Firmen in der Schule
Unternehmen werben um Nachwuchskräfte
Günzburg Als sie das Jahreszeugnis der sechsten Klasse in den Händen hielt, ist Nina Stelzle mit dem Fahrrad zu ihrem Wunscharbeitgeber gefahren. Die Zwölfjährige vereinbarte ein Praktikum bei der Günzburger Steigtechnik, radelte nach Hause und informierte ihre Eltern. Heute ist sie 17 Jahre alt und Auszubildende im zweiten Lehrjahr bei diesem Unternehmen.
In der Regel werden Arbeitgeber nicht mit Initiativbewerbungen Zwölfjähriger überhäuft. Die Wirtschaft klagt über Nachwuchsmangel, insbesondere das Handwerk blickt besorgt auf den Arbeitsmarkt. An der Maria-Theresia-Mittelschule Günzburg werben deshalb 18 Firmen am Dienstagvormittag um etwa 200 Schüler. Auch die Mittelschule Leipheim hat ihre Schüler dafür nach Günzburg geschickt. Der „Azubitag“findet bereits zum dritten Mal statt, sagt Konrektorin Simone Kittner-Staib. Im Vorfeld hätten die Schüler der achten bis zehnten Klasse drei Unternehmen ausgewählt, deren Ausbilder und Azubis sie befragen können. Margit Werdich-Munk stellt die Günzburger
18 Unternehmen werben in Günzburg um Mittelschüler
Steigtechnik GmbH, die etwa 300 Mitarbeiter beschäftigt, knapp 20 Schülern in einem Klassenzimmer vor. Sie sagt, es sei ihr wichtig, junge Leute früh mit Praktika ans Berufsleben zu führen. Sechs Ausbildungsplätze gebe es jährlich, drei kaufmännische und drei als Metallbauer. Mehr als 200 Bewerbungen lägen pro Jahr auf ihrem Schreibtisch. Dennoch sei es wichtig, den Nachwuchs aktiv zu suchen. Sie rät den Schülern: „Wenn euch ein Praktikum nicht gefällt, dann sucht euch danach einfach ein anderes.“
Die beiden vorderen Sitzreihen des Klassenzimmers sind leer. Auf Fragen Werdich-Munks reagieren die meisten Schüler recht verhalten – nicht untypisch für 15-Jährige, die sich untereinander nicht kennen. Doch einer der Schüler, der 13-jährige Eren Tek, hat sich vorab einige Fragen notiert. In welchen Schulfächern man als Metallbauer gut sein sollte, will er beispielsweise wissen. „Mathe und Technik“, antwortet Ernst Schlosser, der die Metallbauer ausbildet. „Der Satz des Pythagoras verfolgt euch bis ins Berufsleben“, sagt er – ein leises Stöhnen geht durchs Klassenzimmer. „Komm in den Pfingstferien zu uns“, schlägt Werdich-Munk dem Buben vor.
Mittags treffen sich die Schulleitung und Arbeitgeber dann für ein Fazit. Sie sind zufrieden – mal seien die Gruppen interessiert gewesen, mal weniger. In der dritten Phase, in der die Schüler sich frei bewegen konnten, hätten sich viele auf den Gängen aufgehalten, statt die Gelegenheit zu nutzen. Doch der Aufwand ist es den Firmenvertretern, um interessierte Jugendliche zu erreichen, offensichtlich wert.