Aus dem Trägerwechsel soll kein Abstieg werden
Im Kreistag geben die Fraktionen trotz der Privatisierung ein einstimmiges Bekenntnis zur Joseph-Bernhard Fachakademie ab. Die Schulleitung ist nicht ganz so euphorisch
Krumbach In ihrem Bekenntnis zur Krumbacher Joseph-BernhartFachakademie waren sich die Kreisräte in der jüngsten Sitzung alle einig. Von allen Seiten wurde der in der Sitzung anwesende Schulleiter, Dr. Heinrich Lindenmayr, und die Schule, die er vertritt, mit Lob überschüttet. Die Fachakademie für Sozialpädagogik sei ein „ganz wichtiger Bestandteil unserer Schullandschaft“, betonte Krumbachs Bürgermeister Hubert Fischer. Vor allem in Zeiten, in denen die Kommunen gefordert sind, immer mehr Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, sei die Ausbildungsstätte und die Möglichkeit, Erzieherinnen quasi vor der Haustüre auszubilden, „heute vielleicht noch wichtiger als damals“.
Damals, das war im Jahre 1972, als die Schule gewissermaßen als letzter Akt des Landkreises Krumbach als eine Art letzte Wohltat für die Stadt beschlossen worden war, ehe der Altlandkreis im heutigen Kreis Günzburg aufging. Seither trägt der Kreis die Fachakademie. Jährlich werden dort rund 280 Studierende zu Erzieherinnen in Krippen, Kindertagesstätten und Horten ausgebildet. Hier wird aber auch Fachpersonal für Ganztagsschulen und Heime, für die Jugendarbeit und Einrichtungen mit heil- und sonderpädagogischem Förderbedarf rekrutiert. Nach der fünfjährigen Ausbildungszeit verlassen pro Jahr bis zu 70 Absolventinnen die Schule. In der überwiegenden Zahl sind das Frauen. Nur lediglich etwa fünf Prozent der Schüler sind Männer – übrigens keine neue Entwicklung. Die Zahl sei schon seit Jahren konstant, sagt Lindenmayr.
Was die Qualifikation betrifft: Mit den Abschlüssen, die an der Joseph-Bernhart-Fachakademie erworben werden können, stehen die Absolventen auf einer Stufe mit denen von Fachhochschulen und Bachelor-Studiengängen. Im Jahr 2009 belegte die Krumbacher Fachakademie bei einer vom Deutschen Jugendinstitut durchgeführten Vergleichsstudie zur Qualität der Ausbildung von Fachkräften für die Betreuung und Bildung von Kindern unter drei Jahren den ersten Platz unter den damals rund 450 Ausbildungsstätten in ganz Deutschland. Deutscher Meister sozusagen.
Dieses Niveau auch in Zukunft halten zu können, ist das Anliegen der Kreistagsmitglieder, selbst wenn sich der Kreis durch die Privatisierung und den Übertrag der Trägerschaft in eine gemeinnützige Schulträger-Gesellschaft ein Stück weit aus der finanziellen Verantwor- zurücknehmen will. Begründet wurde der Schritt mit der Kostenersparnis für den Kreis. Derzeit koste die Schule den Kreis jährlich etwa 700 000 Euro. Trotz der Erhebung von Gastschulbeiträgen von den angrenzenden Landkreisen Neu-Ulm und dem Unterallgäu bleibt der Landkreis Günzburg auf einem Großteil der Kosten alleine sitzen, da unter anderem etwa Personalkosten in die Gastschulbeiträge nicht mit einberechnet werden können. Weil die Schule als kommunale Einrichtung nicht in gleichem Maße wie private Schulen die Möglichkeit hat, an staatliche Förderzuschüsse zu gelangen, sah sich der Kreis nach jahtung relangem vergeblichem Ringen, dieses Missverhältnis aufzuheben, gezwungen, die Fachakademie zu privatisieren. „Es ist mehr als ärgerlich, diesen Klimmzug jetzt zu machen“, kommentierte SPD-Fraktionschef Gerd Olbrich den Schritt, den der Kreistag nun offiziell und einstimmig vollzogen hat. „Das hätten wir uns schenken können, wenn der Freistaat seine Förderrichtlinien so geändert hätte, dass kommunale Schulen den staatlichen gleichgestellt würden. Die rund 300000 Euro Einsparungen pro Jahr, die sich der Landkreis aus dem Trägerschaftswechsel erhofft, seien „kein Pappenstiel“. Den Mandatsträgern war es jedoch wichtig, im selben Atemzug zu betonen, dass sich der Kreis keineswegs aus der Verantwortung stehlen wolle.
So obliegt die Verwaltung, etwa der Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie der Buchhaltung, weiter dem Landratsamt. Zur Finanzierung verpflichtet sich der Kreis, dem Träger, der Bürgerstiftung Landkreis Günzburg, einen vertraglich vereinbarten jährlichen Zuschuss zu bezahlen. Außerdem ist geplant, mit einem Aufwand von rund 160000 Euro jährlich die Differenz zwischen einem künftig zu erhebenden Schulgeld und dem staatlichen Schulgeldersatz zu übernehmen. So soll gesichert werden, dass die Schüler auch in Zukunft kein Geld für den Schulbesuch bezahlen müssen.
„Wichtigstes Signal ist, dass der Kreis zu dieser Fachakademie steht“, schloss Olbrich mit Blick auf die von seiner Fraktion ins Spiel gebrachte und beschlossene Rückfalloption. Sollte die Bürgerstiftung die Trägerschaft beenden wollen, übernimmt wieder der Kreis. Das sei ein „gutes Zeichen“, bekundete CSUFraktionschef Hans Reichhart und versicherte: „Es wird keine Verschlechterung geben.“
In diese Kerbe schlug auch Harald Lenz von den Grünen, dem besonders am Herzen lag, dass sich für die Mitarbeiter der Schule nichts ändert und die Schule langfristig abgesichert ist. Weniger beeindruckt von der Euphorie der Kreisräte zeigte sich Schulleiter Lindenmayr. Er sei noch ein bisschen skeptisch, sagte er. „Man weiß nicht, ob die Zusagen des Kreises auch für die Zukunft gelten.“Unklar sei auch, welche Auswirkungen das auf Schüler und Lehrer in ihrer Entscheidung für oder gegen die Schule habe, wenn der Kreis nicht mehr ihr Träger ist. Auch die finanziellen Vorteile beurteilt der Schulleiter etwas differenzierter. „Der Kreis bekommt mehr Geld, für uns bleibt nicht zwingend mehr.“