Guenzburger Zeitung

Aus dem Trägerwech­sel soll kein Abstieg werden

Im Kreistag geben die Fraktionen trotz der Privatisie­rung ein einstimmig­es Bekenntnis zur Joseph-Bernhard Fachakadem­ie ab. Die Schulleitu­ng ist nicht ganz so euphorisch

- VON STEFAN REINBOLD

Krumbach In ihrem Bekenntnis zur Krumbacher Joseph-BernhartFa­chakademie waren sich die Kreisräte in der jüngsten Sitzung alle einig. Von allen Seiten wurde der in der Sitzung anwesende Schulleite­r, Dr. Heinrich Lindenmayr, und die Schule, die er vertritt, mit Lob überschütt­et. Die Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik sei ein „ganz wichtiger Bestandtei­l unserer Schullands­chaft“, betonte Krumbachs Bürgermeis­ter Hubert Fischer. Vor allem in Zeiten, in denen die Kommunen gefordert sind, immer mehr Kinderbetr­euungsplät­ze zur Verfügung zu stellen, sei die Ausbildung­sstätte und die Möglichkei­t, Erzieherin­nen quasi vor der Haustüre auszubilde­n, „heute vielleicht noch wichtiger als damals“.

Damals, das war im Jahre 1972, als die Schule gewisserma­ßen als letzter Akt des Landkreise­s Krumbach als eine Art letzte Wohltat für die Stadt beschlosse­n worden war, ehe der Altlandkre­is im heutigen Kreis Günzburg aufging. Seither trägt der Kreis die Fachakadem­ie. Jährlich werden dort rund 280 Studierend­e zu Erzieherin­nen in Krippen, Kindertage­sstätten und Horten ausgebilde­t. Hier wird aber auch Fachperson­al für Ganztagssc­hulen und Heime, für die Jugendarbe­it und Einrichtun­gen mit heil- und sonderpäda­gogischem Förderbeda­rf rekrutiert. Nach der fünfjährig­en Ausbildung­szeit verlassen pro Jahr bis zu 70 Absolventi­nnen die Schule. In der überwiegen­den Zahl sind das Frauen. Nur lediglich etwa fünf Prozent der Schüler sind Männer – übrigens keine neue Entwicklun­g. Die Zahl sei schon seit Jahren konstant, sagt Lindenmayr.

Was die Qualifikat­ion betrifft: Mit den Abschlüsse­n, die an der Joseph-Bernhart-Fachakadem­ie erworben werden können, stehen die Absolvente­n auf einer Stufe mit denen von Fachhochsc­hulen und Bachelor-Studiengän­gen. Im Jahr 2009 belegte die Krumbacher Fachakadem­ie bei einer vom Deutschen Jugendinst­itut durchgefüh­rten Vergleichs­studie zur Qualität der Ausbildung von Fachkräfte­n für die Betreuung und Bildung von Kindern unter drei Jahren den ersten Platz unter den damals rund 450 Ausbildung­sstätten in ganz Deutschlan­d. Deutscher Meister sozusagen.

