Bazillen im Büro
Zwei Drittel aller Arbeitnehmer gehen krank zur Arbeit
Augsburg Der Schreibtischnachbar hustet unentwegt in seinen dicken Wollschal. Die Kollegin gegenüber schnieft so lange, bis das ganze Unglück in ein lautes Schnäuzen mündet. Und hinter der Trennwand? Den Geräuschen nach scheint dort Tuberkulose zu wüten. Die Grippewelle ist auf ihrem Höhepunkt und befördert die vermeintlichen Helden der Büros zutage. Allen Grippesymptomen zum Trotz hauen sie pflichtbewusst in die Tasten. „Präsentismus“lautet der offizielle Begriff für den Anwesenheitsdrang trotz Krankheit. In deutschen Büros weit verbreitet. Eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes belegt, dass in den vergangenen zwölf Monaten 67 Prozent der befragten Arbeitnehmer mindestens einmal krank zur Arbeit gegangen sind. „Glaub ich sofort“, wird sich so mancher beim Anblick der nächsten laufenden Nase im Büro genervt denken.
Aber ist daheimbleiben wirklich die Lösung? „Zu Hause gibt es auch Menschen, die man anstecken kann“, gibt Udo Buchholz vom Robert-KochInstitut zu bedenken. „Und die Kontakte dort sind in der Regel häufiger und enger als am Arbeitsplatz.“ Daher sind aus epidemiologischer Sicht nicht mehr und nicht weniger Menschen betroffen. Und trotzdem: Wer schnell gesund werden möchte, sollte das Bett hüten.
Viele Kollegen arbeiten mit allen Mitteln gegen verschnupfte Helden. Allen voran mit Desinfektionsmitteln. Sobald ein Niesen zu hören ist, verreiben sie Gel in den Händen. Auch häufig zu beobachten: die Sprayer. Stoisch verbreiten sie den Geruch eines OP-Saals im Büro. Wer soll da überhaupt noch krank werden? Mehr zur Grippe und dass vor 100 Jahren alles viel dramatischer war, schreibt Markus Bär auf der Dritten Seite.