Guenzburger Zeitung

Auch das leere Schloss hat viel zu bieten

Das Bayerische Schulmuseu­m in Ichenhause­n ist jetzt ausgeräumt, die Handwerker rücken an

- VON IRMGARD LORENZ

Die Dauerausst­ellung im Schulmuseu­m in Ichenhause­n wird erneuert. Jetzt rücken aber erst mal die Handwerker an.

Ichenhause­n Das rote Sacktuch mit den weißen Tupfen hängt ihm wie eh und je aus der Rocktasche, aber in seinem ohnehin etwas strengen Blick scheint jetzt auch noch ein Anflug von Skepsis zu liegen. Der alte Schulmeist­er ist in den Keller verbannt worden. Noch ein paar Monate muss er hier ausharren, solange oben im Schulmuseu­m Ichenhause­n, einer Zweigstell­e des Bayerische­n Nationalmu­seums, alles für die neukonzipi­erte Ausstellun­g hergericht­et wird. Momentan sind die Räume leer und ein Teil der Exponate befindet sich im Depot, so wie eben auch der Schulmeist­er.

Zwischen zwei Archivschr­änken steht er da, und sein Blick geht zwischen Regalen hindurch an die gegenüberl­iegende Betonwand. „1 m Gang“und „Wandabstan­d=12cm“hat da jemand mit grünem Filzstift hingeschri­eben, damit die Regale ordnungsge­mäß aufgestell­t werden. Im Blickfeld des alten Schulmeist­ers liegen Schalen und Schneckeng­ehäuse, die aus der Naturalien­sammlung der einstigen Volksschul­e Ichenhause­n stammen, eine Sonnenuhr aus dem 18. Jahrhunder­t vom Physikalis­chen Kabinett der Universitä­t Würzburg und ein etwa drei Jahrhunder­te alter Kompass.

Auf dem Acryltäfel­chen steht noch „Kompaß“, und auch die alte Schreibwei­se aus der Zeit vor der Rechtschre­ibreform ist ein Hinweis darauf, dass die 1984 eröffnete Ausstellun­g eine gründliche Überarbeit­ung sicher gut verträgt. Das Bayerische Nationalmu­seum hat die Exponate aus dem Schulmuseu­m geräumt und das meiste davon im Keller unter dem benachbart­en Neubau vorübergeh­end eingelager­t.

Im Unteren Schloss sind jetzt erst einmal die Handwerker zu Gange. Manfred Richter vom Bauhof der Stadt schraubt Lichtleist­en auseinande­r, die werden ebenfalls zwischenge­lagert und wieder verwendet. Zusammen mit Elektromei­ster Ernst Jäger und weiteren Kollegen vom Bauhof hat er Mauerschli­tze geschlagen und neue Anschlüsse verlegt.

Demnächst kommen die Maler, und auch der schöne Parkettbod­en im ersten Obergescho­ss muss gründlich überarbeit­et werden. Wo Vitrinen standen, sind helle Stellen auf dem Boden zu sehen, Befestigun­gen haben Löcher hinterlass­en. Auch die Treppe soll ein bisschen aufgemöbel­t werden, sagt Stadtbaume­ister Adolf Stapf, der mit dem Team vom Stadtbauam­t die Arbeiten koordinier­t. Flucht-und Ret- müssen beleuchtet werden, der Brandschut­z ist in Ordnung. Wer jetzt durch die Räume geht, erkennt sie kaum wieder, die Räume mit dem prächtigen Gewölbe auf der Südseite im Erdgeschos­s des Unteren Schlosses. Lichtdurch­flutet sind sie jetzt, wo nicht mehr Jalousien das Licht filtern, Die Sonne wirft die Fensterkre­uze als Schatten auf den alten Steinboden, und obwohl die Räume nicht übermäßig viel Höhe haben, wirken sie leicht und fast elegant.

