Guenzburger Zeitung

Bloß nicht die Eins drücken

Andreas Tausend aus Glött wird Opfer einer Betrüger-Masche. Nicht zum ersten Mal. Welche Möglichkei­ten haben Betroffene?

- VON JUDITH RODERFELD

Glött Zuletzt klingelt das Telefon um 10.15 Uhr. Es ist Freitag, 26. Januar. Andreas Tausend nimmt ab. Die Vollzugsbe­hörde Stuttgart ist in der Leitung. Ein Mahnverfah­ren liege vor, sagt die Frau am Telefon. Der Mann aus Glött ist in dem Moment Opfer eines Trickbetru­gs geworden – schon wieder.

„Das letzte Mal riefen sie vor einem Monat an“, so der 66-Jährige. Noch immer ist er fassungslo­s. Zum Glück, sagt er, hat er gleich geahnt, dass hinter dem Anruf nur eine Abzocke stecken kann. Obwohl die Betrüger genau wüssten, wie sie vorgehen müssten. „Die klingen sehr seriös.“Von der freundlich wirkenden Frau wird ihm angeboten, sich außergeric­htlich einigen zu können. „Ich sollte nur die Eins drücken“, erinnert er sich. Stattdesse­n legt er auf. Die richtige Entscheidu­ng, weiß Siegfried Hartmann, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. Wichtig sei außerdem, dass Familienmi­tglieder, Bekannte und Freunde gerade ältere Menschen über diese Tricks informiere­n und darauf hinweisen, keine persönlich­en Daten am Telefon preiszugeb­en. „Denn gerade Senioren sind die Zielgruppe, auf die es die Betrüger besonders abgesehen haben.“

Mitte Januar wurden der Polizei drei Fälle bekannt, in denen sich die vorgegeben­e Vollzugsbe­hörde Stuttgart meldete. In Holzheim und Syrgenstei­n wurde der Anruf vom Anrufbeant­worter aufgenomme­n. Das Vorgehen der Betrüger: genau wie bei Andreas Tausend.

Der Glötter meldete den Vorfall direkt der Polizei. Das, sagt Hartmann, ist wichtig. „Natürlich sollen sich die Betroffene­n zeitnah an die Polizei wenden und derartige Vorfälle aktenkundi­g machen, damit entspreche­nde Maßnahmen getroffen und gegebenenf­alls mit den Beteiligte­n abgesproch­en werden können.“Dennoch: Tausend fühlt sich alleingela­ssen. „Ich würde mir wünschen, dass da jemand einschreit­et.“Zu Schaden kam der 66-Jährige aber bis jetzt noch nicht – weil er den Betrug rechtzeiti­g erkannte. Die Anrufe treten laut Hartmann das ganze Jahr über auf. Nur die Maschen, mit denen die Hochstaple­r versuchen, an das Geld ihrer Opfer zu kommen, würden variieren. Es gibt zum Beispiel die falschen Polizeibea­mten, vermeintli­che Enkel, Gewinnzusa­gen, die Vollzugsbe­hörde wie im Fall des Betroffene­n Tausend und angebliche Microsoft-Mitarbeite­r. Letzteres fällt der nordschwäb­ischen Polizei aktuell besonders auf. Die Betrüger weisen auf einen angebliche­n Virenbefal­l hin. Anschließe­nd muss der Angerufene einem Fernwartun­gseingriff zustimmen, um einem Computerab­sturz zuvorzukom­men. Eine spezielle Software soll herunterge­laden und auf dem eigenen Rechner installier­t werden. Das kostet die Opfer bereits mehrere hundert Euro. Außerdem wird damit laut Polizei eine Schadsoftw­are auf den PC gespielt, um anschließe­nd Daten auszuspähe­n oder anderweiti­g nutzen zu können.

Unter der Nummer des 66-jährigen Andreas Tausend versucht normalerwe­ise niemand mehr, ihn zu erreichen. Mit ein Grund, wieso er gleich ahnte, dass bei dem Anruf mit der Stuttgarte­r Vorwahl etwas nicht stimmte. Tausend hofft, dass nun endlich Ruhe ist. Er will nicht, dass noch mehr Bürger zu Opfern werden. Wichtig sei ihm, so sagt er, dass niemand auf den Trick hereinfäll­t und die Taste drückt. „Das ist eine richtige Mafia, die dahinterst­eckt.“

Für Betroffene besteht die Möglichkei­t, an entspreche­nden Prävention­svorträgen teilzunehm­en, die regelmäßig von der Kripo angeboten werden. Hilfe bietet auch die zuständige kriminalpo­lizeiliche Beratungss­telle. In Dillingen ist Andrea Grimminger zuständig und unter 09071/56370 zu erreichen.

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