Eine Leidenschaft für die Bäume
Bernhard Schmid aus Rettenbach macht aus Holz Kunstobjekte. Den Rohstoff sammelt er in ganz Deutschland. Am Sonntag empfängt er Gäste in Galerie und Werkstatt
Rettenbach Bernhard Schmid und Holz sind zwei Begriffe, die sich nicht trennen lassen. Seit 30 Jahren lebt, denkt und arbeitet der Holzkünstler sowie gelernte Schreiner mit dem faszinierenden Naturmaterial. 1999 kam er aus dem Raum Augsburg nach Rettenbach, wo er sich seither auf die künstlerische, schöpferische Seite der Holzbearbeitung konzentriert. Nun will er sein Jubiläum – vor drei Jahrzehnten hat sich Schmid in Langerringen selbstständig gemacht – mit Freunden, Holzliebhabern, Kunstbegeisterten und Neugierigen feiern.
Am kommenden Sonntagnachmittag, 28. Januar, öffnet er sein Holzhaus an der Silbermannstraße in Rettenbach, empfängt Gäste in der Galerie und in der Werkstatt, zeigt einen bunten Querschnitt durch sein Schaffen. Natürlich steht Schmid auch für Fragen zur Verfügung. Und die werden sicher gestellt werden. Denn die Werke haben zwei Seiten: eine ästhetische, die sich dem Betrachter sofort erschließt, und eine metaphorische, die über den Werktitel und zahlreiche Hintergrundinformationen neue Dimensionen erschließen.
Wer die Kunst von Bernhard Schmid nicht nur genießen, sondern auch verstehen will, muss sich auf das Material und den Künstler einlassen. Schmid sammelt in ganz Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus Bäume. Bäume, die ihren eigenen Charakter, ihr individuelles Schicksal hatten. Kirschbäume, Apfelbäume, Buchen, Exoten, doch ausschließlich Bäume, die nicht die forstwirtschaftlichen Normen erfüllen, sondern Individuen sind. Dank seiner weitgestreuten Kontakte erhält er Baumstämme aus der Stuttgarter Wilhelma, aus Klos- tergärten, aus Privatbesitz. Und wenn sie dann in Rettenbach angekommen sind, ihres Wurzelstocks beraubt und abgestorben, werden sie zu neuem, unerwartetem Leben erweckt. „Ich gehe nicht mit einem Plan an mein Material heran, sondern lass’ mich von ihm leiten. Natürlich habe ich auch manchmal eine Vorstellung, was ich machen möchte, etwa bei der Serie von Kugeln. Bei denen habe ich einen Quader in eine Kugel umgestaltet, diese ausgehöhlt und Teile der Jahresringe entfernt. Aber so ein Projekt geht nur, wenn auch das Holz mitmacht, zu mir spricht. Ich kann dem Material nichts aufzwingen, was nicht in ihm steckt. Und ich muss in mir selbst ruhen, um ihm gerecht werden zu können. Deshalb kann es Jahre dauern, bis ein Werk vollendet ist.“
In Rettenbach erwarten den Besucher kleine Holzbilder, auf Skizzenbücher aufgezogen, Skulpturen mit feiner sorgfältig geölter Oberfläche, teils farbig gefasst, vom handgroßen Objekt bis zur Monumentalstatue. Und ganz neu, auch Bilder von Holzarbeiten, in Glas emailliert und so auch für den Außenbereich tauglich. Es lohnt sich, Zeit mitzubringen am kommenden Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr, denn die Vielfalt von Schmids Arbeiten verlangen vom Betrachter Muse.
Schmid verarbeitet in den Werken auch sein Leben, seine Erfahrungen, seine Brüche, seine Reifeprozesse. Und wenn auch sein individuelles Schicksal, seine seelische Verfassung den Motor für das Kunstwerk darstellen, ist es doch mehr als ein persönliches Statement, das entsteht. Die Objekte sind Zeugen des Lebens. Sie erstehen aus dem Leben eines Baumes und dem eines Menschen und werden im schöpferischen Akt des Künstlers zu allgemeingültigen Aussagen.