Guenzburger Zeitung

Seehofer rügt die Kanzlerin

Am Sonntag will Angela Merkel die Ministerka­ndidaten der CDU benennen. Der CSU-Chef hält das für etwas voreilig, spricht von einer „Stilfrage“– und wartet selbst noch ab

- VON RUDI WAIS

Augsburg Noch hat die SPD einer Neuauflage der Großen Koalition nicht zugestimmt – in der Union allerdings wird dafür schon umso heftiger über deren künftiges Personal spekuliert. Dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel bereits am Sonntag die Ministerka­ndidaten der CDU benennen will, kommt in der Schwesterp­artei jedenfalls nicht gut an. „Posten soll man erst verteilen, wenn eine Regierung auch steht“, betont CSU-Chef Horst Seehofer im Gespräch mit unserer Zeitung. „Das ist eine Stilfrage.“Wen seine Partei in ein neues Kabinett schickt, will er deshalb erst verraten, wenn die Mitglieder der SPD sich tatsächlic­h für ein solches Bündnis ausgesproc­hen haben. Auch die Sozialdemo­kraten selbst haben sich entschiede­n, vorher keine Namen zu nennen.

Wer für die Christsozi­alen im Falle eines Falles in ein Kabinett einziehen könnte, will Seehofer noch nicht einmal andeuten. Nur so viel vielleicht: „Erneuerung hat immer auch mit Personen zu tun.“Sein Handyspeic­her sei voll mit Bewer- und Unterstütz­ungsschrei­ben, sagt er. „Ich will schon gar nicht mehr aufs Handy schauen.“

Neben dem CSU-Vorsitzend­en selbst, der als Innenminis­ter gesetzt ist, gelten Entwicklun­gsminister Gerd Müller, die Unterfränk­in Dorothee Bär und CSU-General Andreas Scheuer als aussichtsr­eichste Anwärter auf die beiden noch zu vergebende­n Ressorts – das Verkehrsun­d das Entwicklun­gsminister­ium. Allgemein wird damit gerechnet, dass eines der beiden künf- tig von einer Frau geführt wird. Wie groß die Chancen des Allgäuers Müller auf einen Verbleib im Amt sind, ließ Seehofer offen.

Für den Fall, dass die Koalition zustande kommt, verspricht er eine zügige Umsetzung der beschlosse­nen Vorhaben zur Begrenzung der Zuwanderun­g. Noch vor der bayerische­n Landtagswa­hl im Herbst werde eine neue Bundesregi­erung ein Gesetz verabschie­den, das alles Verabredet­e regle. Unter anderem sollen Marokko, Tunesien und Algebungen rien zu sicheren Drittlände­rn erklärt werden, in die abgelehnte Asylbewerb­er einfacher abgeschobe­n werden. Außerdem sollen in den Grenzregio­nen mehrere sogenannte Aufnahmeze­ntren eingericht­et werden, in denen Flüchtling­e bleiben, bis über ihre Anträge entschiede­n worden ist. Ein ähnliches Modell hatten Union und SPD bereits in der vergangene­n Wahlperiod­e beschlosse­n, aber nie wirklich umgesetzt. Sollte sich die SPD noch einmal verweigern, warnt Seehofer nun, „wäre die Regierung am Ende“. Etwas miteinande­r zu vereinbare­n, es aber nicht zu vollziehen: „Das geht nicht.“

Die Begrenzung der Zuwanderun­g sei Voraussetz­ung für eine gelingende Integratio­n, betont Seehofer. Die vereinbart­e Zahl von 180 000 bis 200 000 Flüchtling­en pro Jahr sei die Obergrenze, die die CSU immer gefordert habe. Die SPD spreche zwar von einer Spanne, das aber sei nur „eine intelligen­te Umschreibu­ng des von uns Gewollten“.

Wie Seehofer den Machtwechs­el in Bayern organisier­t und was die CDU an Personalen­tscheidung­en erwartet, lesen Sie in der Politik.

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