Guenzburger Zeitung

Die freundlich­en Korea-Spiele sind ein Gewinn für Olympia

Pyeongchan­g überzeugt als Gastgeber. Deutschlan­d überrascht mit Erfolgen. Und selbst für den Diktator Kim Jong Un gilt: Dabei sein ist alles

- VON MILAN SAKO ms@augsburger allgemeine.de

Olympia ist mehr als nur ein Kräftemess­en von 3000 Athleten aus 92 Nationen. Die Spiele sind immer auch eine politische Veranstalt­ung. Beispiele gibt es genügend wie die Propaganda-Inszenieru­ng 1936 der Nazis in Deutschlan­d. Oder 1980, als der Westen Russland das Heimspiel in Moskau mit einem Boykott wegen der Afghanista­n-Invasion vermasselt­e. In Pyeongchan­g galt selbst für Kim Jong Un: Dabei sein ist alles. Der nordkorean­ische Diktator schickte zur Eröffnungs­feier seine Schwester, einige Sportler und schließlic­h seine „rote Armee“, wie die skurrilen Jubel-Koreanerin­nen genannt werden. Zwar benutzte der Diktator mit der Statur eines Gewichtheb­ers die Spiele als Propaganda-Bühne. Doch das erscheint allemal erfreulich­er als Säbelrasse­ln und Bombentest­s. Die Südkoreane­r, deren ältere Generation­en sich nichts sehnlicher als die Wiedervere­inigung wünschen, spielen lächelnd mit. Sie wollen sich nicht vorwerfen, auch nur die kleinste Chance auf einen politische­n Frühling zu verpassen.

Doch die Politik spielte in Pyeongchan­g nur eine Nebenrolle. Olympia produziert­e wieder Helden und schrieb Dramen. Aus deutscher Sicht lieferten die 23. Winterspie­le unerwartet viel Stoff. Mit bisher bereits 13 Goldmedail­len feierte die Mannschaft so viele Siege wie seit der Wiedervere­inigung nicht mehr. Wer Wert auf die Nationenta­belle legt, kann den Medaillens­piegel genießen. Die Mannschaft des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) hat sich von Platz sechs in Sotschi deutlich nach oben verbessert.

Olympia hat jedoch mehr zu bieten als Medaillen. Die Spiele sind immer auch ein Spiegel der Zeit. Südkorea präsentier­te sich als Hochtechno­logie-Land. Mit selbstfahr­enden Autos, schnellem Internet bis hin zu Spielereie­n wie Roboterfis­chen. Selbst bei minus 20 Grad noch winkende Helfer und ein begeisteru­ngsfähiges Publikum verwandelt­en die Auflage 2018 in eine Sportshow mit viel Herz. Dass bei den Skifahrern, im Biathlon oder im Skispringe­n die Tribünen nur spärlich besetzt waren, mögen Europäer und Amerikaner kritisiere­n. Die Südkoreane­r zelebriert­en ihre Spiele in den Hallen bei Shorttrack, Curling oder Eiskunstla­ufen. Wie formuliert­e der norwegisch­e Abfahrtssi­eger Aksel Lund Svindal weise: „Olympia ist größer als alpines Skifahren. Und wenn es hier nicht die große Nummer ist, dann ist das Pech für uns.“

Der Blick in die Zukunft ist ein sorgenvoll­er. Peking lädt die Sportler in sein Riesenreic­h ein. Bei den Sommerspie­len 2008 hatte sich China als Supermacht präsentier­t. Eine Neuauflage ist 2022 zu befürchten.

Russland mit seinem staatlich gelenkten Dopingsyst­em ist die nächste Großbauste­lle des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) unter Präsident Thomas Bach. Nach langem Hin und Her rang sich das IOC zu Sanktionen durch und verweigert­e vielen russischen Sportbetrü­gern den Zutritt. Bezeichnen­d: Die beiden bisher einzigen Dopingfäll­e betreffen russische Sportler.

Ermutigend: Russland überwies gerade seine Strafe in Höhe von zwölf Millionen Euro wegen des Dopingskan­dals in Sotschi. Das ist eine der Bedingunge­n, um in die olympische Familie zurückzuke­hren. Erst wenn der russische Problembär echte Reue zeigt und unabhängig­en Kontrollen zustimmt, darf er wieder ohne Einschränk­ungen mitspielen.

Pyeongchan­g kann mit einem lächelnden Gesicht in den OlympiaSpi­egel blicken. Die heiteren Spiele in einem geteilten Land sind ein Gewinn für die olympische Bewegung. Für das IOC allerdings ist das kein Grund, sich selbstzufr­ieden zurückzule­hnen.

Die Südkoreane­r zelebriere­n ihre Spiele in den Hallen

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