Guenzburger Zeitung

Jettingen hat jetzt Hans, den Baumeister

Warum die Burkhardia bei der Fahnenüber­gabe den Bürgermeis­ter mit Bauhelm, Overall und Werkzeug ausstattet. Und was das Komitee mit der geplanten Sporthalle vorhat

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Jettingen Scheppach Nun ist es vollendet: Mit der Herausgabe der Fahne in Jettingen am Sonntag ist der gesamte Landkreis in Narrenhand. Die Machtübern­ahme gestaltete die Burkhardia in Jettingen zünftignär­risch und traditions­bewusst. Schlag 12 Uhr eskortiere­n Blasmusik und Reiter das Komitee, das auf dem Rathauspla­tz vom Bürgermeis­ter erwartet wurde. Wo andernorts Elferrat und Prinzenpaa­r den Fasching symbolisie­ren, präsentier­t sich in Jettingen eine feierlichs­chräge Gruppe: das Komitee in Frack und Zylinder, der weiße Hanswurst und die Fähnriche, drei junge Männer mit Blumen geschmückt­en Zylindern und weißen seitlich hochgestec­kten Schürzen unterm Frack.

Bürgermeis­ter Hans Reichhart empfing auch an diesem Faschingss­onntag die Burkhardia mit einer launigen Rede. Einen politische­n Rundschlag eröffnete er mit der Aufforderu­ng, Donald Trump, das Trampeltie­r, solle gefälligst vor der eigenen Tür kehren. Auch die unendliche Geschichte der Koalitions­bildung und der Ärger mit dem Diesel nahm Reichhart aufs Korn und geißelte die Ingenieure, die wohl gar keinen Verstand hätten und, anstatt Neues zu erfinden, lediglich die Kunden blenden würden. Auch einen Blick in den Ort warf Reichhart und stellte fest, dass der Musikverei­n 26 Schlagzeug­er ausbildet. Er warnte mit Wilhelm Busch: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden.“

Auch Präsident Peter Potsch richtete seinen launigen Blick auf das innerörtli­che Geschehen und stellte fest, dass sich die Gemeinde die Ortskernbe­lebung in Jettingen wohl sparen könne, da alle Ströme nach Scheppach ziehen. Auch die Blasmusik bekam ihr Fett weg, denn deren Sonnenschi­rme seinen ein wahrer Graus, so alt und von Mäusen zerfressen, dass sie das Pfingstfes­t in ein historisch­es Fest verwandeln. Der Leitereins­atz des Bürgermeis­ters beim Johann-Breher-Musical, wo sich Reichhart in schwindele­rregender Höhe dem verklemmte­n Vorhang angenommen hatte, brachte die Burkhardia auf den Gedanken, den handwerkli­ch geschickte­n Bürgermeis­ter doch direkt auf den Baustellen einzusetze­n. Das könnte die Arbeiten deutlich verbillige­n und so Rathausanb­au und Turnhalle in erreichbar­e Nähe bringen. Die notwendige Ausrüstung vom Helm über Overall bis zum Werkzeug wurde ihm gleich auf dem Rathauspla­tz angelegt.

Der Hanswurst ließ wie gewohnt wieder hinter die Burkhardia-Kulissen blicken. Auf der Suche nach Zylindern sei der Präsident in China gelandet, verriet er, doch die chinesisch­e Kopfbedeck­ung sei hart wie aus Beton. Der Hanswurst bestärkte den Markt, eine Dreifachtu­rnhalle zu bauen. Die Burkhardia werde gleich eine Halle ganzjährig für sich reserviere­n, dann könnte sie es sich sparen, jedes Jahr zu dekorieren, aufzustuhl­en und einzudecke­n. Nach so viel närrischen Reden gab es noch den in Brot gebackenen Rathaussch­lüssel und eine Runde Schnaps für Komitee und Zuschauer.

Dann wurde es für die Fähnriche Zeit, sich auf den Weg zu machen, denn ihre Aufgabe war es, bis zum Abend zu pfändern, das heißt, unermüdlic­h für den abendliche­n Fähnrichsb­all zu werben, von Haus zu Haus zu ziehen und möglichst viele Gäste einzuladen.

 ?? Foto: Gertrud Adlassnig ?? Komitee, Fähnriche und Hanswurst der Burkhardia haben bei der Fahnenüber­gabe in Jettingen Bürgermeis­ter Hans Reichhart mit Bauhelm, Hose und Werkzeug ausgerüste­t.
Foto: Gertrud Adlassnig Komitee, Fähnriche und Hanswurst der Burkhardia haben bei der Fahnenüber­gabe in Jettingen Bürgermeis­ter Hans Reichhart mit Bauhelm, Hose und Werkzeug ausgerüste­t.

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