Unterwegs mit dem Winterdienst auf der A 8
Vor einer Woche kam der Verkehr auf der A 8 wegen des Schneetreibens zum Erliegen. Was ein Mitarbeiter des Betriebsdiensts im Alltag erlebt und wie sein Chef die Lage sieht
Vor einer Woche herrschte großes Schnee-Chaos auf der Autobahn. Doch wie arbeitet der Winterdienst? Wir haben ihn begleitet.
Jettingen Scheppach/Landkreis Von Ulm-Elchingen bis zur Ausfahrt Augsburg-West kümmert sich die Firma Pansuevia um die A 8. Auf ihrem Betriebsgelände in JettingenScheppach steht Kolonnenführer Stefan Schenkel. Mit drei Schichten, die von einer Kolonne aus je sechs Mitarbeitern übernommen werden, ist die Zentrale stets besetzt.
Donnerstag, 16.20 Uhr – Schenkel muss zu einer geplanten Kontrollfahrt aufbrechen. Bei starkem Schneetreiben sind die Fahrzeuge hingegen im Dauereinsatz. „Ganz vermeiden lässt es sich trotzdem nicht, dass die Fahrbahn weiß wird“, sagt er. So wie vor einer Woche, als es auf der A8 gleich mehrfach krachte und die Straße blockiert war. „Salz müssen wir noch nachladen“, sagt Schenkel und zeigt auf sein orangefarbenes Räumfahrzeug, das größte auf dem Hof der Firma. Mit einem Radlader fährt er in eine Halle, holt viermal eine Ladung aus dem riesigen Berg aus Salz und kippt sie in den Lkw. Dann fährt er auf die Autobahn. Nach einigen Kilometern Fahrt in Richtung Augsburg schaut er kritisch in den linken Rückspiegel. Hundert Meter weiter steht ein Pannenfahrzeug auf dem Seitenstreifen. „Der muss da jetzt unbedingt vorbei“, sagt er etwas genervt, während dann auf Höhe des liegen gebliebenen Autos ein Lkw links an ihm vorbeirauscht. Platz dazwischen ist nicht viel. Der Pflug an der Vorderseite ragt über die linke Seite heraus, an der rechten befindet sich ein weiterer. Damit ist das Fahrzeug 4,20 Meter breit – und das nur, wenn die Pflüge nicht zur Seite ausgefahren sind. Zum Vergleich: Ein gewöhnlicher Lkw misst in der Breite etwa drei Meter.
Auf der Fahrbahn muss heute nicht gestreut werden, weil weder Schnee noch Nebel oder Tauwasser erwartet werden und noch genug Salz auf der Straße sei, sagt Schenkel. Sollte sich die Wetterprognose täuschen, kann der Nachtdienst streuen. Auf den Park- und Rastplätzen sei das anders – nachts habe man keine Chance, auf die Parkplätze zu fahren. „Die Lkw-Fahrer parken die komplette Einfahrt zu, weil sie ihre Pausen machen müssen.“Im Grunde verstehe er sie. Doch manche übertrieben es – einmal konnte er nicht einmal mehr auf die Autobahn fahren, weil ein Schwertransporter die Einfahrt blockiert hatte. Doch allein ihnen will er den schwarzen Peter nicht zuschieben. „Rücksichtslose Fahrer gibt es in jedem Fahrzeug.“Autofahrer drängelten oft, zeigten im Vorbeifahren den Stinkefinger oder brüllten Beleidigungen durchs offene Fenster.
Einige Parkplätze folgen, dann verlässt er die Autobahn und fährt in Richtung Ulm wieder hinauf. Auf einem Rasthof stehen zwei Pkw eigenartig verkantet. „Der steht hier schon seit Wochen“, sagt Schenkel. Auf der Scheibe befindet sich ein gelber Aufkleber, auf dem eine Frist notiert ist. Läuft die ab, dann wird der Wagen mit dem ausländischen Nummernschild wegtransportiert.
Schenkel und seine Kollegen sind das ganze Jahr beschäftigt. Sobald es wieder wärmer wird, pflegen sie die Grünflächen an den Rastplätzen und Fahrbahnrändern. Einer seiner Kollegen sei Landschaftsbauer, das sei hilfreich. Schenkel selbst ist gelern- ter Schlosser. „Da kann man auch selbst mal was reparieren, wenn zum Beispiel nachts sowieso kein Monteur kommen würde.“Manche seiner Kollegen kommen vom Straßenbau oder sind Kfz-Mechaniker. Für den Job gebe es auch den Ausbildungsberuf Straßenwärter, sagt er. Der sei eine Kombination aus allen Bereichen, ein paar Experten zu haben, sei aber ganz gut. Im Herbst ist die Gehölzpflege dran. Das ganze Jahr über kümmert er sich um Absperrungen auf der Fahrbahn. Wenn ein Unfall passiert, unterstützen sie die Rettungskräfte zum Beispiel beim Sperren von Fahrspuren.
In dem außergewöhnlichen Gefährt vergeht die Zeit schnell. Zurück in der Zentrale zieht Schenkel Bilanz. Die Park- und Rastplätze hat er gestreut und dazu noch einige Stellen, an denen er Tauwasser entdeckt hat oder befürchtet, dass es sich dort bildet. „Nach mehr als sechs Jahren kennt man die Problembereiche“, sagt er. Nach knapp zwei Stunden Fahrt trägt er in sein Protokoll ein, dass er eine Fußmatte auf dem Seitenstreifen entdeckt hat. Auf Höhe des 98. Autobahnkilometers liege sie, das sehe er an den blauen Schildern am Fahrbahnrand.
Sein Chef Robert Schmidt, der Geschäftsführer von Pansuevia, ist zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Winters. Der Aufwand, um die Straße sicher zu halten, sei enorm – allein das Streusalz koste pro Winter einen Betrag im sechsstelligen Bereich. Kritisch sieht er die seiner Ansicht nach überspitzte Berichterstattung bei winterlichen Straßenverhältnissen. „Hier in der Region ist man viel Schnee nicht mehr gewöhnt“, sagt er. Insbesondere die Vorkommnisse der vergangenen beiden Wochen seien im normalen Rahmen geblieben. Er appelliert an die Eigenverantwortung der Autofahrer, dem Wetter entsprechend zu fahren. Sogenannte Verkehrsbeeinflussungsanlagen, das sind ferngesteuerte Anzeigetafeln zur Verkehrssteuerung, würde er auf der A 8 begrüßen.
„Rücksichtslose Fahrer gibt es in jedem Fahrzeug.“Stefan Schenkel, Kolonnenführer