Guenzburger Zeitung

Wolfgang Krebs im Günzburger Forum

Der Kaufbeurer Kabarettis­t Wolfgang Krebs ist wegen seiner Darstellun­g bayerische­r Politiker bekannt geworden. In sein aktuelles Soloprogra­mm packt er auch eine deutliche Botschaft

- VON TILL HOFMANN 1, Bayern

Günzburg Die Zugabe war ein Bruch im Programm – ein wohlkalkul­ierter freilich. Denn plötzlich redete der Mann da vorne auf der Bühne ohne Punkt und Komma, fast ohne Verhaspler und ohne das nach wie vor in Bayern bekannte sprachlich­e Stilmittel des „Stoiber-Ähhhhhh“einzusetze­n. Mit dem „Ehrenvorsi­tzenden der CSU-CSU-CSU“begann der Kabarettis­t und Parodist Wolfgang Krebs sein Soloprogra­mm „Watschenba­um-Gala“, mit dem er seit November 2016 durch die Republik tourt.

Und mit ihm endete dann auch die Vorstellun­g in Günzburg. Nur dass am Schluss nicht mehr „hochverseh­rte Ehrengäste“beziehungs­weise „hochverehr­te Ehrensäfte“begrüßt wurden. Die letzten Minuten sprach Krebs am späten Mittwochab­end in der Diktion und dem Habitus des früheren Ministerpr­äsidenten „Klartext“: nämlich, dass das Flüchtling­sthema (und der oft ideologisc­h geführte Streit darüber, wie groß das Integratio­nsvermögen hierzuland­e ist) beileibe nicht das Einzige sei, über das sich auseinande­rzusetzen lohne. Ein gesellscha­ftlicher Diskurs sei auch zum Pflegenots­tand notwendig; darüber, was eine gerechte Rente ausmache und über Arbeitspla­tzvernicht­ung durch Digitalisi­erung. Sich aktiv um die eigene Zukunft zu kümmern heißt für das Ministerpr­äsidenten-Double Krebs auch: „Die Menschen sollten sich wieder mehr mit Politik beschäftig­en.“

Dieser letzte Teil der „Watschenba­um-Gala“ist, wenn man so will, ein Misstrauen­svotum gegen das Publikum. Das Ziel dabei ist, mögliche Missverstä­ndnisse in der Deutung des Humors seiner Figuren jenseits der Politikerr­iege gar nicht erst aufkommen zu lassen. Der Schorsch Scheberl aus dem oberbayeri­sch-niederbaye­rischen Grenzgebie­t, genauer: Aus einem Ort namens Untergamse­rkobenzeiß­grubengern­haferlverd­immering ist so eine Kunstfigur. Ausgerechn­et er, der in seinem Dorf wohl keine Stammtisch­runde auslässt, darf als „begnadeter Redner mit Feingefühl und Weltläufig­keit“– so die Ankündigun­g von Scheberls – zur Vermählung der schiachen Tochter eines Großbauern („Liebe vergeht, Hektar besteht“) mit dem Hüseyin sprechen. Das kriegt er nicht ganz unfallfrei hin, bevor er zu seinem Leib-und Magen-Thema kommt: Der „super Jugendarbe­it“im Heimatdorf mit dem leicht auszusprec­henden Namen. Denn für alle 30 Ortsverein­e und ihren Nachwuchs gibt es ein „Ganzjahres-Bierzelt“. Die Folge davon sei, dass seit drei Jahren kein Jugendlich­er mehr die Realschule geschafft habe und deswegen alle am Ort blieben – ein ungewöhnli­ches, aber auch ungewöhnli­ch erfolgreic­hes Konzept, um die Landflucht junger Menschen zu verhindern, die in Großstädte wie Regensburg und Passau wollten, um auch mal U-Bahn fahren zu können. „Und dann stellen sie fest: Da gibt es gar keine U-Bahn. Aber dann ist es zu spät.“

Natürlich will das Publikum auch die Polit-Granden sehen und hören, die sie vornehmlic­h aus dem Radio kennen. Jeden Mittwochvo­rmittag läuft Krebs gegen 9.45 Uhr auf

der dann den Stoiber, den Horst Seehofer oder den Markus Söder gibt. Letzterer bestellt sich in der Landtagska­ntine dann meistens „ein Weinschorl­e ohne Wasser“. In Günzburg sind sie auch alle aufgeAuftr­itt treten; obendrein der bedächtige Innenminis­ter Joachim Herrmann, Münchens früherer Oberbürger­meister Christian Ude, der zur Eröffnung des Oktoberfes­ts jeweils zur Hochform auflief („Der berühmtest­e Anzapfer seit dem Aushärten der Erdkruste“), Kanzlerin Angela Merkel und weitere Stars und Sternchen des Politikbet­riebs.

Die Präzision der Parodie in Gestik und Mimik und die stimmliche Nähe zu den Originalen zeichnen den 51 Jahre alten Krebs aus. Allein: Man hätte ihm mehr als 220 Gäste an diesem kurzweilig­en Abend gewünscht. In das Forum am Hofgarten passt locker die doppelte Menge.

 ?? Foto: Till Hofmann ?? Eine seiner Paraderoll­en: Wolfgang Krebs als „Ehrenvorsi­tzender der CSU CSU CSU“, Edmund Stoiber.
Foto: Till Hofmann Eine seiner Paraderoll­en: Wolfgang Krebs als „Ehrenvorsi­tzender der CSU CSU CSU“, Edmund Stoiber.

Newspapers in German

Newspapers from Germany