Das Duell mit dem Olympiasieger und der Traum von Gold in Tokio
Waldkirchs Nummer eins Dimitrije Grgic (33) über sportliche Ziele, Fanzuspruch, das Papierfinale und tatsächliche Aussichten bei der Deutschen Meisterschaft
Zum dritten Mal in Folge steht der SV Waldkirch im Finale um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft mit der Luftpistole. Wie stehen die Chancen für die aktuellen Titelkämpfe in Paderborn, Herr Grgic?
Grgic: Ich bin wirklich sehr glücklich, dass wir uns überhaupt für das Finale qualifiziert haben. Es war hart. Und es war auch bis zum allerletzten Match in der BundesligaRunde nicht sicher, ob wir es schaffen. Jetzt sind wir hier und ich hoffe natürlich, dass wir es ins Finale um Gold schaffen. Es ist für alle Mannschaften alles möglich – aber wir haben den denkbar schwersten Weg. Erst schießen wir gegen Kriftel mit vielen sehr guten Schützen und danach, wenn es im anderen Viertelfinale normal läuft, ist Ludwigsburg der Gegner im Halbfinale. Das ist also ein schwerer Weg zu Gold. Aber ich hoffe, dass wir es schaffen.
Das Duell auf Position eins im Viertelfinale führt Sie mit Olympiasieger Christian Reitz zusammen. In der laufenden Bundesliga-Saison hatten Sie mit 385,75 Ringen den fünftbesten Durchschnittswert aller Schützen erreicht, er mit 389,70 den zweitbesten. Das wird für die Fans ein Knüller – empfinden Sie es auch so?
Grgic: Ich kenne Reitz von vielen Wettkämpfen. Er ist ein großartiger Schütze, es wird also schwer für mich, ihn zu schlagen.
Grgic: Ein wenig, aber meine Teamkollegen sind ja genauso wichtig wie ich. Ich hoffe, dass wir gewinnen, 4:1 oder so.
Und Sie wollen dabei nicht die „1“sein, oder?
Grgic: Natürlich nicht. Ich denke immer positiv, wenn ich in den Wettkampf gehe. Und wenn ich mir’s recht überlege: Ein 3:2 reicht ja auch.
Darüber würden sich alle Fans in der Heimat freuen. Aber auf dem Papier sind die Waldkircher, um ehrlich zu sein, chancenlos: Falls alle zehn Schützen im Viertelfinale exakt ihre Durchschnittsergebnisse der soeben absolvierten Bundesliga-Runde erreichen, verlieren die Schwaben gegen Kriftel 0:5.
Grgic: Was auf dem Papier steht, ist nicht wichtig. Jeder Schütze am Stand hat den gleichen Druck. Es wird ein enges Rennen – aber aus ihrer Sicht ist das genauso. Im vergangenen Jahr haben wir ebenfalls in Paderborn gegen Kriftel 2:3 verloren, ein Duell wurde erst im Stechen entschieden. Und wird haben einen großen Vorteil. Grgic: Unsere Fans sind ein bisschen lauter als die anderen. Ich liebe das.
Sie halten sich seit einer Woche in der Region auf, übernachten im „Hotel Weigelt“, also im Haus Ihrer Trainerin und des Waldkircher Teammanagers. Da konnten Sie doch bestimmt beobachten, wie die Stimmung unter Ihren Teamkollegen ist.
Grgic: Das sind junge Leute, großartige Charaktere. Da ist die Stimmung immer gut. Wir sind auch lauter Freunde. Das sagt man im Schießen, wie es einst im Fußball „Elf Freunde müsst Ihr sein“hieß. Hinzu kommt: Ein Teamwettkampf erzeugt immer ganz andere Strömungen als ein Einzelwettbewerb.
Im Waldkircher Team besetzen Sie abwechselnd mit Anna Korakaki die einzige erlaubte Ausländer-Position. Ist das Verhältnis zwischen Ihnen beiden eher konkurrierend oder freundschaftlich?
Grgic: Mit Anna Korakaki bin ich freundschaftlich verbunden. Sie ist einfach toll. Ich glaube auch, dass es für sie kein großes Ding ist, wenn wir entscheiden, dass ich in diesen und sie in einen anderen Wettkampf startet. Manchmal kann ich ja aufgrund anderer Verpflichtungen nicht kommen, bei ihr ist das genauso. Also: Konkurrenzdenken gibt es da gar nicht.
Sie gelten als großer Schweiger oder, anders formuliert, als Mann, der lieber Taten als Worte sprechen lässt. Was machen Sie eigentlich während einer langen Reise wie jetzt nach Paderborn? Grgic: Im Bus schlafe ich normalerweise vom Einsteigen bis zum Aussteigen. Zuhause habe ich ja zwei Jungs, vier und anderthalb Jahre alt. Wenn ich unterwegs bin, freue ich mich deshalb über die Gelegenheit, schlafen zu können.
Sie waren Neunter unter 46 Startern bei Olympia 2016 in Rio, verpassten das Finale der besten acht um einen Ring. Möchten Sie in Tokio 2020 noch einmal angreifen?
Grgic: Mein Ziel ist die Goldmedaille bei Olympia. Aber dafür muss ich gesund bleiben und auch ein bisschen Glück haben. In Rio fehlte das Glück bei den letzten beiden Schüssen in der Qualifikation.