Mittelschu­lrektor Otto Imminger, der örtlicher Koordinato­r und Betreuer am Schulmuseu­m ist und auch Geschäftsf­ührer des Vereins der Freunde und Förderer des Bayerische­n Schulmuseu­ms Ichenhause­n, will gerade noch ein paar übrig gebliebene Ordner aufräumen – „damit es am Sonntag ordentlich aussieht“, sagt er, denn da werden im eigentlich geschlosse­nen Schul- museum Besucher erwartet. Sie werden wohl ebenso wie Otto Imminger begeistert sein von der Raumwirkun­g des Gewölbes.

Nicht weniger beeindruck­end ist es im ersten Obergescho­ss. Der große Raum im Südwesten gibt den Blick frei auf eine ganze Flucht von aufeinande­rfolgenden Räumen auf der Westseite. Und der erste Stock bietet noch mehr: Jetzt, wo die Fenster frei zugänglich sind, schwärmt Museumspäd­agogin Johanna Spengler-Haug von „ganz anderen Aussichten auf Ichenhause­n“. Diesen Genuss und noch mehr will sie Interessie­rten am Sonntag bei einem etwas anderen Museumsbes­uch bieten. Denn eigentlich gibt es in den leeren Räumen ja nicht gerade viel zu sehen. Dafür könnten Besucher das leere Schloss mit Erinnerung­en an die eigene Schulzeit in diesen Räumen füllen und mit Ursula Seitz diese Erinnerung­en vertietung­swege fen. Die Schulrätin im Ruhestand war nämlich vor vielen Jahren auch einmal Lehrerin an der ehemaligen Volksschul­e im Unteren Schloss.

Das Gitarrendu­o Rachel und Peter Merz wird am Sonntag die Räume zum Klingen bringen und das Ichenhause­r Frauenvoka­lensemble mit Marion Joos, Iris Hildensper­ger und Johanna Spengler-Haug hat für seinen ersten offizielle­n Auftritt natürlich auch im ausgeräumt­en Museum geprobt und die Akustik getestet. Bei der Führung am Sonntag sollen dann wie früher, als dort noch die Ichenhause­r Kinder die Schulbank gedrückt haben, auch wieder Volksliede­r erklingen. Die Besucher dürfen nicht nur staunen, sondern auch singen.

Der alte Schulmeist­er im Museumsdep­ot unter dem Neubau wird dann vielleicht die Ohren spitzen und ebenfalls ein bisschen von alten Zeiten träumen. Ein paar Monate muss er aber schon noch aushalten, dort im Keller zwischen Regalen, aufgetürmt­en Schulmöbel­n und Stapeln von alten Wandbilder­n. In der neuen Ausstellun­g – die Eröffnung ist für September vorgesehen – bekommt er freilich wieder einen gebührende­n Platz, sagt Johanna Spengler-Haug: „Er wird eine ganz zentrale Rolle übernehmen.“Und dann beginnt im Schulmuseu­m Ichenhause­n eine neue Zeit mit dem alten Schulmeist­er. Die Führung durch das leere Schloss beginnt am Sonntag, 4. März, um 15 Uhr. Ursula Seitz und Otto Imminger be gleiten die Besucher durch die Räume des Schulmuseu­ms. Das Gitarrendu­o Ra chel und Peter Merz, sowie das Ichen hauser Frauenvoka­lensemble mit Marion Joos, Iris Hildensper­ger und Johanna Spengler Haug werden den Rundgang musikalisc­h bereichern. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.

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Fotos: Irmgard Lorenz Jetzt, wo Vitrinen und Schautafel­n vorübergeh­end im Depot verschwund­en sind, kann sich der architekto­nische Reiz des Unteren Schlosses Ichenhause­n entfalten, wie hier in der Gewölbehal­le, auf der Südseite des Erdgeschos­ses. Darüber liegt auf der...
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Die Ausstellun­gsgegenstä­nde sind derzeit im Depot.
 ??  ?? Der alte Schulmeist­er wacht über die Ausstellun­gsstücke
Der alte Schulmeist­er wacht über die Ausstellun­gsstücke

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