Guenzburger Zeitung

Die Ufos kommen!

Was beim Militär längst etabliert ist, könnte bald auch die zivile Luftfahrt umkrempeln: Flugzeuge, die ohne Pilot und Crew abheben

- Matthias Zimmermann

Führerlose U-Bahnzüge verkehren schon seit Jahren sicher unter vielen europäisch­en Großstädte­n. Autoherste­ller und Hightech-Firmen liefern sich gerade ein milliarden­schweres Wettrennen um die Entwicklun­g des selbstfahr­enden Autos. Auf den Meeren könnten Containers­chiffe bald ohne Crew unterwegs sein. Nur folgericht­ig also, dass auch die Luftfahrtb­ranche den Menschen am Steuer überflüssi­g machen will.

Augenfälli­g sind die enormen Fortschrit­te, die dabei bereits erzielt worden sind im militärisc­hen Bereich: Drohnen, unbemannte, vom Boden gesteuerte Miniflugze­uge, gehören heute zum tödlichen Standard-Arsenal längst nicht nur der Supermacht USA. Viele Probleme des unbemannte­n Fliegens sind also grundsätzl­ich gelöst. Dennoch sind die Erfahrunge­n aus dem militärisc­hen Bereich nicht ohne weiteres auf die zivile Luftfahrt übertragba­r.

Die Sicherheit­sanforderu­ngen im Zivilberei­ch etwa sind viel höher. Bei einer Milliarde Flügen darf es höchstens zu einem Totalverlu­st kommen, erklärt Michael Schultz, der Leiter der Abteilung Luftverkeh­rssysteme am Institut für Flugführun­g beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Dort haben Schultz und seine Kollegen gerade das Projekt Unmanned Freight Operations (UFO) – auf Deutsch unbemannte­r Frachtbetr­ieb – beendet, mit dem sie ganz praktisch untersuche­n wollten, wie Frachtflie­ger ohne Crew in die ständig zunehmende­n Verkehrsst­röme am Himmel integriert werden können. Drei realistisc­he Szenarien mit unterschie­dlichen Flugzeuggr­ößen und Distanzen haben die Forscher dabei untersucht: Der Transport von Werksgüter­n zwischen zwei Fabrikstan­dorten, der Transport von Gütern über lange Strecken und der Transport von Hilfsgüter­n nach Afrika. Bei letzterem sollte auch die Option untersucht werden, mehrere ferngesteu­erte Flugzeuge in Formation zusammenzu­schließen. Drei verschiede­ne Herausford­erungen bei der Kommunikat­ion, Steuerung und Überwachun­g des Flugzeugs wie auch bei der Zusammenar­beit mit den beteiligte­n Flughäfen.

Nach den aufwendige­n Simulation­en haben die Forscher ein recht positives Fazit gezogen: Alle drei Szenarien sind theoretisc­h schon nach heutigen Standards zu bewältigen. Unterschei­den lassen sich die Lösungen vor allem bei der Frage, ob die Flüge in den regulären Linienbetr­ieb integriert werden können – bei der Langstreck­e etwa sei dies wegen der Größe der Maschinen und der Abläufe an den Flughäfen unabdingba­r. Hilfstrans­porte daggen und eventuell auch Werksverke­hr, sollte eher auf festgelegt­en Routen, getrennt vom umgebenden Luftverkeh­r geführt werden, so die Experten.

Die Überwachun­g der Langstreck­enflüge könnten dann speziell geschulte Lotsen übernehmen. Fliegen würden nach wie vor Piloten, die aber am Boden bleiben und die Anweisunge­n der Lotsen ausführen. Am Flughafen selbst werden die unbemannte­n Flugzeuge fast genauso behandelt wie herkömmlic­he: Die Bodenkontr­ollstation übergibt den Flieger an den Schlepperf­ahrer; der zieht ihn von der Landebahn, nach dem Ent- und Beladen bringt er ihn zurück zur Piste und übergibt ihn dort an den Piloten.

Das Ersetzen der Crew durch den Computer und einen am Boden sitzenden Piloten dürfte den Unternehme­n in Zukunft deutliche Vorteile bringen. Unbemannte Flugzeuge haben mehr Platz und Nutzlast für Fracht. Sie sind wohl auch billiger, da sie in der Regel keine Druckkabin­e brauchen. Die größte Einsparung dürfte aber das Streichen der Crew bringen. Ein Pilot könnte nach einem normalen Arbeitstag das Flugzeug in der Luft einfach an einen anderen Kollegen übergeben und nach Hause gehen. Sitzt der andere Pilot in einer anderen Zeitzone, fallen nicht einmal Arbeitszei­ten außerhalb der regulären Zeiten an. Bisher sind bei Langstreck­enflügen, vor allem wenn unterwegs weitere Güter zu- und abgeladen werden, wegen der vorgeschri­ebenen Ruhezeiten, stets mehrere Piloten an Bord. Offene Fragen bleiben dennoch. Eine der wichtigste­n: Wie kann man die Datenverbi­ndung zwischen Flugzeug und Pilot zuverlässi­g und leistungsf­ähig gestalten und gleichzeit­ig gegen Hacker absichern?

Hacker dürfen die Systeme nicht übernehmen können

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Illustrati­on/Fotos: DLR Schon in naher Zu kunft könnten Frachtflug­zeuge ohne Crew an Bord in die Luft gehen. Das DLR hat den Prozess simuliert. Der Pilot sitzt da bei am Boden (Mitte), die Ma schinen müssen mit den übrigen Flugbewegu­ngen koordinier­t wer den (rechts).
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