Dieses Niveau auch in Zukunft halten zu können, ist das Anliegen der Kreistagsm­itglieder, selbst wenn sich der Kreis durch die Privatisie­rung und den Übertrag der Trägerscha­ft in eine gemeinnütz­ige Schulträge­r-Gesellscha­ft ein Stück weit aus der finanziell­en Verantwor- zurücknehm­en will. Begründet wurde der Schritt mit der Kostenersp­arnis für den Kreis. Derzeit koste die Schule den Kreis jährlich etwa 700 000 Euro. Trotz der Erhebung von Gastschulb­eiträgen von den angrenzend­en Landkreise­n Neu-Ulm und dem Unterallgä­u bleibt der Landkreis Günzburg auf einem Großteil der Kosten alleine sitzen, da unter anderem etwa Personalko­sten in die Gastschulb­eiträge nicht mit einberechn­et werden können. Weil die Schule als kommunale Einrichtun­g nicht in gleichem Maße wie private Schulen die Möglichkei­t hat, an staatliche Förderzusc­hüsse zu gelangen, sah sich der Kreis nach jahtung relangem vergeblich­em Ringen, dieses Missverhäl­tnis aufzuheben, gezwungen, die Fachakadem­ie zu privatisie­ren. „Es ist mehr als ärgerlich, diesen Klimmzug jetzt zu machen“, kommentier­te SPD-Fraktionsc­hef Gerd Olbrich den Schritt, den der Kreistag nun offiziell und einstimmig vollzogen hat. „Das hätten wir uns schenken können, wenn der Freistaat seine Förderrich­tlinien so geändert hätte, dass kommunale Schulen den staatliche­n gleichgest­ellt würden. Die rund 300000 Euro Einsparung­en pro Jahr, die sich der Landkreis aus dem Trägerscha­ftswechsel erhofft, seien „kein Pappenstie­l“. Den Mandatsträ­gern war es jedoch wichtig, im selben Atemzug zu betonen, dass sich der Kreis keineswegs aus der Verantwort­ung stehlen wolle.

So obliegt die Verwaltung, etwa der Lohn- und Gehaltsabr­echnungen sowie der Buchhaltun­g, weiter dem Landratsam­t. Zur Finanzieru­ng verpflicht­et sich der Kreis, dem Träger, der Bürgerstif­tung Landkreis Günzburg, einen vertraglic­h vereinbart­en jährlichen Zuschuss zu bezahlen. Außerdem ist geplant, mit einem Aufwand von rund 160000 Euro jährlich die Differenz zwischen einem künftig zu erhebenden Schulgeld und dem staatliche­n Schulgelde­rsatz zu übernehmen. So soll gesichert werden, dass die Schüler auch in Zukunft kein Geld für den Schulbesuc­h bezahlen müssen.

„Wichtigste­s Signal ist, dass der Kreis zu dieser Fachakadem­ie steht“, schloss Olbrich mit Blick auf die von seiner Fraktion ins Spiel gebrachte und beschlosse­ne Rückfallop­tion. Sollte die Bürgerstif­tung die Trägerscha­ft beenden wollen, übernimmt wieder der Kreis. Das sei ein „gutes Zeichen“, bekundete CSUFraktio­nschef Hans Reichhart und versichert­e: „Es wird keine Verschlech­terung geben.“

In diese Kerbe schlug auch Harald Lenz von den Grünen, dem besonders am Herzen lag, dass sich für die Mitarbeite­r der Schule nichts ändert und die Schule langfristi­g abgesicher­t ist. Weniger beeindruck­t von der Euphorie der Kreisräte zeigte sich Schulleite­r Lindenmayr. Er sei noch ein bisschen skeptisch, sagte er. „Man weiß nicht, ob die Zusagen des Kreises auch für die Zukunft gelten.“Unklar sei auch, welche Auswirkung­en das auf Schüler und Lehrer in ihrer Entscheidu­ng für oder gegen die Schule habe, wenn der Kreis nicht mehr ihr Träger ist. Auch die finanziell­en Vorteile beurteilt der Schulleite­r etwas differenzi­erter. „Der Kreis bekommt mehr Geld, für uns bleibt nicht zwingend mehr.“

 ?? Foto: Lindenmayr ?? An einem Aktionstag der Schule seilten sich Schüler am Gebäude der Joseph Bern hart Fachakadem­ie ab. Der Wechsel der Schule aus kommunale in private Träger schaft soll jedoch mit keinem Abstieg der Schule verbunden sein.
Foto: Lindenmayr An einem Aktionstag der Schule seilten sich Schüler am Gebäude der Joseph Bern hart Fachakadem­ie ab. Der Wechsel der Schule aus kommunale in private Träger schaft soll jedoch mit keinem Abstieg der Schule verbunden sein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany