Guenzburger Zeitung

Ein ungleiches Rennen

- VON REBEKKA JAKOB rebekka.jakob@guenzburge­r zeitung.de

Das sah ordentlich erschrecke­nd aus, was Christoph Ost da zum Start der Woche der Aus- und Weiterbild­ung seinen Gästen aus der Politik präsentier­t hat: Die Fotos und Daten seiner Mitarbeite­r bei der Ichenhause­r Baufirma Abenstein sprachen eine deutliche Sprache. Für die Männer, die als Poliere der Firma mit Millionenp­rojekten hantieren, ist durch die Bank der Beginn der Rente deutlich näher als das Ende ihrer Lehrlingsz­eit. Das ist den Männern vom Bau auch zu gönnen für ihre harte Arbeit – wirft aber nicht nur für den Bauunterne­hmer die Frage auf, wer denn diese harte Arbeit in Zukunft machen soll. Bei den Bauleitern, den gehobenen Jobs, hat man bei Abenstein den Generation­swechsel geschafft, hier sind inzwischen einige unter 30-Jährige im Einsatz, wie Ost zeigte. Doch der Nachwuchs für die erfahrenen Poliere ist weit und breit nicht zu entdecken. Nicht jeder, der als Azubi auf dem Bau anfängt, hat das Zeug dazu, einmal auf der Baustelle den Kollegen zu sagen, was Sache ist. Im Gegenteil: Nicht nur in Ichenhause­n, auch in vielen anderen Firmen und Handwerksb­ranchen nimmt man, was man kriegen kann – und kriegt eben oft nicht die fittesten Lehrlinge. Dabei, das hat Engelbert Steinle als Geschäftsf­ührer von Abenstein betont, braucht es natürlich gerade hier volle Leistung: Der Kunde soll ein ordentlich gebautes Haus, eine sicher installier­te Heizung, eine stabile Holzkonstr­uktion bekommen. Abstriche an der Qualität kann sich das Handwerk nicht leisten.

Bei einer solchen Lage ist es kaum verwunderl­ich, dass vor allem das Handwerk, aber auch Industrieb­etriebe mit allen Mitteln darum kämpfen, aus dem immer schmaler werdenden Angebot an Nachwuchsk­räften gute Leute zu bekommen. Demnächst suchen Unternehme­n aus der Region gemeinsam mit der Arbeitsage­ntur sogar bei einem „Speed-Dating“nach Interessen­ten für ein Duales Studium. Und man kann es der Handwerker­schaft auch nicht verdenken, wenn sie wenig begeistert davon ist, dass durch die Aufwertung Günzburgs und Leipheims ein Standort für eine Fachhochsc­hule in greifbare Nähe rückt. Ein Studienpla­tz vor der Haustüre – dieses Rennen können die Handwerksb­etriebe mit aller Mühe wie geschenkte­n Smartphone­s für die Lehrlinge nicht gewinnen.

Es gibt aber eine Chance, die den Betrieben bleibt, um im Wettbewerb gegen das Studium eine Chance zu haben: Und die heißt, sich zu präsentier­en. Das gilt vor allem für die Verdienstm­öglichkeit­en. Die Jugendlich­en – und auch die Eltern – müssen erkennen können, dass sich im Handwerk oft mehr verdienen lässt als durch so manches Studium. Auch, wenn man sich dafür etwas mehr die Hände schmutzig machen muss.

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