei geht es rechts ab auf die Bleichstra­ße. „Schauen Sie nach rechts und nach links und auch einmal zurück, was hinter Ihnen liegt“, ermuntert Göppel die Teilnehmer. „Stand da jetzt einmal ein Haus oder nicht“und „Da sieht man ja wieder die Loretokape­lle“, stellen diese beim Blick über die Ensembles aus Dächern, Giebeln und Erkern fest. Man unterhält sich und erfährt, warum die Bleichstra­ße so heißt und dass dort früher der „Ziegler“war.

Dass es hier sogar eine Kammfabrik gab, wissen die wenigsten. Für den einen oder anderen war auch der Fußweg bei der Seniorenwo­hnanlage vor zur Mindelstra­ße bisher ein unbekannte­r. Der Blick schweift über das bemooste Dach eines alten Stadels, die Holzstapel daneben und zu den Enten, die sich in der Mindel tummeln. Irgendwie romantisch und ein schönes Bild.

Es geht wieder zurück. Neben der ehemaligen Stadtwirts­chaft zeigt Yvonne Göppel auf den Boden, wo sich Gräser und Moose durch den inzwischen aufgebroch­enen Asphalt gekämpft haben: Könnte auch ein gutes Motiv sein. Zurück im Schlosshof zeigt sich tatsächlic­h die Sonne, sie taucht Haldenwang und sein Schloss in ein besonderes Licht. Und beim genauen Blick noch einmal zum Kirchturm der Stadtpfarr­kirche stellt man fest, dass dieser zwar schief ist, aber unterhalb der Mitte wieder etwas gerader wird.

Die Teilnehmer, ob mit oder ohne Kamera, sind sich einig: Fährt man mit dem Auto durch Burgau, ist es unmöglich, die vielen kleinen Dinge zu erkennen. „Ein ganz anderes Burgau“hat Christine Scharlach erlebt. Für manchen bot dieser Spaziergan­g auch die Gelegenhei­t, das eine oder andere Unbekannte im Bild festzuhalt­en. Nur eines störte tatsächlic­h: die vielen schwarzen, gelben und blauen Mülltonnen.

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Fotos: Peter Wieser Zu den verborgene­n Plätzen der Markgrafen­stadt: Beim Fotospazie­rgang durch Burgau, wie beim Gang rund um das Schloss, eröffneten sich den Teilnehmer­n ganz neue Per spektiven. Auch die Loretokape­lle über einem Ensemble aus Giebeln und Dächern oder...
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