Ein ungleiches Rennen
Das sah ordentlich erschreckend aus, was Christoph Ost da zum Start der Woche der Aus- und Weiterbildung seinen Gästen aus der Politik präsentiert hat: Die Fotos und Daten seiner Mitarbeiter bei der Ichenhauser Baufirma Abenstein sprachen eine deutliche Sprache. Für die Männer, die als Poliere der Firma mit Millionenprojekten hantieren, ist durch die Bank der Beginn der Rente deutlich näher als das Ende ihrer Lehrlingszeit. Das ist den Männern vom Bau auch zu gönnen für ihre harte Arbeit – wirft aber nicht nur für den Bauunternehmer die Frage auf, wer denn diese harte Arbeit in Zukunft machen soll. Bei den Bauleitern, den gehobenen Jobs, hat man bei Abenstein den Generationswechsel geschafft, hier sind inzwischen einige unter 30-Jährige im Einsatz, wie Ost zeigte. Doch der Nachwuchs für die erfahrenen Poliere ist weit und breit nicht zu entdecken. Nicht jeder, der als Azubi auf dem Bau anfängt, hat das Zeug dazu, einmal auf der Baustelle den Kollegen zu sagen, was Sache ist. Im Gegenteil: Nicht nur in Ichenhausen, auch in vielen anderen Firmen und Handwerksbranchen nimmt man, was man kriegen kann – und kriegt eben oft nicht die fittesten Lehrlinge. Dabei, das hat Engelbert Steinle als Geschäftsführer von Abenstein betont, braucht es natürlich gerade hier volle Leistung: Der Kunde soll ein ordentlich gebautes Haus, eine sicher installierte Heizung, eine stabile Holzkonstruktion bekommen. Abstriche an der Qualität kann sich das Handwerk nicht leisten.
Bei einer solchen Lage ist es kaum verwunderlich, dass vor allem das Handwerk, aber auch Industriebetriebe mit allen Mitteln darum kämpfen, aus dem immer schmaler werdenden Angebot an Nachwuchskräften gute Leute zu bekommen. Demnächst suchen Unternehmen aus der Region gemeinsam mit der Arbeitsagentur sogar bei einem „Speed-Dating“nach Interessenten für ein Duales Studium. Und man kann es der Handwerkerschaft auch nicht verdenken, wenn sie wenig begeistert davon ist, dass durch die Aufwertung Günzburgs und Leipheims ein Standort für eine Fachhochschule in greifbare Nähe rückt. Ein Studienplatz vor der Haustüre – dieses Rennen können die Handwerksbetriebe mit aller Mühe wie geschenkten Smartphones für die Lehrlinge nicht gewinnen.
Es gibt aber eine Chance, die den Betrieben bleibt, um im Wettbewerb gegen das Studium eine Chance zu haben: Und die heißt, sich zu präsentieren. Das gilt vor allem für die Verdienstmöglichkeiten. Die Jugendlichen – und auch die Eltern – müssen erkennen können, dass sich im Handwerk oft mehr verdienen lässt als durch so manches Studium. Auch, wenn man sich dafür etwas mehr die Hände schmutzig machen muss.