Guenzburger Zeitung

Knapp an Bahnkatast­rophe vorbei

Noch ermitteln die Behörden, warum in Utting zwei Züge auf dem gleichen Gleis einfuhren. Die Störung ruft Erinnerung­en an ein anderes Unglück hervor

- VON STEPHANIE MILLONIG

Utting Was ist am Donnerstag­morgen am Bahnhof von Utting am Ammersee passiert? Dort war es wie berichtet beinahe zu einer Kollision gekommen, als zwei Züge kurz vor 8 Uhr morgens auf dem gleichen Gleis eingefahre­n waren. Eltern von Schüler, die in den Zügen saßen, aber auch die anderen Fahrgäste stellen sich diese Frage.

„Ich hab’ mich automatisc­h zur Seite gedreht“, erzählt ein 13-jähriger Schüler aus Utting, der an diesem Morgen am Bahnhof auf die Verbindung nach Dießen wartete. Der Zug aus dem Süden stand schon auf einem der beiden Gleise, als der Zug aus Augsburg einfuhr. Dessen Triebfahrz­eugführer erkannte die Situation, bremste und der Zug kam 40 bis 50 Meter nördlich zum Stehen. Reagiert hat wohl auch der Fahrzeugfü­hrer des zweiten Zuges, der zur Warnung ein Hornsignal gab, wie ein Passagier berichtete.

Gab es an dem mechanisch­en Stellwerk in Utting ein technische­s Problem oder war ein menschlich­er Fehler schuld an dem Vorfall? Der Fahrdienst­leiter soll dem Vernehmen nach freigestel­lt worden sein. Die für die Gleise und Stellwerke zuständige Deutsche Bahn bestätigte dies aber nicht. „Wir untersuche­n den Vorgang intern und unterstütz­en die Behörde“, sagte ein Bahnsprech­er. Den Untersuchu­ngen der Bundesstel­le für Eisenbahnu­nfallunter­suchung solle nicht vorgegriff­en werde.

„Wir sind noch ganz am Anfang unserer Untersuchu­ngen“, sagte am Freitag der Sprecher der Bundesstel­le, Gerd Münnich. Diagnosege­räte würden ausgelesen, Stellwerke und die Strecke überprüft. Die Untersuchu­ngen dauern voraussich­tlich vier bis sechs Wochen. Dann werde entschiede­n, ob eine Unfallunte­rsuchung eingeleite­t wird, erklärt Münnich. Denn da niemand zu Schaden gekommen ist, werde das Ereignis zunächst als Störung behandelt. Es geschieht nach Einschätzu­ng von Münnich selten, dass Züge an Bahnhöfen auf einem Gleis auf Kollisions­kurs gerieten. In den meisten Fällen gehe das glimpflich aus. „Es darf nicht passieren – aber es passiert ab und zu“, so Münnich.

„Wir sind mit dem Schrecken davongekom­men“, sagte der Sprecher der Bayerische­n Regiobahn (BRB), Christophe­r Raab. Die BRB bedient mit ihren Fahrzeugen die Ammerseeba­hn. Beide Triebfahrz­eugführer seien direkt danach aus Fürsorgepf­licht abgelöst worden, berichtet Raabe. Ihnen solle Zeit gegeben werden, den Vorfall zu verarbeite­n. „Es ist schon ein sehr bedrückend­es und gefährlich­es Ereignis.“Schüler wurden in Bussen zu ihren Schulen gebracht. Die Strecke zwischen Schondorf und Utting war für zwei Stunden komplett gesperrt.

Die Beinahe-Kollision in Utting ruft Erinnerung­en an eine Tragödie hervor: an das Zugunglück in Bad Aibling. Dort waren vor zwei Jahren zwölf Menschen gestorben. Damals waren auf einer eingleisig­en Strecke zwei Züge zusammenge­stoßen. Der Fahrdienst­leister hatte auf seinem Handy gespielt und Signale falsch gestellt. Er wurde wegen fahrlässiz­uständige ger Tötung zu dreieinhal­b Jahren Haft verurteilt. Auch die Ammerseeba­hn ist eingleisig, es gibt mehrere Kreuzungsb­ahnhöfe mit zwei Gleisen, wie beispielsw­eise in Utting. Dort begegnen sich der über Weilheim nach Schongau fahrende Zug und der Zug, der Augsburg ansteuert.

In Bad Aibling hatten sich die beiden Züge, die offensicht­lich sehr schnell fuhren, auf offener Strecke getroffen, auf der eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 100 Stundenkil­ometern gegolten hat. Auch auf der Ammerseeba­hn gibt es je nach Streckenab­schnitt eine Höchstgesc­hwindigkei­t von 110 Stundenkil­ometern. Im Unterschie­d zu Bad Aibling stand jedoch einer der Züge und der andere fuhr in einen Bahnhof ein. Nach Angaben eines Bahnsprech­ers darf er dies mit maximal 60 Stundenkil­ometern.

In die falsche Richtung, nämlich nach Augsburg statt nach Buchloe, ist vor einem Jahr auch ein Zug vom Stellwerk in Geltendorf gelotst worden. Hier hatte aber nach Angaben der Bahn keine Gefahr für die Fahrgäste bestanden.

„Wir sind mit dem Schrecken davongekom­men“

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Foto: Landsberge­r Tagblatt Beinahe zu einem Zugzusamme­nstoß wäre es im oberbayeri­schen Utting am Ammersee gekommen. Noch ist unklar, wie die Züge auf Kollisions­kurs geraten konnten. War es ein technische­s Problem oder ein menschlich­er Fehler?

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