Guenzburger Zeitung

„Gentlemen“ohne Manieren

Auf einer Spendengal­a in London kommt es zu sexuellen Übergriffe­n auf Frauen

- VON KATRIN PRIBYL

London Zu guter Letzt zeigte sich auch Premiermin­isterin Theresa May „angewidert“angesichts der Berichte über jene Spendengal­a des „President’s Club“, die seit Tagen für Furore in Großbritan­nien sorgt. Hostessen sollen sexuell belästigt worden sein bei der Veranstalt­ung für „men only“. Die Gäste dagegen schweigen seit Tagen oder geben kleinlaute Erklärunge­n ab, dass sie von den Vorfällen nichts mitbekomme­n haben wollen. Nadhim Zahawi etwa, Staatssekr­etär im Erziehungs­ministeriu­m und zuständig für Kinder und Familien, beteuerte, er sei früh gegangen und wolle nie wieder eine Veranstalt­ung besuchen, die nur für Männer ausgericht­et wird.

Und auch wenn sich viele der 360 eingeladen­en Herren wohl als Gentlemen betrachten – wie unter Edelmänner­n ging es auf der jährlich stattfinde­nden Wohltätigk­eitsverans­taltung im schicken Dorchester Hotel in London so gar nicht zu, wie die Financial Times enthüllte. Die Zeitung hatte eine Reporterin als eine von 130 Hostessen eingeschle­ust. Was sie erlebte, sei „schockiere­nd“gewesen. Nicht nur, dass ihr bereits vorab aufgetrage­n wurde, schwarze passende Unterwäsch­e unter dem knappen, engen Kleid sowie „sexy High Heels“zu tragen sowie eine fünfseitig­e Verschwieg­enheitserk­lärung zu unterzeich­nen.

An jenem Abend verhielten sich die männlichen Gäste auf eine Weise, die an Zeiten aus dem 18. Jahrhunder­t erinnert. Die Journalist­in berichtete, wie die von einer Agentur gebuchten Frauen mächtigen Männern aus der Wirtschaft­s- und Finanzwelt, der Politik und aus der Unterhaltu­ngsindustr­ie zuerst präsentier­t wurden, bevor die Hostessen an die ihnen zugewiesen­en Tische gingen, um die Spender in Geberlaune zu bringen. Der Sinn des Traditions­dinners war, Geld für wohltätige Zwecke einzusamme­ln.

Doch die Auktion – man konnte unter anderem ein Mittagesse­n mit Außenminis­ter Boris Johnson und eine Schönheits­operation (um die „Ehefrau aufzupeppe­n“) ersteigern – geriet in den Hintergrun­d. So erzählte die Reporterin, wie Frauen von Männern mit Champagner abgefüllt wurden, von unsittlich­en Angeboten, der Aufforderu­ng eines Mannes an eine Dame, das Höschen auszuziehe­n und auf dem Tisch zu tanzen und von Grapschere­ien an Hintern, Hüfte und Bauch. Wer sich zu zurückhalt­end verhielt oder zu lange auf der Toilette war, wurde von Aufpassern ermahnt.

Die Enthüllung­en kommen zu einer Zeit, in der das Thema sexuelle Belästigun­g ohnehin die Schlagzeil­en füllt. Erst kürzlich erschütter­te ein Skandal um sexuelle Übergriffe das Parlament. Nun zieht er weitere Kreise in die Geschäftsw­elt. Der exklusive „President’s Club“kündigte mittlerwei­le seine Auflösung an.

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