Streit um die neue Liga
Vor der Auslosung ist eine Kontroverse über Sinn und Unsinn des Wettbewerbs entbrannt. DFB-Chef Grindel bemüht sich, die Liga-Bosse um Rummenigge zu beruhigen
Lausanne England, Frankreich, Italien oder Holland? Die Aussicht auf attraktive Gegner in der neuen Nations League weckt bei Joachim Löw vor seiner ersten Dienstreise im WM-Jahr schon die Lust auf große Fußball-Festtage. Die Bundesliga-Bosse mit Karl-Heinz Rummenigge als Chef-Kritiker sind auf den Teamwettbewerb für Nationalmannschaften aber gar nicht gut zu sprechen und haben ihr Urteil vor der Auslosung am Mittwoch (12 Uhr) im Convention Center von Lausanne längst gefällt.
„Blödsinn“nannte Hannovers Sportdirektor Horst Heldt das Turnierformat für alle 55 europäischen Nationalmannschaften in vier Staffeln. Alexander Rosen von 1899 Hoffenheim unterstellte der Uefa nur Interessen „finanzieller Natur“. Rummenigge hatte mit seiner spitzzüngigen Fundamental-Schelte die Gegner angeführt. „Wenn es keine Nations League geben würde, dann würde sie wohl auch niemand vermissen“, sagte der Bayern-Boss. „Grundsätzlich“sei er gegen eine „inflationäre Entwicklung von Wettbewerben der Nationalmannschaften“.
DFB-Präsident und Uefa-Vizepräsident Reinhard Grindel versucht intensiv, die Gemüter zu beruhigen. „Durch die Nations League gibt es kein einziges zusätzliches Spiel und es gibt damit auch keine zusätzliche Belastung für unsere Nationalspieler“, versprach der Verbandschef. Ein Pluspunkt laut Grindel: „Mit der Nations League wird ein zusätzlicher sportlicher Anreiz geschaffen. Statt Freundschaftsspielen, in denen es um nichts geht, sehen die Fans einen attraktiven Wettbewerb.“Diese Sichtweise teilt auch Löw, der seine Weltmeister immer auf dem höchsten Niveau herausgefordert sehen will. „Sportlich wollen wir uns immer mit den Top-Teams messen, insofern hätte ich nichts dagegen, wenn wir bei der Auslosung zur Nations League starke Gegner zugelost bekommen“, sagte der DFB-Chefcoach.
Für den Tagestrip nach Lausanne unterbricht der 57-Jährige sogar kurz seine Vorbereitungen für die große Sommermission. „Für mich steht aktuell die WM in Russland im Mittelpunkt aller Planungen.“Grindel blickt aber schon über den nächsten Titelanlauf hinaus und denkt dabei vor allem an die deutsche EM-Bewerbung für 2024. Deutscher Widerstand gegen die Nations League, die besonders kleinen und mittelgroßen Verbänden ordentlich Marketing-Geld in die Kassen spült, käme vor der UefaEntscheidung über den EM-Ausrichter am 28. September einem sportpolitischen Eigentor gleich.
Die wesentlichen Abläufe sind nicht kompliziert. Deutschland spielt in der Staffel A der Nations League von September bis November gegen zwei andere Mannschaften in Hin- und Rückspiel. Mögliche Gegner sind aus Topf 2 England, Frankreich, Italien oder die Schweiz und aus Topf 3 Kroatien, Island, Polen oder die Niederlande. Als Gruppensieger qualifiziert man sich für das Finalturnier mit vier Teams im Juni 2019. Als Gruppendritter müsste man in der nächsten Auflage in der Staffel B antreten.
Dass über den Umweg Nations League das Ticket für die EM 2020 ergattert werden muss, ist für Mesut Özil und Co. ebenfalls fast auszuschließen – zu einfach ist der Weg über die reguläre Qualirunde. Und doch regt sich in der Bundesliga der Protest gegen den noch vom ehemaligen Uefa-Chef Michel Platini erdachten Wettbewerb. „Das alles tut den Vereinen nicht gut. Deswegen halte ich von dem Wettbewerb nichts, weil er zu Lasten der Vereine und zu Lasten der Spieler geht“, moserte Heldt.