Es geht was auf dem Arbeitsmarkt
Im Kreis war die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit mindestens 30 Jahren nicht mehr. Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen sind 2017 auf ein Rekordniveau gestiegen. Diese guten Nachrichten lösen aber auch Sorgen aus
Günzburg Wenn der Arbeitsmarkt im Landkreis Günzburg ein Schüler wäre, dann wäre er ein Musterschüler: „Sehr gut“habe er sich im Jahr 2017 entwickelt, sagt Richard Paul, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Donauwörth. Die Agentur ist für die vier schwäbischen Landkreise Günzburg, NeuUlm, Dillingen und Donau-Ries zuständig. Im Kreis Günzburg hat die durchschnittliche Arbeitslosenquote im vergangenen Jahr 2,2 Prozent betragen. Damit ist der Wert des Jahres davor (2,5 Prozent) noch getoppt worden. Absolut ausgedrückt bedeutet das: Die monatliche durchschnittliche Arbeitslosenzahl lag 2017 bei 1573 Personen und damit um 179 Betroffene geringer als noch 2016 – ein Rückgang der Arbeitslosigkeit um 10,2 Prozentpunkte.
Fast ebenso hoch wie die Zahl der Arbeitssuchenden war die Zahl der offenen Stellen im Jahresdurchschnitt. Von 1400 Angeboten sprach Paul beim Besuch unserer Redaktion.
Zwei Fehler dürfen bei allen diesen Zahlen freilich nicht gemacht werden: Zum einen zu glauben, dass es einfach wäre, die Arbeitslosen und die offenen Stellen zueinander zu bringen. Anforderungen der unbesetzten Arbeitsplätze und Fähigkeiten möglicher Bewerber passen beispielsweise häufig nicht oder nur schlecht zusammen.
Zum anderen sind die knapp 1600 Arbeitslosen in der Region nur ein monatlicher Durchschnittswert. „Von Arbeitslosigkeit sind auch im Landkreis Günzburg über das Jahr viel mehr Menschen unmittelbar betroffen“, sagt Paul. im Laufe des gesamten Jahres 2017 haben sich im Landkreis Günzburg 7276 Personen neu bei der Agentur oder im Jobcenter arbeitslos gemeldet. 7528 Männer und Frauen beendeten dagegen ihre Arbeitslosigkeit.
Von der guten Arbeitsmarktsituation profitieren nach den Anga- der Agentur für Arbeit viele Arbeitslose, die verschiedenen Personenkreisen zugerechnet werden – allerdings unterschiedlich stark.
● Jüngere Arbeitslose (unter 25 Jahren): Durchschnittlich waren im vergangenen Jahr 173 Personen ohne Arbeit, 2016 waren es noch 203 Jugendliche und junge Erwachsene. Das entspricht einem überdurchschnittlichen Rückgang von 15 Prozentpunkten.
● Langzeitarbeitslose (mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung) waren es 356 in der Region – und damit 36 Personen weniger. Das ist ein Rückgang von 9,3 Prozentpunkten.
● Ausländer Auch hier ist die Anzahl der Personen ohne Arbeit auf 433 zurückgegangen (minus 2,4 Prozentpunkte).
● Hartz IV Empfänger Die Arbeitslosigkeit in der Grundsicherung sank im Jahr 2017 um einen überdurchschnittlichen Wert von 15,6 Prozentpunkten. Von den 1573 arben beitslos gemeldeten Menschen waren 570 beim Jobcenter Günzburg, was gegenüber dem vorvergangenen Jahr einem Sinken um 105 Arbeitslose entspricht (minus 15,6 Prozentpunkte).
Auf Rekordniveau befindet sich derzeit die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (51099 entsprechende Beschäftigungsverhältnisse zur Jahresmitte 2017). Zehn Jahre zuvor waren es noch 8000 Stellen weniger. Gut ein Viertel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (27,6 Prozent) arbeitet in Teilzeit. Ganz erheblich zum Beschäftigungszuwachs haben Zuwanderer aus ost- und südosteuropäischen Ländern (Rumänien, Polen, Kroatien) beigetragen. Sie machen gut die Hälfte des Anstiegs aus. Diese Entwicklung hat nichts mit Flüchtlingsströmen zu tun, sondern mit der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union.
Die Vollbeschäftigung hat aber auch Schattenseiten: Für Arbeitgeber wird es immer schwieriger, geeignete und qualifizierte Kandidaten für freie Stellen zu finden. Besonders betroffen ist etwa der Lagerbereich, das Baugewerbe, Metallund Elektrobereich, Logistik und Verkauf. Eines der Probleme: Unter den Beschäftigten im Landkreis machen die sogenannten Helfer circa 20 Prozent aus. Bei den Arbeitslosen ist die Gruppe der ungelernten Kräfte mit 30 bis 40 Prozent deutlich größer. Arbeitsagenturchef Paul rät den Firmen daher dringend, an diese Arbeitnehmer zu denken und sie weiter zu qualifizieren. „Diese Investition lohnt sich“, sagt er. Eine individuelle Beratung bietet der Arbeitgeberservice telefonisch an (Nummer: 0800 4 5555 20).