Kulitz will nicht kneifen
Ulmer IHK-Präsident steigt auf die Kanzel
Thalfingen Mit einem Geständnis hat der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm, Peter Kulitz, seine Kanzelrede in der Thalfinger St.-Thomas-Kirche begonnen: „Es gehört nicht zu meinem Standardrepertoire am Sonntag, von einer Kanzel aus zu reden.“Dafür hat er sonst einiges zu tun: Neben seiner ehrenamtlichen IHKPräsidentschaft ist Kulitz auch als Anwalt und als geschäftsführender Gesellschafter der Sendener Firma Esta Apparatebau tätig.
„Zeig dich! Sieben Wochen ohne kneifen“, ist das Motto, das die evangelische Kirche zur Fastenzeit ausgerufen hat und das von Kulitz auch lebhaft aufgegriffen wurde. Denn offensichtlich ist der 65-Jährige nicht auf die Kanzel, um zu kneifen, sondern um seine Meinung zu sagen. Er sei ein „politischer Unternehmer“, wie er betonte. Als Beispiel nannte Kulitz sein Bekenntnis zur Bahn-Schnellstrecke Ulm– Stuttgart, dem er mit einer großen Plakataktion am IHK-Gebäude Nachdruck verliehen hatte. Im Vorfeld der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 provozierte er so den Zorn der Projektgegner, die gerichtliche Schritte gegen ihn unternahmen. In der Folge wurde Kulitz persönlich wie auch die IHK Ulm auf Unterlassung verklagt. Einem Mandatsträger seien Grenzen in der Meinungsäußerung gesetzt, erklärten die Kritiker. Doch hatte dieser Standpunkt vor dem Verwaltungsgerichtshof keinen Bestand, die Prozessparteien einigten sich außergerichtlich.
Dass er als Kammerpräsident auch weiterhin eine private Meinung haben dürfe, erklärte Kulitz an einem weiteren Beispiel, als er gegen den Bildungsplan 2015 der baden-württembergischen Regenbogenregierung unterschrieben hatte. Damit sprach er sich gegen die Gleichbehandlung aller Lebensformen aus. Damit habe er „Flagge gezeigt für die grundlegenden Werte unserer Gesellschaft“. Als Vertreter der IHK-Mitgliedsbetriebe stellte sich Kulitz hinter die Unternehmer der Region, die durch ihr verantwortungsbewusstes Handeln nicht zuletzt dafür sorgen würden, dass die Beschäftigungszahlen im Land steigen und die Überschüsse im Staatshaushalt wachsen würden. Gleichzeitig ging Kulitz mit internationalen Spitzenmanagern scharf ins Gericht, die noch vor Kurzem in Davos dem US-Präsidenten Donald Trump „gehuldigt“hätten.
Abschließend erklärte Kulitz, dass Christsein nicht nur eine spirituelle Haltung sei. Es bedeute, sich immer wieder zu fragen, wie man sich um seine Mitmenschen kümmern könne, auch wenn unterzutauchen oft als der bequemere Weg scheinen würde. „Wer sich wegduckt, lässt zu, dass sich das Negative bestärkt, und vergisst darüber, wie sehr er in der Lage ist, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.“Die Möglichkeiten, zu helfen, seien jedermann und jederzeit gegeben. In Zeiten einer Endsolidarisierung und populistischer Schmähkampagnen sei dies eines der wichtigsten Grundprinzipien des menschlichen Miteinanders. Darum sollten die kommenden sieben Wochen die Zeit sein, sich zu zeigen, zu helfen und nicht zu kneifen.